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Assassino

Assassino

Titel: Assassino
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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seinen Hals und zog es ihm über den Kopf. An seinem Ende baumelte ein ovaler Anhänger aus einem ihr unbekannten Metall, der ein ähnliches Muster aufwies wie die Fibelscheibe. Triumphierend reckte sie es in die Höhe.
    »Er ist frei!«, rief sie Tamar zu.
    Die Frau machte einen Schritt auf Kati zu. Ihr Gesicht war eine weiße Maske. »Dafür habe ich dich«, sagte sie und deutetemit der Hand auf sie. Der Ring an ihrem Zeigefinger leuchtete auf und ein blaues Licht umfing Kati. Ihre Hand mit dem Medaillon wurde wie von einem zentnerschweren Gewicht heruntergezogen, bis der Anhänger direkt vor ihrer Brust baumelte. Sie wollte die Schnur loslassen, aber ihre Finger waren wie festgeschweißt um das Lederband. Die ovale Scheibe bewegte sich, von einer unsichtbaren Kraft getrieben, auf ihren Körper zu und drückte sich gegen ihr Sweatshirt.
    Ein brennender Schmerz durchfuhr sie. Es fühlte sich an, als bohre sich das Medaillon durch den Stoff in ihr Fleisch, wie ein glühendes Messer. Kati biss die Zähne zusammen. Jetzt nur nicht schreien, Tamar keine Schwäche zeigen! Aber sie war nicht so tapfer wie Ilyas.
    Sie schrie.
    Und dann konnte sie sich nicht mehr auf den Beinen halten und fiel zu Boden.
    Ilyas starrte entsetzt auf Kati, die sich zu seinen Füßen wälzte. »Hör auf!«, rief er Tamar zu. »Ich werde dir folgen.«
    »Ilyas«, wimmerte Kati. Ihre Lippen waren wie Blei, und es kostete sie eine ungeheure Mühe, sie zu öffnen. »Tamar. Die Scheibe.«
    Er begriff sofort. Mit einem Satz warf er die überraschte Frau zu Boden und drückte ihr die Fibelscheibe auf die Stirn.
    Jetzt war es Tamar, die aufschrie.
    Zugleich erlosch der blaue Lichtschein um Kati und ihre Qualen ließen nach.
    Sie richtete sich mit einem Arm auf und warf das Amulett von sich. Dann kroch sie zu Ilyas und Tamar hinüber.
    Trotz der Schmerzen, die die Frau haben musste, lächeltesie Kati zu. »Das hast du gut gemacht, mein Kind.« Sie hustete, und aus ihren Mundwinkeln quollen zwei dünne Blutsfäden. »Du bist eine Frau nach meinem Geschmack.«
    Sie stöhnte, und Ilyas nahm die Fibelscheibe von ihrer Stirn, ließ seine Hand aber direkt darüber.
    »Danke«, flüsterte Tamar. Sie hustete erneut, und ein Blutfaden rann aus ihrem Ohr.
    »Du hast dich tapfer geschlagen, kleiner Assassine«, sagte sie anerkennend. »Ich hatte auch nichts anderes erwartet. Aber deine richtige Herausforderung beginnt erst jetzt. Bislang hat dich das Amulett geleitet, nun bist du für dich selbst verantwortlich.«
    »Dann ist es   … vorbei?«
    »Vorbei? Oh nein.« Tamar hustete ein drittes Mal, und erneut ergoss sich Blut über ihr Gewand. Ein Schleier überzog ihre Augen. »Du wirst aus meinen Diensten erst dann entlassen, wenn du das Amulett seinem Ursprung wiedergibst.«
    »Und wie mache ich das?«
    »Das, mein kleiner Assassine, musst du schon selbst herausfinden.« Sie schloss die Augen und atmete tief durch.
    Ilyas packte Tamar an der Schulter und rüttelte sie, bis sie die Augen noch einmal aufschlug. Sie waren nicht mehr verhangen wie zuvor, sondern glühten. Tamar machte eine leichte Kopfbewegung und Ilyas riss mit einem Aufschrei die Hand von ihrer Schulter.
    »Vergiss nicht, wer du bist«, zischte sie.
    Er rieb sich die schmerzende Hand. »Habe ich nicht genug gelitten? Bin ich nicht genug Tode gestorben? Was willst du noch von mir?«
    »Du bist undankbar«, tadelte sie ihn. Ihre Augen waren wieder matt. »Ich hätte dich damals gleich töten können. Stattdessen habe ich dir das Leben geschenkt.« Sie deutete ein Schulterzucken an. »Vielleicht nicht so, wie du es dir vorgestellt hast. Aber immer noch besser als das Schicksal, das du mir zugedacht hattest.«
    Tamar ließ den Kopf zurück auf den Boden sinken. »Du hast mehr Glück, als du verdienst. Du hast eine Frau, die mit allen Fasern ihres Körpers und ihrer Seele für dich kämpft, so wie ich damals für meinen Dawit.«
    Die Königin hob die linke Hand und machte eine kleine Bewegung. Diesmal war es ein goldenes Licht, das sie alle drei umhüllte und so gleißend hell war, dass Kati den Blick abwenden musste.
    Als sie wieder hinsah, war Tamar verschwunden.

Ein Hinterhalt
    Ilyas half Kati auf die Beine. Er hob das Amulett vom Boden auf und legte es sich vorsichtig um den Hals. Dann streifte er es wieder ab, hielt es von sich und zog es sich erneut über den Kopf.
    »Es hat seine Macht verloren«, strahlte er.
    »Dann bist du jetzt frei«, freute sich Kati. Sie war noch etwas wackelig auf den
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