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@ E.R.O.S.

@ E.R.O.S.

Titel: @ E.R.O.S.
Autoren: Greg Iles
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nackt zu sehen, und ihre dreiste Stimme machen mir schlagartig etwas klar. Das ist es. Falls sie Berkmann je aus der Deckung locken wird, dann jetzt. Ich hoffe nur, daß sie nicht vergißt, an die Scheibe zu klopfen.
    »Bist du jetzt groß und steif, Edward?«
    »Ja.«
    »Ganz groß?«
    »Ja.«
    »Das ist nur natürlich. Du willst mich berühren, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Du mußt mich berühren.«
    »Ja.«
    »Siehst du auch, wo?«
    »Ja.«
    »Weißt du, wie es dort ist?«
    Eine hicksende Stille. »Ich ...«
    »Da ist es feucht, Edward. Heiß.«
    »Bitte komm heraus ...«
    »Sieh hin, Edward. SIEH HIN!«
    Drewe wechselt das Telefon von der einen in die andere Hand und läßt den Bademantel so beiläufig von den Schultern gleiten, als wolle sie unter die Dusche gehen. Ein ungläubiges Keuchen entweicht meinen Lungen. Ich trete weit von der Wand zurück, ziele mit der Waffe auf den Glasstreifen zwischen dem Fensterrahmen und Drewe, warte auf ihr Zeichen.
    Sie schüttelt ihr Haar zu einem wilden Durcheinander aus Kupfer und Gold und winkelt dann leicht die Arme an, so als wolle sie jedes Atom ihres Körpers in schamlosem Stolz präsentieren. Ihre Haut leuchtet wie Marmor. Genau wie vor so vielen Jahren, als ich Erin so sah, ist es mir unmöglich, ihren nackten Körper als ganzen aufzunehmen. Ich sehe ihre Waden, die Rückseiten ihrer Oberschenkel, die kleinen Grübchen über ihrem Po, ihre Schulterblätter – und das genügt, um mein Auge von der ihm zugewiesenen Aufgabe abzuhalten. Berkmann muß wie angewurzelt dastehen.
    »Gott im Himmel!« zische ich. »Was tust du da?«
    »Edward?«
    »Ja ...« Ein heiseres Flüstern.
    Drewe läßt außerhalb meines Blickfelds die freie Hand über ihre Hüften gleiten; ich sehe lediglich, wie die Muskeln ihres Oberarms sich bewegen.
    »Hilf mir, Edward. Zeig mir deine Macht.«
    Der Arm, der die Waffe hält, zittert, als ich mich zu Drewe vorschiebe. Ich ziele mit dem .38er links an ihrer Hüfte vorbei durch das Fenster in die Abenddämmerung. Als meine Pupillen sich zusammenziehen, mache ich die Umrisse des Acura aus. Er steht näher am Haus, als ich dachte. Vielleicht vier Meter davon entfernt. Mein Explorer steht zehn Meter links davon mit dem Kühler zum Haus. Der Acura wäre die natürliche Deckung für jemanden, der das Fenster beobachtet.
    Aber ich sehe niemanden.
    Aus dem Augenwinkel bekomme ich mit, daß Drewe plötzlich die Arme wie Schwingen ausbreitet und die nackten Beine spreizt. Ihre Hände ballen sich zu Fäusten, und als ihre Muskeln erstarren, wird ihr Körper zu einem steifen, zitternden X vor dem erleuchteten Fenster. Mein Herz rast vor Angst und Ehrfurcht angesichts dieser Erscheinung, die sie nicht geschaffen hat, sondern ganz und gar ist – die enthüllte Frau, das Verborgene unverschleiert, Reinheit und Sinnlichkeit, verschmolzen mit der Macht, den Herzschlag eines Mannes zum Stillstand zu bringen.
    Während ich sie mit offenem Mund anstarre, legt sie die rechte Hand an das Fenster und scheppert daran, daß es sich anhört, als hätte man vergessen, einen Kessel mit kochendem Wasser vom Herd zu nehmen. Ich konzentriere mich auf ihre Hand, und dann wird mir klar, daß sie versucht, mir mit einem Arm ein Zeichen zu geben, schieres Entsetzen es ihr aber unmöglich macht. In dem Augenblick, in dem ich wieder aus dem Fenster schaue, taucht Edward Berkmann hinter dem Acura auf. Sein verzücktes Gesicht leuchtet in der Dunkelheit wie ein auf die Erde gestürzter Mond.
    Die Zeit verschwimmt, bleibt stehen. Wir stehen beide wie erstarrt da, gelähmt von der Erkenntnis, daß Drewe alles ist, was er sich in seinen messianischen Phantasien vorgestellt hat, und noch mehr.
    »Edwaarrrd!«
    Drewes Schrei reißt mich in die Wirklichkeit zurück. Als ich auf Berkmanns Kopf ziele, schleudert sie das Telefon durch die Fensterscheibe, die sich in funkelnde Glassplitter auflöst. Ich schiebe sie aus dem Weg und eröffne das Feuer.
    Mein erster Schuß liegt viel zu hoch.
    Der zweite schlägt ein Loch in die Tür des Acura.
    Berkmann läßt sich fallen.
    Wie ein Verrückter schreiend, gebe ich zwei weitere Schüsse ab, reiße dann Drewes Bademantel an mich und werfe den Arm um ihre Taille, als sie sich vom Boden erhebt. Ich versuche, sie zur Tür zu zerren, doch sie rührt sich nicht.
    »Hast du ihn getroffen?« fragt sie mit weit aufgerissenen Augen.
    »Ich glaube nicht!«
    »Schieße auf das Licht! Und dann auf mich!«
    Nach einem Augenblick der Verblüffung drehe ich mich um,
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