Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Assassino

Assassino

Titel: Assassino
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
Vom Netzwerk:
hatte ihr berichtet, dass Tamar einst eine von ihrem Volk geliebte Herrscherin gewesen war, ein »guter Mensch«, wie er sich ausgedrückt hatte. Dann konnte ihr Herz nicht aus Stein sein. Vielleicht ließ sie sich ja erweichen?
    »Ich bitte für mein Eindringen um Entschuldigung, Majestät«, sagte sie und verneigte sich so tief sie konnte. »Ich würde gerne ein Anliegen vorbringen.«
    Die Frau schien erfreut über ihre Höflichkeit. »Ich sehe, du weißt, wer ich bin?«
    »Ihr seid Tamar, Königin von Georgien.«
    Das Lächeln der Frau wurde noch breiter. »Hat mein kleiner Assassine geplaudert?«
    »Er hat Euren Namen erwähnt und Euch über alle Maßen gelobt. Er bereut zutiefst, was er vor langer Zeit getan hat. Ich bitte Euch für ihn um Vergebung. Ihr seid eine großherzige Frau. Entlasst Ilyas aus Euren Diensten.«
    Tamar lachte kehlig. Es war das Lachen einer Kriegerin. »Die Schmeicheleien gehen dir geschmeidig von der Zunge, mein Kind. Du hast recht, einst war ich großherzig. Damals war ich mächtig, doch jetzt verfüge ich nur noch über wenig Macht. Ich kann mir nicht mehr erlauben, der Stimme meines Herzens zu folgen.«
    »Findet Ihr nicht, er hat genug gebüßt?« Kati breitete die Arme aus. »Ihr habt die Ewigkeit. Was Ihr heute nicht vollbringt, könnt Ihr morgen vollenden. Dafür braucht Ihr Ilyas nicht.«
    Tamar klatschte in die Hände. »Brav gesprochen, Kind. Und doch kann ich dir deine Bitte nicht erfüllen. Das Schicksal Georgiens zählt mehr für mich als der Kummer eines jungen Liebespaars.« Sie machte einen Schritt auf Kati zu. »Doch was mache ich jetzt mit dir?«
    »Sie hat mit dieser Sache nichts zu tun«, rief Ilyas. »Lass sie gehen.«
    »So einfach ist das nicht. Sie kennt dich und sie kennt mich und unser Geheimnis.«
    »Sie wird schweigen«, versicherte Ilyas ihr. »Dafür bürge ich.«
    Tamar schüttelte traurig den Kopf. »Es ist zu spät.«
    »Nein«, sagte Kati, »es ist genau die richtige Zeit.« Sie reckte den Kopf in die Höhe und funkelte ihre Widersacherin an. »Ilyas wird nie wieder Euer Werkzeug sein.«
    »Du willst ihn befreien?« Die Frau lachte, und von den Höhlenwänden hallte es zurück wie ein diabolischer Chor. »Wie willst du das anstellen?«
    »Damit«, rief Kati und warf Ilyas die Fibelscheibe zu. Mit einer geschickten Bewegung fing er sie auf.
    Sofort veränderte sich Tamars Miene. »Wieso hat sie meine Fibelscheibe?«, herrschte sie Ilyas an. »Hatte ich dir nicht aufgetragen, sie mir zurückzubringen?«
    Sie bemerkte Katis erstaunten Gesichtsausdruck. »Das hat dir mein kleiner Assassine also nicht verraten? Vielleicht solltest du dir noch einmal überlegen, ob du für ihn dein Leben aufs Spiel setzen willst.«
    Die Nachricht hatte Kati getroffen, das stimmte. Warum hatte Ilyas ihr seinen Auftrag verschwiegen? Aber sie durchschaute Tamars Absicht. Sie wollte Zwietracht säen, wollte Ilyas und sie gegeneinander ausspielen. Das würde ihr nicht gelingen.
    »Gib mir die Scheibe«, befahl Tamar Ilyas.
    Kati sah, wie er zögerte. Wie lange konnte er ihrer Macht widerstehen?
    »Die Scheibe gehört Euch nicht«, rief sie, um Zeit zu gewinnen.
    »Da irrst du dich, Mädchen.« Tamar drehte sich zu ihr um. Es klappte!
    »Einst befand sich die Fibel in meinem Besitz«, fuhr Tamar fort. »Gemeinsam mit sechs weiteren magischen Artefakten gab sie mir die Macht über sieben junge Männer.«
    »Dann könnt Ihr Ilyas doch ziehen lassen«, appellierte Kati noch einmal an sie.
    Die Königin schüttelte den Kopf. »Die meisten meiner Kämpfer sind gestorben und ihre Artefakte verschwunden. Ich brauche die Fibelscheibe des Tages – und ich brauche
ihn

    Sosehr sie sich bemühte, Kati konnte Tamar nicht hassen. Sie bedauerte die Königin eher. Aber deshalb würde sie ihr Ilyas nicht überlassen.
    »Komm zu mir, Ilyas!«, rief sie ihm zu.
    »Du bleibst«, befahl Tamar.
    Kati sah, wie es in ihm wütete. »Komm!«, wiederholte sie.
    Ilyas machte einen zaghaften Schritt in ihre Richtung, so als erwarte er, jeden Augenblick von einer unbekannten Gewalt aufgehalten zu werden. Aber nichts dergleichen geschah. Er machte einen weiteren Schritt und noch einen, und dann stand er neben ihr.
    Die Fibel hatte Tamars Bann gebrochen!
    Doch die Königin fing sich schnell. Sie hob ihre Arme und murmelte etwas vor sich hin.
    »Nimm das Medaillon ab«, forderte Kati Ilyas auf.
    »Das geht nicht.« Seine Augen waren schreckgeweitet und er stand da wie gelähmt.
    Kati griff zu dem Lederband um
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher