Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Assassino

Assassino

Titel: Assassino
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
Vom Netzwerk:
den Tragriemen ihrer Umhängetasche gelegt.
    Die Altstadt von Dubrovnik maß vom einen bis zum anderen Ende kaum einen Kilometer. Aber abgesehen vom Stradun und ein paar Gassen im Zentrum führten alle übrigen Wege aufwärts, hoch zu den gewaltigen Festungsmauern, die die Stadt umschlossen. Das war, speziell in der Nachmittagshitze, nicht einfach ein kleiner Spaziergang.
    Kati nahm einen Zug aus der Wasserflasche und machte sich an den Aufstieg zum Museum.

Panik
    Das Kribbeln im Nacken war wieder da.
    Und diesmal hatte Kati den Grund dafür sofort ausfindig gemacht.
    Der Mann war ihr aufgefallen, als sie im ersten Stock des Museums die Reliefs von alten Trinkgefäßen studiert hatte. Er musste nach ihr die Treppe heraufgekommen sein, denn als sie ankam, befand sich nur eine Aufseherin auf der Etage. Kati hatte ihm zunächst keine Beachtung geschenkt, bis er begonnen hatte, sie anzustarren. Nicht einfach aus den Augenwinkeln, wie so viele andere, denn das war sie bereits gewohnt. Sie wusste, dass sie gut aussah, auch wenn sie sich wenig daraus machte.
    Aber dieser Typ starrte sie ganz ungeniert an. Einmal, als sich ihre Blicke zufällig kreuzten, lächelte er ihr sogar kurz zu.
    Er sah nicht aus wie ein Tourist und auch nicht wie jemand, der an Kulturgeschichte interessiert war. Sein Äußeres – die breiten Schultern, der kahl rasierte Schädel, das etwas eng sitzende Jackett – erinnerte sie eher an einen der Männer, die ihren Vater ständig begleiteten.
    Ein Bodyguard.
    Nur, dass der Mann hier niemanden zu beschützen hatte. Und dass ihn die Ausstellungsstücke nicht sonderlich fesselten.
    War das der Typ, der sie vorhin beobachtet hatte?
    War er ihr bis hierhin gefolgt?
    »Keine voreiligen Schlüsse«, versuchte sie sich zu beruhigen. Vielleicht war er wirklich nur ein dreister Casanova, der sich für unwiderstehlich hielt. Auch davon hatte sie bereits einige kennengelernt.
    Du bist nicht mein Typ
, blitzte sie ihn an, aber das schien ihn nicht zu beeindrucken. Sie kannte diese Typen, die jeden Blickkontakt als Ermutigung betrachteten, egal, wie böse man sie anfunkelte.
    »Und wenn es kein Verehrer ist?«, meldete sich ihre innere Stimme wieder zu Wort. Ihr Magen zog sich zusammen, und sie hatte nur noch einen Gedanken: raus. Sie musste sich zusammenreißen, um normal zur Treppe zu gehen, aber sobald sie die ersten Stufen hinabgestiegen war, lief sie so schnell sie konnte nach unten.
    Über sich hörte sie Schritte. Der Mann folgte ihr!
    Sie riss die Tür auf und stürzte aus dem Museum. Draußen war es bereits dunkel. Unter ihr verschwammen die Dächer der Innenstadt in der Abenddämmerung und die ersten Lampen leuchteten auf. In beiden Richtungen musste irgendwann eine Treppe oder Gasse dorthin führen.
    Rechts oder links?
    Kati lief nach rechts, den spärlich beleuchteten Weg entlang. Es dauerte nur wenige Sekunden, dann hatte sie die erste Ecke umrundet. Allerdings führte der Weg weiter bergauf, ins Dunkle hinein, statt zu den hell erleuchteten Straßen der Innenstadt.
    Hätte sie doch nur die andere Richtung genommen!
    Aber zum Umkehren war es jetzt zu spät.
    »Du bist eine Idiotin«, schimpfte sie mit sich selbst. »Das ist wahrscheinlich nur ein harmloser Besucher, und du läufst wie eine aufgescheuchte Häsin durch die Nacht.«
    Sie versuchte, sich an den Mann im Museum zu erinnern. Hatte er wirklich nur sie im Auge gehabt und nicht doch die Exponate betrachtet? Hatte er sie tatsächlich angestarrt oder hatte sie sich das nur eingebildet? Kati wusste nicht mehr, was sie glauben sollte.
    In dem Augenblick klingelte ihr Telefon.
    In der stillen Gasse kam es ihr so laut vor wie eine heulende Feuerwehrsirene.
    Vor Schreck machte Kati einen Schritt zur Seite, stolperte über einen hochstehenden Stein und wäre beinahe gestürzt. Mit einem unterdrückten Fluch durchwühlte sie ihre Umhängetasche. Wo war das blöde Ding nur?! Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, bis sie das Gerät gefunden hatte. Hektisch fingerte sie daran herum, bis es endlich verstummte.
    Der Mann konnte das nicht überhört haben. Wenn er sie wirklich verfolgte, wusste er jetzt, in welche Richtung sie gelaufen war.
    Jeder Schatten wurde auf einmal zu einer Bedrohung. Hinter einer Mauer knackte es und sie begann wieder zu rennen.
    Vor ihr tauchte ein Lichtschein auf. Dort mussten auch Menschen sein!
    Sie lief weiter, bis sie vor einem großen, müllübersäten Innenhof stand, der von baufälligen Häusern umgeben war. Das Licht war ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher