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Ashes Bd. 1 Brennendes Herz

Ashes Bd. 1 Brennendes Herz

Titel: Ashes Bd. 1 Brennendes Herz
Autoren: Ilsa J. Bick
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nicht auch etwas suchen, um die Leiche zuzudecken? Vielleicht fand sich etwas in seinem Rucksack. »Ich fürchte, dein Opa ist tot.«
    »Nein.« Ellie zog Blut die Nase hoch. Ihre Zähne waren orange, und ihre Jeans hatte einen dunklen feuchten Fleck im Schritt. »Nein, du lügst!«
    »Nein.« Himmel, alles, was sie wollte, war herunter von diesem verrückten Berg und zurück zu ihrem Auto. Was war eigentlich geschehen? Oder – bei diesem Gedanken packte sie die Angst – was, wenn es erneut geschah?
    Ich muss hier weg , dachte sie. Der nasse Kupfergestank von Jacks Blut stieg ihr in die Nase, und jetzt konnte sie auch Ellie riechen – ein stechender Ammoniakgeruch – und wusste, dass sich das Kind in die Hose gemacht hatte. Von Ellies Haut ging ebenfalls ein unangenehmer Geruch aus, wie nach ungeputzten Zähnen. Verschwinde von hier, geh zurück zum Auto und vielleicht kann der Ranger am Eingang …
    Und dann dachte Alex plötzlich: Moment mal … WAS?

6
    S ie wurde absolut still.
    Nein.
    Sie irrte sich. Ganz klar.
    Sie konnte nichts riechen. Das hatte der Tumor weggefressen.
    Aber.
    Aber da war dieses Blut. Sie konnte Jacks Blut riechen. Ellie hatte in die Hose gepinkelt, auch das roch sie. Jetzt, in eben diesem Moment.
    Das war unmöglich. Es musste Einbildung sein, der Schmerz oder der Schock oder … oder sonst etwas.
    Und wenn nicht?
    Sie fürchtete sich beinahe vor einem neuerlichen Versuch. Aber dann wagte sie es doch, sie musste Gewissheit haben. So schrecklich der Moment auch war, sie beugte sich erneut über Jack und atmete tief, langsam und bewusst ein, wobei sie immer noch dachte: Du wirst sehen, es ist eine Halluzination, so ein Phantom-Ding, das das Hirn erzeugt.
    Aber das war es nicht. Sie nahm ihn wieder wahr, diesen Geruch, so konkret, dass er sie beinahe wie eine Feder in der Nase kitzelte. Sie konnte etwas riechen, und zwar … sie überlegte, woran es sie erinnerte … ja, es roch nach nassen Münzen.
    Einen Sekundenbruchteil später leuchtete in ihrem Kopf ein Lämpchen auf, und sie sah plötzlich glasklar ihren kleinen roten Eisenbahnwaggon vor sich, den sie einmal im Regen hatte stehen lassen. Das überraschte sie dermaßen, dass sie regelrecht zusammenzuckte. Dieser Waggon … Wie alt war sie da gewesen? Sechs? Nein, nein, sieben, denn jetzt blitzte eine ganze Reihe von Lichtern in rascher Folge auf, ein wahres Feuerwerk: eine Ziegelsteinterrasse, ein Spalier mit weißen Rosen, träges Bienensummen, und dann ihre Mutter, ihre wunderschöne Mutter, die neben ihrem Dad stand, und ihr Dad sagte: Wir dachten, jetzt, mit sieben Jahren, bist du alt genug, um selbst auf deine Sachen aufzupassen.
    Dad. Alex keuchte auf, sog Luft ein, die in ihren Mund strömte und über ihre Zunge strich. Und dabei nahm sie etwas Säuerliches wahr … und scharf Geröstetes … und Süßes . Kaffee – das war der Geschmack von Kaffee und … und dem Donut. Das, was sie vorhin erbrochen hatte, schmeckte sie jetzt auch. Sie konnte wieder riechen.
    Wahnsinn, dachte sie.
    Dr. Barrett hatte über DAS ENDE gesprochen: der Verlust dieser Funktion, die Einbuße jener Fähigkeit, eventuell die Notwendigkeit einer »Schmerztherapie«, was im Medizinerjargon hieß, dass man zugedröhnt wurde, bis man still ins Jenseits hinüberdriftete.
    Aber nicht einmal das konnte Barrett mit Gewissheit sagen, weil DAS ENDE auch ganz schnell kommen konnte. Der Tumor würde immer größer werden, aber dort oben war ja nur beschränkt Platz. Wenn mehr und mehr Überdruck in diesem begrenzten Raum entstand, würde ihr irgendwann das Gehirn aus dem Schädel quellen wie Zahnpasta aus der Tube. Und dann wäre Feierabend, weil alle lebensnotwendigen Organe – Herz, Lunge – einfach nicht mehr arbeiteten.
    Wohlgemerkt, Barrett konnte keine definitiven Aussagen treffen, weil jeder Mensch anders war. Und er wusste nicht, was sie erwartete, weil er eben noch nie gestorben war. Schön und gut, aber eins wusste sie definitiv: Dass Barrett nämlich niemals davon gesprochen hatte, dass sie etwas zurückbekommen würde, wenn sie es einmal verloren hatte.
    Wie ihren Geruchssinn.
    Und ihren Geschmackssinn.
    Ihren Dad. Ihre Mom.
    Tatsache aber war: Sie roch jetzt Jacks Blut. Die Erinnerung an ihren Eisenbahnwaggon und weiße Rosen und ihre Mutter war zurückgekehrt. Sie hatte die Stimme ihres Vaters wieder im Ohr. Sie schmeckte die herbe Schärfe von Erbrochenem in ihrem Mund, und sie war wach, sie träumte nicht.
    Vielleicht war es das, was die Leute
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