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Atevi 1 - Fremdling

Atevi 1 - Fremdling

Titel: Atevi 1 - Fremdling
Autoren: C.J. Cherryh
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eingereiht in dessen uralten Tanz mit der Sonne.
    Trotz ihrer Fernrohre und Planetarien hatten die Astronomen bislang nicht entscheiden können, ob diese Himmelserscheinung als ein Mond oder als Stern zu bezeichnen war, denn nach Aussehen und Verhalten mochte sie beides sein. Genauso unschlüssig war man sich in Beantwortung der Frage nach ihrer schicksalhaften Bedeutung. Manche sahen in ihr ein gutes Zeichen, andere ein schlechtes, und jeder wußte für seine Behauptung entsprechende Beweise beizubringen. Nur nand’ Jadishesi hatte sich festgelegt; schlau wie sie war, sprach sie dem Stern eine Kraft zu, die Wandel bewirkt.
    Auf diese Linie schwenkten nach und nach zunehmend viele Astronomen ein, denn der Stern wuchs von Jahr zu Jahr und zog immer mehr Begleiter in seinen Bann. Und das konnte nur eines bedeuten: kontinuierliche Instabilität.
    Durfte man da für die Zukunft hoffen?
    Die Spuren im Lehm, diese Hinterlassenschaften von Maschinen, waren leichter zu deuten. Jeder wußte, was es damit auf sich hatte. Die Tachi, jenes Hirtenvolk, das in diesem Hügelland sein Vieh weiden ließ, machte zuerst darauf aufmerksam mit der Beobachtung, daß Maschinen, von großen Blumen gehalten, langsam vom Himmel herabgeschwebt und sanft gelandet seien.
    Diese Maschinen fuhren umher, walzten Bäume nieder und versetzten die Kinder der Tachi in Angst und Schrecken.
    Aber waren sie wirklich vom Himmel gefallen, an Blumen hängend? Manadgi zweifelte daran, so wie er daran zweifelte, daß der Mondschatten im Herbst zur Heilung von Rheuma verhelfen konnte. Heutzutage mußte doch allen klar sein, daß die Erde um die Sonne kreiste und daß der Jahreszeitenwechsel aufgrund der geneigten Erdachse zustande kam. In der heutigen Zeit, die manche als die Zeit der Aufklärung bezeichneten, waren solche Dinge allgemein bekannt. Darüber lagen gesicherte Erkenntnisse vor, nicht zuletzt dank der Astronomen, die sich seit langem mit dem untypischen Verhalten dieses fremden Sterns beschäftigten und zur Lösung dieses Problems vom Hof des Aiji mit immer besseren Fernrohren ausgestattet wurden.
    Inzwischen wußte jeder oder zumindest jeder, der gebildet war: Der Mond, als eine Sphäre planetarischer Natur, war sozusagen der kleine Cousin der Erde. Beide wanderten durch den Ätherraum, und während der Mond seine Jahre nach seinem Mutterplaneten bemaß, rechnete man auf dem Planeten die Zeit nach der Sonne.
    Manadgi zweifelte, wollte aber nicht ausschließen, daß womöglich doch Maschinen vom Himmel gefallen waren. Die enormen Spuren, die er da vor sich im Lehm sah, konnten schlechterdings nicht von den Fuhrwerken der Bauern stammen. Vielleicht, so dachte er, war der Mond von Lebewesen bewohnt. Vorstellbar auch, daß sie und ihre Maschinen mit Hilfe großer weißer Blütenblätter oder Segeltücher zur Erde schwebten. Manadgi wollte sich mit eigenen Augen davon überzeugen lassen. Falls tatsächlich Besucher zu erwarten waren, dann würden sie wahrscheinlich vom Mond kommen; vielleicht schon morgen, denn morgen war Vollmond.
    Möglich war aber auch, daß diese Blütensegel woanders herkamen, von dem wandernden Stern nämlich. Angesichts seiner durchweg seltsamen Erscheinung nähme es nicht wunder, wenn er auf irgendeine Weise in Beziehung stünde mit diesen Maschinen. Auch er war ein Neuankömmling am Himmel, der sich seit rund vierzig Jahren daran zu schaffen machte, eine Fülle keiner Himmelskörper, bloßer Lichtflecken um sich zu scharen.
    Es könnte auch sein, dachte Manadgi, daß diese Lichtflecken ebenfalls größer würden, sich der Erde näherten und demnächst ihren Bewohnern auf den Pelz rückten.
    Vielleicht hatte ein Mondvolk den fremden Stern in die Ekliptik gebracht; vielleicht war es auf dieser künstlichen Welt herbeigesegelt, angetrieben von Ätherwinden so wie die irdischen Schiffe, die vor dem Wind übers Meer fahren.
    Ob ein zeitlicher oder ursächlicher Zusammenhang zwischen den freischwebenden Blumensegeln und der Position des Sterns oder einer bestimmten Mondphase bestand, war bislang noch nicht festgestellt worden. Dabei hatten die Tachi präzise Buch geführt, erstaunlich für ein so schlichtes Hirtenvolk, das sich nicht davon abbringen ließ zu behaupten, Blütenblätter gesehen zu haben und nicht etwa Segeltücher oder dergleichen. Und obwohl nachweislich fremde Lebewesen damit zur Erde niedergefahren waren, hatten sich die Tachi ein Vierteljahr lang Zeit gelassen mit der Antwort auf die Frage, wie darauf zu reagieren
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