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Auch ein Waschbär kann sich irren

Auch ein Waschbär kann sich irren

Titel: Auch ein Waschbär kann sich irren
Autoren: Alexander Borell
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nicht, daß sie es war, June. Wer immer mich angerufen hat: könnte ein Körnchen Wahrheit dran sein? Bill war ein guter Springer, und ich glaube, ich kenne den Platz. Er sprang oft von dort oben aus ins Wasser. Könnte etwas dran sein, daß er...«
    Sie schob die Unterlippe vor und schüttelte den Kopf.
    »Das kann ich mir nicht vorstellen«, sagte sie, »wir alle mochten ihn gern. Hatte er eigentlich eine Freundin?«
    »Ja. Er sprach aber kaum mit mir darüber. Esther weiß vielleicht mehr. Es ist am Dienstag früh passiert?«
    »Nein. Die Polizei sagte, es müsse am Abend vorher oder in der Nacht passiert sein.«
    »Würdest du die Stelle wiederfinden?«
    »Ja, natürlich«, sagte sie schaudernd.
    »Ich möchte hin und mir das ansehen. Wirst du mit mir hinkommen?«
    »Ja. Wenn du’s willst. Bist du nur wegen des Anrufs hierhergekommen? Glaubst du daran, daß Billy getötet wurde?«
    Ich zuckte mit den Schultern.
    »Das weiß ich nicht, June. Erst muß ich herausbringen, wer mich angerufen hat. Und warum. Du hast diesem Polizisten nichts von Bill gesagt?«
    »Kein Wort. Das geht ihn ja nichts an.«
    Nun lächelte sie ein wenig. Sie hatte prachtvolle Zähne, und ihre grauen Augen glitten rasch über mein Gesicht.
    »Man muß solchen Leuten immer einfache Antworten geben, komplizierte Dinge kapieren sie nicht.«
    Ich strich ihr mit der Hand über den Nacken.
    »So unkompliziert ist das aber gar nicht, June. Wenigstens nicht für mich, Du warst lange nicht mehr hier oben, aber Sancho Pansa liebt dich immer noch.«
    Sie drehte den Kopf ein wenig zu mir und schloß die Augen halb.
    »Nur er, Jimmy?«
    »Für ihn kann ich mich verbürgen«, sagte ich. »Was mit mir los ist, weiß ich nicht genau. Ich bin sehr ungern allein, aber Mädchen gehen mir so rasch auf die Nerven, daß ich dann immer wieder froh bin, allein zu sein.«
    Leutnant Morris kam aus dem Haus. Ich blieb neben June sitzen. Die beiden Polizisten spielten mit dem Waschbären, ohne sich um June und mich zu kümmern.
    Als Morris neben dem Wagen stand, sagte er:
    »Ich bin fertig. Sie können hineingehen. Ich möchte nur noch Ihre und Miss Treskers Fingerabdrücke haben.«
    Er nahm sie uns ab, und während er es tat, sagte er:
    »Wer von Ihren Bekannten, außer Miss Tresker, kennt dieses Haus?«
    »Eine Menge, Leutnant. Viele meiner Kollegen waren schon hier, und sogar Mr. Brown, unser Chef, war einmal hier zum Angeln.«
    »Und wer außer Ihnen hat einen Schlüssel?«
    »Niemand. Oder doch, meine frühere Frau hat noch einen, wenn sie ihn nicht längst weggeworfen hat.«
    »Ich weiß noch nicht«, fuhr Morris fort, »ob Rogers mit Ihrem Revolver erschossen wurde, aber es sieht ganz so aus. Übrigens habe ich eine Kugel in Ihrem Lehnsessel gefunden, die offenbar danebengegangen ist. Dieser Kugel nach war’s Ihr Revolver. Ich nehme ihn mit. — Hier haben Sie ein Tuch für Ihre Finger. — Bleiben Sie jetzt hier oben?«
    Wahrscheinlich nicht, Leutnant. Aber wenn ich nicht hier bin, können Sie mich über die Redaktion erreichen. Ich werde Miss Tresker immer Bescheid sagen, wo ich bin. Ich kann’s mir im Augenblick nicht leisten, hier zu sitzen und die Daumen zu drehen.«
    Er nickte June und mir zu und wandte sich zum Gehen; dann aber drehte er sich noch einmal um und fragte June:
    »Waren Sie vorhin im Waschraum?«
    »Ja«, sagte June, »während Mr. Warner die Fenster öffnete, war ich drin. Warum?«
    »Was haben Sie da gemacht?«
    June lächelte.
    »Ich habe mich gepudert, Leutnant.«
    Morris nickte ihr lachend zu.
    »Stimmt«, sagte er, »ich habe etwas von Ihrem Puder im Waschbecken gefunden. Entschuldigen Sie meine Neugier. Ich werde Sie dann anrufen, wenn ich Sie oder Mr. Warner sprechen möchte. Auf Wiedersehen!«
    Er ging zu seinem Jeep. Ich stieg aus und ging ebenfalls hin. Morris wollte Sancho Pansa streicheln, aber der fauchte ihn wütend an.
    »Lassen Sie das Tier allein, wenn Sie verreisen?«
    »Ja«, sagte ich. »Er hat fließendes Wasser in seinem Gehege, und er wird bestens gepflegt, so daß er’s gut ein paar Tage aushält.«
    »Er mag mich nicht«, stellte Morris nachdenklich fest. »Wenn der reden könnte, wüßten wir, was hier geschehen ist.«
    »Sancho Pansa kann reden«, behauptete ich, »man muß nur seine Sprache verstehen.«
    »Wie heißt der?«
    »Sancho Pansa. Das war der treue Gefährte eines gewissen Herrn Quichotte, eines Mannes, der sein Leben lang gegen Windmühlen kämpfte, ein Ritter von der traurigen Gestalt. Ich hab’s
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