Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
@ E.R.O.S.

@ E.R.O.S.

Titel: @ E.R.O.S.
Autoren: Greg Iles
Vom Netzwerk:
Wagen. Mich wie ein erschöpftes Kind fügend, schaue ich die Straße zu den Baumwollfeldern meines Nachbarn hinauf. Ein Regiment roter Blinklichter rast auf uns zu wie ein Zug brennender Streitwagen.
    Ich will mich nur noch hinlegen.
     
    Bob Anderson traf noch vor den Deputies ein. Drewe hatte vor dem Werkzeugschuppen ein Notlazarett eingerichtet und versorgte Mayeux und mich im Schein des brennenden Hauses. Bob und Patrick und Special Agent Wes Killen kamen um das Haus gestürmt wie Marines, die ein Dorf von Feinden säubern sollen. Killen erkannte ich an seinem Nasenverband.
    Bob sagte uns, er habe neben Drewes Acura einen Mann auf dem Rücken liegen sehen, habe aber keine Ahnung, um wen es sich handele. Killen befürchtete, es könne Mayeux sein. Während Drewe meine Schulter mit einem Handtuch verband, fragte ich Bob, ob der Mann tot sei. Ich stellte mir vor, wie Berkmann in einen antiseptischen Ganzkörperverband und dann in einen Krankenwagen gepackt würde und sich dann auf wundersame Weise erholen würde. Bob sagte, der Mann sei noch nicht tot, würde es aber bald sein und wäre dann besser dran.
    Ich sagte Bob, wer der Mann war.
    Er stand einen Augenblick lang da, und sein Mund bewegte sich stumm. Dann atmete er tief ein und ging zu dem tosenden Feuer zurück.
    Niemand folgte ihm.
    Patrick übernahm Mayeux’ Behandlung, Drewe erklärte Wes Killen, was geschehen war, und als sie fertig war, kamBob wieder zu uns zurück, ein schwarzer Umriß vor den Flammen. Wir alle sahen ihn schweigend an, bis er sagte: »Jetzt ist er tot.«
    Wir saßen eine Weile da, während Drewe eine Glasscherbe aus meinem Bein entfernte und Killen über Handy mit Daniel Baxter telefonierte. Ich fragte Drewe, ob sie die andere Glasscherbe aus meiner rechten Schulter holen könne, und sie sagte, sie könne es nicht, weil da gar keine Glasscherbe sei. Ich war angeschossen worden. Berkmann hatte in der Sekunde, in der die Mitteilung an den Drucker geschickt wurde, noch einen Schuß abfeuern können. Es handelte sich um einen glatten Durchschuß.
    Sheriff Buckner traf mit einer Armee ein, die sich für eine Bärenjagd bewaffnet hatte, aber feststellen mußte, daß der Bär schon erlegt war. Das mochte ihm wohl nicht besonders gut gefallen, doch Bobs Anwesenheit zeitigte eine erstaunliche Wirkung. Er schien gar nicht genug für uns tun zu können.
     
    Nun sitzen oder stehen alle da und beobachten, wie das Haus abbrennt, während wir auf die Krankenwagen warten. Der Anblick einer menschlichen Behausung, die vom Feuer verzehrt wird, hat eine mächtige, ja fast heilige Wirkung. Es zerrt an unserem Sicherheitsbedürfnis, erinnert uns daran, daß alles, was wir aufgebaut haben, in wenigen Minuten zerstört werden kann. Ironischerweise kam mir, der ich in diesem Haus geboren und aufgewachsen war, dieses Feuer wie ein passender Abschluß vor. Meine Vergangenheit war mir immer als eine offene Wunde erschienen. Nun wurde sie vor meinen Augen ausgebrannt.
    Die Sanitäter laden mich in einen Notarztwagen, in dem bereits Mike Mayeux liegt. Er ist noch immer bewußtlos, doch Patrick beugt sich über ihn und kontrolliert seine Lebensfunktionen. Drewe quetscht sich zwischen den Vordersitzen hindurch und legt dann eine Hand auf meine Stirn. Der Schmerz in meiner Schulter wird zu einem wirklichen Ärgernis,doch dann denke ich an Berkmann. Er fährt in einem Wagen des Konvois hinter uns, in einem Plastiksack in Sheriff Buckners Kofferraum. Der Mistkerl ist genau da, wo er hingehört.
    Viele einsame und unschuldige Frauen sind wegen Edward Berkmann gestorben. Die meisten von ihnen habe ich kaum gekannt. Aber eine kannte ich. Besser, als ich sie hätte kennen sollen. Und wegen Berkmann ist sie jetzt tot; hat Holly keine Mutter, Patrick keine Frau, Drewe keine Schwester mehr. Ich habe teil an dieser Schuld. Hätte ich mich nicht Berkmann in den Weg gestellt, würde Erin noch leben. Die Versuchung, im nachhinein Kritik zu üben, ist groß. Aber ich darf eines nicht vergessen:
    Das Leben ist einfach.
    Man ist gesund, oder man ist krank. Man ist seiner Frau treu, oder man ist es nicht. Man lebt, oder man ist tot.
    Ich lebe.

Über den Autor
    Über den Autor:
     
    Greg Iles hat sich vom Geheimtipp zu einem der wichtigsten amerikanischen Thriller-Autoren entwickelt. Greg Iles wurde in Deutschland geboren, sein Vater leitete die medizinische Abteilung der Amerikanischen Botschaft. Die Bücher von Greg Iles erschienen in über zwanzig Ländern. Der Autor lebt mit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher