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Assassino

Assassino

Titel: Assassino
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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doch nicht dazu überwinden, Seamus danach zu fragen. Noch immer mochte sie ihm nicht verzeihen, dass er sie die ganze Zeit hintergangen hatte. Die Vertrautheit, die zuvor zwischen ihnen geherrscht hatte, war einer spürbaren Distanz gewichen.
    So blieb ihr neben Bernie nur Chris, der nach den Enthüllungen der letzten Tage natürlich Oberwasser bekommen hatte, da sich seine Bedenken gegenüber Seamus und Ilyas doch bestätigt hatten.
    »Mach dir nichts draus«, versuchte er Kati zu trösten. »Menschenkenntnis ist eine Frage der Erfahrung, und da habe ich dir einfach ein paar Jahre voraus.«
    Kati nickte mechanisch. Sie konnte Chris den wahren Grund für ihre Niedergeschlagenheit nicht erklären. Das hätte ihn nur verletzt, und dafür war er ihr als Freund zu wichtig. Er hatte die ganze Zeit an ihrer Seite gestanden und auch Mut bewiesen, was sie ihm hoch anrechnete.
    Es war vor allem der Schmerz darüber, dass Ilyas ihre Gefühle nicht erwiderte. Sie wünschte sich, nur einmal einen Blick in seine Seele werfen zu können. War er wirklich so gefühllos, wie er tat? Oder war das nur eine Maske, weil er sie schützen wollte? Hatte sie bei den Assassinen und bei Tamar nicht bewiesen, dass sie ihm helfen konnte? Sie verstand einfach nicht, warum er das nicht akzeptieren wollte. Sie war kein kleines Mädchen mehr, das einen Beschützer benötigte. Aber wie sollte sie ihm das erklären, wenn er mit seiner Distanziertheit jedes tiefer gehende Gespräch im Keim erstickte?
    Bernie hatte ihre Flüge für Montag gebucht. Kati hatte mehrmals versucht, Ilyas zum Mitkommen zu bewegen, aber er hatte stets abgelehnt. Job Guégen hatte sich bereit erklärt, ihn bei sich aufzunehmen, solange er in der Stadt war, und das beruhigte Kati etwas.
    Am Montagmorgen, wenige Stunden vor ihrer Abreise, unternahm sie dennoch einen letzten Versuch, ihn umzustimmen, doch seine Antwort war dieselbe wie zuvor.
    »Ich kann nicht. Meine Bestimmung liegt hier.«
    »Aber was willst du hier in Istanbul noch?«
    »Ich muss nachdenken. Und ich muss mich auf die Suche nach dem Ursprungsort des Amuletts machen, den Tamar erwähnt hat.«
    »Das könntest du auch, wenn du mit uns kommst. Vater hat nicht nur eine riesige Bibliothek, wir haben auch Zugang zu den besten Museen und Forschungsinstituten.«
    Er trat vor sie hin und blickte ihr in die Augen. »Du hast schon genug für mich getan. Ich werde ewig in deiner Schuld stehen. Aber wenn ich jetzt mit dir gehe, wirst du vielleichtzur Zielscheibe von Mördern werden. Das würde ich mir nie verzeihen.«
    Kati seufzte resigniert. »Und was hast du nun vor?«
    »Das weiß ich noch nicht. Aber Paola wird mir helfen, es herauszufinden.«
    »Paola?« Kati schluckte. Die Studentin war seit der Begegnung mit Tamar nicht mehr aufgetaucht. Sie war weder im Museum noch in ihrer Wohnung anzutreffen. Seamus hatte seine Polizeikontakte noch einmal eingeschaltet, aber auch von ihrem gelben Mini gab es nirgendwo eine Spur. Es war, als habe sie der Erdboden verschluckt. »Paola ist verschwunden!«
    »Sie wird wiederkommen«, sagte er.
    »Wie kannst du dir so sicher sein?«
    »Ich weiß es einfach.«
    Warum vertraute er Paola, ihr aber nicht? Warum durfte sie ihn begleiten? Für einen Moment fühlte sich Kati am Boden zerstört. Nach dem ersten Schmerz hatte sie immer noch gehofft, seine Liebe gewinnen zu können. Und jetzt zog er ihr Paola vor!
    Aber sie war Kati Bergman. Und sie empfand etwas für Ilyas, was sie noch nie für einen anderen empfunden hatte. Sie würde den Teufel tun und ihn einfach ziehen lassen, vor allen Dingen nicht mit Paola. Es hatte sie schon genug verletzt, dass er nicht sie ins Vertrauen gezogen hatte, als er zu Tamar gefahren war, sondern die Studentin.
    »Dann bleibe ich ebenfalls hier«, verkündete sie.
    In seinen Augen flackerte etwas auf, das sie nicht zu deuten wusste. Doch sofort nahmen sie wieder ihren unergründlichenAusdruck an. »Das geht nicht. Ich kann dich nicht beschützen und meine Aufgabe erfüllen. Paola ist eine Kriegerin, so wie ich.«
    »Und wer hat dich und deine Kriegerin aus der Gewalt der Raschiden befreit?«, entfuhr es ihr. »Sie kann zwar einen Menschen mit einem Handgriff töten, aber ist sie deshalb deine Freundin?«
    Ilyas trat vor sie und legte ihr die Hände auf die Schultern. Sein Kopf befand sich ganz nah vor ihrem und sie konnte seinen warmen Atem auf ihrer Haut spüren. Mit ihrem ganzen Körper verlangte sie nach ihm, doch obwohl er ihr direkt gegenüberstand,
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