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@ E.R.O.S.

@ E.R.O.S.

Titel: @ E.R.O.S.
Autoren: Greg Iles
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Kaliber .32, der in einem Unterschenkelhalfter mit Klettverschluß steckt. Mayeux trägt eine zweite Schußwaffe bei sich. Nachdem ich mich überzeugt habe, daß die Trommel voll ist, gebe ich Drewe die Waffe.
    »Du läßt mich hier nicht allein«, sagt sie.
    Ich versuche gar nicht erst, Einwände zu erheben. Nachdem wir die Waffen wieder getauscht haben, laufen wir schnell und geräuschlos über den Hof; das Gras dämpft dabei unsere Schritte. An der hinteren Ecke des Hauses bleiben wir in einer beißenden Wolke aus Benzindämpfen stehen.
    »Ich höre die Sirene noch immer nicht«, flüstert sie.
    »Das Haus blockiert den Schall.«
    »Vielleicht sollten wir das Benzin anzünden.«
    »Bist du verrückt? Es ist unser Haus!«
    Mit Mayeux’ .32er in der rechten Hand sprinte ich die Seitenwand des Hauses entlang, wobei ich fast über einen zusammengerollten Gartenschlauch gestolpert wäre. Als ich die vordere Ecke erreiche, höre ich die Sirene wieder.
    Drewe stößt von hinten gegen mich, ein weicher Aufprall von Brüsten und Händen. Der Hof ist stockfinster, auf der Auffahrt alles ruhig. Nur das Zirpen von Grillen durchbricht die Stille. Dort, wo unsere Auffahrt an die Straße stößt, steht der Wagen des Deputys. In unmittelbarer Nähe bieten der Explorer und der Acura Deckung. Aber ich weiß, daß Berkmann die Stellung gewechselt hat.
    »Ich glaube, er ist im Haus«, flüstere ich. »Ich sehe nach.«
    »Warte ...«
    »Keine Angst, ich gehe nicht rein. Achte darauf, ob Türen oder Fenster knarren. Er kommt vielleicht rausgestürmt, wenn er die Sirene hört. Du ziehst besser deinen Bademantel aus. Der ist hier draußen die reinste Zielscheibe.«
    Drewe schüttelt energisch den Kopf.
    »Wenn du Berkmann hörst, ziehst du ihn aus.«
    Den Rücken gegen die Schindelverkleidung gedrückt, schiebe ich mich an der Front des Hauses entlang. Den .32er halte ich eng an meinem rechten Schenkel, wie ein Quarterback, der einen Bootleg läuft. Als ich mich dem zerbrochenen Fenster nähere, spüre ich etwas wie eine frische Meeresbrise. Es ist die kühle Luft der Klimaanlage, die wie Wasser aus einem leckgeschlagenen Faß in die warme Nacht quillt.
    Berkmann muß die Sirene mittlerweile gehört haben. Ich versuche, unter das Fenster zu gelangen, um hineinzuschauen, doch auf dem Boden liegt zu viel zerbrochenes Glas. Ich gehe um die Scherben herum, lege die drei Meter zum zweiten Fenster zurück, richte mich bis zur Fensterbank auf und spähe hinüber.
    Edward Berkmann sitzt an meinem Gateway 2000; sein byronsches Profil wird auf unheimliche Weise vom bernsteinfarbenen Leuchten des Bildschirms erhellt. Er beugt sich leicht vor, schaut aus meinem Blickwinkel von rechts nach linksund auf Drewes Mitteilung, als enthielte sie den Schlüssel für ein uraltes Geheimnis.
    Berkmann hat die Sirene nicht gehört, da es im Büro zahlreiche andere Geräusche gibt. Das Summen des Computers; das Brummen des Kühlschranks; das Zischen der Klimaanlage. Er muß die erste Bildschirmseite der Nachricht mittlerweile gelesen haben. Und doch sitzt er da und starrt den Bildschirm an. Was tut er?
    Er denkt nach. Der Mann, der ein weltbekanntes Computermodell des menschlichen Gehirns entwickelt hat, strengt das eigene an, um das älteste Problem auf der Welt zu lösen. Das Überleben.
    Berkmann ist keine drei Meter von mir entfernt, der Drucker keinen halben von ihm, auf Brusthöhe. Neben der Computertastatur liegt eine Waffe. Vernickelt. Genauso ein protziges Stück, wie Buckners Deputies es tragen. Aber dieser Revolver kann Berkmann nicht vor dem Drucker schützen.
    Mein Verstand rät mir, meine Waffe über die Fensterbank zu heben, doch der Instinkt hält mich davon ab. Die leiseste Bewegung – es würde sogar genügen, den Kopf einzuziehen – könnte Berkmann aus dem Sessel springen und nach der Waffe greifen lassen.
    Wie als Reaktion auf meine Gedanken hebt er den Kopf wie ein Vogelkundler, der einen schwachen Schrei gehört hat, und dreht sich leicht nach links. In meine Richtung.
    Nackte Angst ergreift mich.
    Er hat mich nicht gesehen. Er hat die Sirene gehört. Doch statt voller Panik aufzuspringen, wendet er sich wieder dem Bildschirm zu, rutscht tiefer in meinen Sessel und verschränkt die Arme. Wartet er tatsächlich darauf, daß ich zurückkomme und versuche, ihn zu töten, wie die Mitteilung es verspricht?
    Mittlerweile höre ich mehr als nur eine Sirene. Mehrere dissonante Geräusche heben sich von dem allgemeinen Geheul ab, und aufgrund der
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