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Auch ein Waschbär kann sich irren

Auch ein Waschbär kann sich irren

Titel: Auch ein Waschbär kann sich irren
Autoren: Alexander Borell
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nun für einen unhöflichen Menschen, denn er fragte im Verlaufe der Fahrt nichts mehr.
    Als wir durch San Fernando fuhren, ließ ich ihn vor der Polizeiwache halten.
    »Hallo, Sergeant! Geben Sie mir bitte meinen Brief wieder.«
    Der Dicke schaute mich verwundert an.
    »Nanu?« sagte er, »hatten Sie einen Unfall?«
    »So könnte man’s auch nennen.«
    Er gab mir den Brief. Ich zerriß ihn in kleine Fetzen und warf sie in den Papierkorb. Dann legte ich den Revolver auf den Tisch.
    »Der gehört Leutnant Morris. Sagen Sie ihm einen schönen Gruß und vielen Dank. Und zeigen Sie ihm, daß alle sechs Schuß noch drin sind.«
    Er starrte mich mit offenem Mund an und sagte auch nichts mehr, als ich das Wachlokal verließ.
    Droben vor meinem Hause bedankte ich mich bei dem Polizisten fürs Heimfahren. Er stieg in den Polizeiwagen um, der uns bis hierher gefolgt war.
    Ich ging zu Sancho Pansa, kniete mich auf den Boden und preßte mein brennendes Gesicht in seinen Pelz. Er rollte sich auf den Rücken, nahm meine Nase in seine Händchen und leckte mir blitzschnell übers Gesicht.
    Ich ging ins Haus, öffnete alle Fenster weit und zündete meine sämtlichen Lampen und sämtliche vorhandenen Kerzen an. Dann holte ich meine letzte Flasche Whisky, goß mir ein Glas voll und stellte Bills Fotografie vor mir auf.
    Lange Zeit schaute ich dieses Gesicht an, und je länger ich es anschaute, desto unwahrscheinlicher schien es mir, daß Bill tot sein sollte. Bill, dieser Junge, der sein Leben hatte lassen müssen, weil er mich mit einer großen Sache hatte überraschen wollen!
    »Nein, nein«, sagte ich laut, »solche Kerls wie du sind nie tot! Und wenn’s ein Sohn wird, das verspreche ich dir, dann wird er Bill heißen.«
    Ich nahm die Flasche, die noch dreiviertel voll war, und ging hinaus zum Bach. Dort wusch ich mir zuerst mein Gesicht, dann setzte ich mich auf einen Stein und ließ den Whisky andächtig ins Wasser laufen, wobei mir Sancho Pansa interessiert zuschaute.
    »Wir werden«, sagte ich zu ihm, »ganz langsam ein neues Leben beginnen. Ganz langsam.«
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