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Astrella 02 - Brudernacht

Astrella 02 - Brudernacht

Titel: Astrella 02 - Brudernacht
Autoren: Gmeiner-Verlag
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antun. Doch Du schienst überhaupt nicht überrascht zu sein. Kein Wutanfall, keine laute Stimme – nichts. Nur Schweigen. Es war fast unheimlich. Aber Du warst ja schon als Kind schweigsam gewesen. Freilich spürte ich die Kälte, die plötzlich von Dir ausging. Dann jedoch wolltest Du Deinen Vater kennenlernen. Ich war aufgewühlt und sagte, das ginge nicht, obwohl ich es gut verstehen konnte. Als Du das nicht hinnehmen wolltest und damit gedroht hast, selbst Nachforschungen anzustellen, bekam ich Angst. Ich wollte das nicht. Also habe ich Bertram angerufen. Es war seltsam. Seine Stimme hatte sich nicht verändert. Und trotz allem, was er mir, was er Dir und mir angetan hatte, spürte ich sofort wieder das alte Gefühl für ihn.
    Natürlich war Bertram geschockt, als ich ihm von Deinem Wunsch erzählte. Erst nach langem Zögern erklärte er sich zu einem Treffen bereit. Allerdings unter der Bedingung, allein mit Dir zu reden. Vielleicht wollte er nicht durch ein Wiedersehen die alten Wunden aufreißen. Schweren Herzens stimmte ich zu. Das war ein Fehler.
    Als Ihr Euch zwei Tage später getroffen habt, saß ich zu Hause und wartete. Es waren grauenvolle Stunden. Und als Du am Abend zurückkamst und leichenblaß warst, habe ich sofort gewußt, daß etwas Schlimmes passiert war. Trotzdem wollte ich nicht glauben, dass Bertram tot ist. Du und Bertram seid während eurer Unterhaltung in Streit geraten und Du hast ihm wutentbrannt wegen seines Versagens einen Stoß versetzt, woraufhin er das Gleichgewicht verlor und stürzte. Dann hat er sich plötzlich zusammengekrümmt. Oh, ich weiß es noch ganz genau. Es war grausam für mich. Auch deshalb, weil mir klar wurde, daß ich einen weiteren Fehler begangen hatte: Ich hätte Dir von seinem schwachen Herzen erzählen müssen. Ein Herzinfarkt. Ich hätte schreien können vor Schmerz. Aber Du konntest selbst nicht verstehen, warum das passiert war. Du hast ständig gemurmelt, Deinen eigenen Vater ermordet zu haben und daß jetzt alles egal sei. Gleichzeitig spürte ich den Haß auf Bertram und Dr. Klimnich. In diesem Moment bereute ich, Dir alles erzählt zu haben. Doch es war zu spät.
    Lieber Peter: Ich kann Dir nur immer wieder bei meiner Liebe zu Dir schwören, daß ich mein Leben geben würde, um all das, was passiert ist, ungeschehen zu machen. Doch ich kann es nicht. Ich weiß nicht, ob ich Dir diesen Brief jemals schicken werde; nach meinem Tod bekommst Du ihn bestimmt. Freilich bin ich bereits jetzt so gut wie tot, denn alle die Menschen, die mir wichtig waren, sind tot. Und auch Dich habe ich verloren, schon damals verloren, als Du zur Welt kamst. Vermutlich ist meine Einsamkeit heute bereits ein Teil der Strafe, die ich ertragen muß. Wie lange ich sie noch ertragen kann, weiß ich nicht. Ich denke oft daran, mich zu töten; ich habe mir bereits ein entsprechendes Gift besorgt. Natürlich weiß ich, daß uns so etwas von Gott verboten ist. Aber letztendlich wäre es nur ein weiterer Fehler, doch dann wenigstens mein letzter.
     
    Deine Dich immer liebende
    Mutter«
     
    Berta Klimnich ließ den Brief auf ihre Knie sinken, schaute zum Fenster hinaus und sagte nichts. Astrella versuchte sich vorzustellen, wie sie sich fühlte. Es gelang ihm nicht. Er überlegte, ob es ähnlich dem Gefühl war, das er empfunden hatte, als ihm Gloria ihren Entschluss mitteilte, ihn zu verlassen.
    Er bezweifelte es, zu endgültig war der Tod.
    »Dieser Herr Lemsack … ist das der andere Tote?«
    Frau Klimnich hatte sich Astrella zugewandt und mit leiser, aber fester Stimme gefragt.
    »Ja.«
    »Warum hat der junge Mann das getan?«
    Ihrem Blick nach zu urteilen, schien Frau Klimnich die Antwort bereits zu ahnen.
    »Es scheint, als wäre eine Art Damm bei Peter Alexander Emmel gebrochen, der all diese Jahre seinen Hass aufgehalten hat. Doch nachdem er, wie wir wohl annehmen müssen, endlich seinen Vater kennengelernt hat und ihn all das hätte fragen können, was ihn schon seit jeher beschäftigt hat, stirbt dieser durch seine Einwirkung. In seinen Augen blieb ihm, der Zeit seines Lebens keinen Vater und keine Mutter gehabt hat, nur noch die Rache an den beiden Männern, die für sein Schicksal verantwortlich waren. Nach seinem Verständnis dafür verantwortlich waren: Josef Klimnich und Christoph Lemsack. Ich weiß …«
    »Ist Josef wirklich schuldig, Herr Astrella?«
    Astrella fiel die Antwort nicht schwer.
    »Nein, Frau Klimnich, ich glaube nicht, dass Ihr Mann schuldig ist. Wie
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