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Auch dein Tod ändert nichts (German Edition)

Auch dein Tod ändert nichts (German Edition)

Titel: Auch dein Tod ändert nichts (German Edition)
Autoren: Celia Rees
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diese Möglichkeit gefasst machen.
    Die Kluft zwischen Theorie und Praxis ist groß. Mit jeder Stunde, die vorbeikriecht, klafft sie weiter auf. Ich fühle mich, als stünde ich direkt an der Kante und der Boden unter meinen Füßen bröckelt ab und fällt in die Tiefe. Ich stehe total hinter dieser Aktion, doch mein bourgeoises Bewusstsein kann den besseren Teil in mir immer noch überwältigen, oder mein eigener Mut kann mich im Stich lassen, oder   …
    Ich brauche eine Ablenkung. Ich werde Jamie anrufen. Ich muss ihn treffen. Er wird mir fehlen, so bizarr das auch klingen mag, selbst für mich. Ich würde ihn auf der Stelle abholen – wir könnten ja irgendwo hinfahren, wenn ich hierbleibe, werde ich verrückt   –, aber Rob hat meinen Wagen. Er traut den Bremsbelägen nicht, und für morgen muss alles stimmen. Bloß keinen Schlamassel. Also kommt Jamie besser her. Ich werde die Sachen hier haben, lasse sie liefern. Mache es zu etwas Besonderem.
    Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich mich fragen, ob ich nicht bürgerliche Gefühle für ihn habe, doch ich liebe nicht. Das habe ich ihm gesagt. Ich war grausam zu ihm, habe ihn in einer Weise behandelt, die er nicht verdient. Das wird meine letzte Chance sein, es bei ihm wiedergutzumachen.
    Am Morgen muss er weg sein. Er darf nicht mehr hier sein, wenn Rob auftaucht.

34
    Morgen geht es mit dem College los, wie sich die Oberstufe bei uns jetzt nennt. Den ganzen Sommer über habe ich nichts gemacht.
    Auf der anderen Seite des Flurs schleppt Martha Abfallsäcke herum, entrümpelt, macht alles fertig für Cambridge. Sie hat den Studienplatz bekommen. Mit der Leseliste war sie bereits in der Bibliothek, auch wenn das Semester erst in Wochen anfängt. Alles, was sie macht, ist so eine Art Vorwurf, soll mich bloßstellen.
    Meine Aktenordner und Schnellhefter liegen immer noch auf dem Regalbrett über meinem Schreibtisch. Unberührt. Ich stehe auf und gehe zu dem zufälligen Haufen, der sich an derselben Stelle befindet, seit ich den Inhalt meines Rucksacks ausgekippt habe. Mit dem Finger ziehe ich eine Linie durch den blassen feinen Staub des Sommers, bestehend aus allem Möglichen, Pollen von Blüten, die längst abgestorben und verdorrt sind, Sand, der die ganze Strecke von der Sahara bis hierher geweht worden war, Abschürfungen von meiner eigenen Haut.
    Ich überlege, wie ich mich vorbereiten kann. Statt was Konkreteszu machen, logge ich mich auf der Website der Schule ein, um nachzusehen, ob es irgendwas gibt, das ich wissen sollte. Allein sie zu öffnen erzeugt ein mulmiges Gefühl bei mir. Es erscheint ein kitschiges Foto des Schulleiters, seine Botschaft an die Massen und ein Werbevideo für die große Eröffnung. In den Bereich für die Schüler komme ich nicht. Sie haben mal wieder an der Website rumgepfuscht. Eine gute Ausrede dafür, überhaupt nichts zu machen. Da habe ich noch etwas Zeit zum Aufholen. Das hilft ein bisschen, das mulmige Gefühl niederzudrücken. Mein Telefon meldet sich, und mein Magen schlägt wieder einen Salto.
    Sie will mich sehen.
    Heute Abend bei mir 7   :   30 schicke Klamotten
    Ich antworte nicht gleich. Ich lasse das Handy auf dem Tisch und lege mich aufs Bett. Ich will nicht, dass sie denkt, sie wäre aus allem draußen. Ich bin immer noch nicht klargekommen mit dem, was sie mir angetan hat.
    Ich stehe auf, gehe nach unten und mache mir eine Tasse Kaffee. Ich möchte nicht, dass sie denkt, sie hätte mich dort, wo sie mich haben will, oder dass ich wieder derselbe alte Loser bin. Ich lasse mir deutlich etwas Zeit, bevor ich ihr eine SMS schreibe. Dann ziehe ich Klamotten aus dem Schrank und probiere mal dies und mal das an. Ich entscheide mich für die Kakihose, die ich gerade erst gekauft, und das Hemd, das ich von ihr bekommen habe, alles ordentlich gewaschen und gebügelt. In meinen Rucksack stecke ich noch ein Jackett und Wäsche zum Wechseln für morgen. Nur aufs Geratewohl, falls sie mich bleiben lässt. Die Vorstellung, eventuell in ihrem Wagen vor der Schule vorzufahren, hat einen gewissen Reiz.
    Ich bin nicht richtig konzentriert, nehme den kürzesten Weg, schneide Kurven und stoße beinahe mit Lee zusammen. Sie kommt aus einer Seitenstraße. Sie trägt Shorts, T-Shirt und Laufschuhe, als würde sie richtig trainieren. Sie hat einen Hund an einer Ausziehleine bei sich, die aussieht wie eine Wäscheleine. Ich hätte den Köter beinahe überfahren.
    »Ich hab dich nicht gesehen. Tut mir echt leid.«
    Ich steige
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