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Astrella 02 - Brudernacht

Astrella 02 - Brudernacht

Titel: Astrella 02 - Brudernacht
Autoren: Gmeiner-Verlag
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lachte er gern, als wollte er den Menschen zeigen: Mit Humor ist auch die schwerste Bürde leichter zu ertragen. Seine einzige Schwachstelle war sein krankes Herz, wovon ich aber erst später erfuhr.
    Ich weiß nicht, ob es Zufall war oder Schicksal. Jedenfalls erkrankte die damalige Haushälterin, die bereits zwei Pfarrern vor Bertram den Haushalt geführt hatte, so schwer, daß sie nicht mehr arbeiten konnte. Von meinem Hausarzt, Dr . Klimnich, darauf aufmerksam gemacht, dachte ich mir: ›Versuch’s einfach mal!‹ und bewarb mich um die Stelle. Ich konnte es kaum glauben, als ich erfuhr, ausgewählt worden zu sein. Wahrscheinlich dachten die Leute bei meiner Person nicht an amouröse Verwicklungen, obwohl ich erst zwanzig Jahre alt war. Im Rückblick betrachtet, hatten sie mit ihrer Einschätzung auch recht.
    Irgendwann später erfuhr ich, auch Doktor Klimnich hatte dazu beigetragen, daß ich die Stelle bekam. Er hatte hier in Ravensburg seine Praxis und wußte über unsere familiären Hintergründe Bescheid. Meine Eltern waren mit vier Kindern zu arm gewesen, um mir eine vernünftige Ausbildung zu finanzieren. Und er kannte meine persönliche Situation: Ausbildung als Verkäuferin, danach keine feste Arbeit beziehungsweise nur Hilfsarbeiten und – vor allem: keinen Mann. Auch wenn ich eher das berühmte ›häßliche Entlein‹ verkörperte, war man damals als Frau sehr schnell entweder tatsächlich Freiwild für alle frustrierten Männer oder aber als solches verschrien. Dr. Klimnich erzählte mir von Bertram, seinem Schulfreund, der Pfarrer in Preschingendorf geworden war und eine Haushälterin suchte. Damals war ich sehr froh über Dr. Klimnichs Hilfe und habe es ihm auch gesagt. Immerhin hatte ich durch ihn eine angesehene Stelle und war endlich frei von meiner Familie. Soweit das überhaupt möglich ist. Doch Dr. Klimnich, ein durchaus bescheidener und liebenswürdiger Mensch, meinte nur, ich solle kein Aufheben davon machen. Das sei es nicht wert.
    So kam ich also in das Haus meines Traummannes, den ich liebte. Dieses Gefühl überwältigte mich. Bertram war kein Pfarrer , wie man ihn sich vorstellt. Er lief nicht mit einem Heiligenschein durch die Gegend, hatte eine natürliche Art zu reden, schien nicht fortwährend das Kreuz Christi auf seinen Schultern zu tragen. Trotzdem war jeder Raum, den er betrat, sofort mit Licht erfüllt. Es kam, wie es kommen mußte: Wir gingen ein Verhältnis miteinander ein. Nicht gleich nach meiner Einstellung, nein, es dauerte fünf Jahre. So lange konnte ich mich zusammenreißen. Ich bin sehr ausdauernd und hartnäckig, wenn ich mir erst mal etwas vorgenommen habe. Dabei spürte ich bereits drei Jahre später, daß Bertram in einer Weise auf mich aufmerksam geworden war, die einem Pfarrer nicht zustand. Ich spürte es an seinen Blicken, an seinen beiläufigen Bemerkungen, an seinen zufälligen Berührungen, die ich niemals als aufdringlich empfand.
    Eines Nachts geschah es dann. Ich war mit dem Fahrrad unterwegs, um einige Besorgungen in der Stadt zu erledigen. Auf der Rückfahrt kam ich in ein Gewitter, wie ich es bis damals noch nie erlebt hatte. Ich hatte den halben Weg bereits hinter mir, also war es sinnlos umzukehren. Außerdem mußte ich das Abendessen zubereiten.
    Bis ich im Pfarrhaus ankam, war ich durchnäßt. Bertram wartete bereits vor dem Haus auf mich, er hatte sich Sorgen gemacht. Die weiteren Einzelheiten sind nicht wichtig. Jedenfalls hatten wir von da an ein Verhältnis miteinander. In meinen Augen war es wie eine Ehe. Eine formelle Eheschließung und all das ganze Drumherum brauchte ich nicht, ich hatte ja den Mann meiner Träume. Auch die mit der Zeit aufkommenden Gerüchte bekümmerten mich nicht. Sollten sie alle reden, was sie wollten. Offen ins Gesicht sagte es einem ja sowieso niemand. Und Bertram war über die Jahre so eine Institution geworden mit seiner natürlichen, menschlichen Art, daß alle Angst davor hatten, er würde von sich aus gehen oder ihnen genommen. Also hielten sie ihre Zungen einigermaßen im Zaum. Drei Jahre später blieb dann plötzlich meine Periode aus. Von einem Tag auf den anderen war mein Glück bedroht. Panik ergriff mich. Was sollte ich tun? Ich sagte es Bertram. Er war geschockt. Da sollten wir, praktisch als Krönung unseres Glückes, ein Kind bekommen, und wußten doch im selben Augenblick, daß dies unser Unglück bedeutete. Außer Bertram würde von seinem Gelübde zurücktreten, in aller Öffentlichkeit zu mir
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