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Ashes Bd. 1 Brennendes Herz

Ashes Bd. 1 Brennendes Herz

Titel: Ashes Bd. 1 Brennendes Herz
Autoren: Ilsa J. Bick
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auf halber Höhe zwischen dem von Vögeln strotzenden Himmel und dem dunklen Schlund des Tals, und Alex musste an fliegende Rentiere denken …
    Aber dann gewann die Realität wieder Oberhand. Die Schwerkraft forderte ihren Tribut.
    Die Hirsche fielen, zogen ihre verhallenden Schreie wie Kometenschweife hinter sich her – und waren verschwunden.

5
    N ur einen Sekundenbruchteil später schaltete plötzlich etwas in ihrem Kopf um, es war ein beinahe physischer Ruck, als würde das, was sie da in seiner Gewalt hatte, plötzlich loslassen. Der Schraubstock, in den ihr Kopf eingezwängt schien, öffnete sich. Sofort begann ihr Magen zu rebellieren, und sie übergab sich auf den Felsen. Selbst als sie sicher war, dass es nichts mehr herauszuwürgen gab, kauerte sie noch erschöpft auf allen vieren, und ein Prickeln wie von tausend Nadeln durchströmte ihre Adern und überlief ihre Haut, als wäre ihr ganzer Körper in Schlaf gefallen und ihr Gehirn begänne gerade alles neu zu sortieren. Ihr Herz pochte. Das Innere ihres Kopfes fühlte sich matschig und zerquetscht an, wie wenn jemand mit einem Löffel kräftig darin umrührte. Sie zitterte, als würde eine allzu gut gemeinte Dosis Chemo durch ihre Venen rauschen. An der rechten Seite ihres Halses triefte etwas Nasses hinab, und als sie mit den Fingern darüberfuhr, waren sie blutig.
    Oh mein Gott. Sie schloss die Augen, um sich gegen die aufwallende Panik zu wappnen, die sich ihren Weg vom Brustkorb in die Kehle bahnte. Ganz ruhig, ganz ruhig …
    »Ooopaaa?«
    Ellie krabbelte auf Händen und Knien aus dem Wald. An ihrer Oberlippe glänzte Blut. »Opaaa?« Ihre Stimme schnappte über und ging in eine höhere Tonlage über: » Opaaaa?«
    »Ellie.« Alex setzte sich auf, doch zu schnell. Die Welt geriet in eine schwindelerregende Schieflage, ihr Magen rebellierte erneut, und sie musste gegen eine weitere Übelkeitsattacke ankämpfen.
    »Wo ist mein …« Ellies Blick wanderte zu einer Stelle hinter Alex, dann weiteten sich ihre Augen, sodass das Weiß um die silbrig-blaue Iris sichtbar wurde. »Opa?«
    Alex folgte dem Blick des Kindes. Jack lag reglos mit dem Gesicht nach unten auf dem felsigen Untergrund, um ihn herum breitete sich wie eine rote Korona eine Blutlache aus.
    »Opa.« Ellie kroch zu ihm, dabei streifte sie mit dem Arm einen toten Vogel. Kreischend zuckte sie zurück, aber eine Masse aus blutigen Federn blieb auf ihrem Handrücken kleben. Angewidert versuchte sie, sie abzuschütteln, während sie keuchte: »Tu was, t-tu doch was …«
    Tun? Was denn? Alex wusste, wie man Herz-Lungen-Wiederbelebung machte, dafür hatte ihre Mutter, eine Ärztin, gesorgt. Aber Jack sah ziemlich tot aus, außerdem war er alt und hatte einen Herzschrittmacher, und Wiederbelebungsversuche bei einem echten Menschen, der gerade Blut erbrochen hatte … Ihr Magen hob sich wieder. Und wenn sie ihn tatsächlich wiederbeleben konnte oder noch einen Pulsschlag fand, was dann? Sie konnte keine Hilfe rufen und war Tagesmärsche von ihrem Auto entfernt.
    Los, reiß dich zusammen. Untersuch ihn und bring es hinter dich.
    Als sie Jack anfasste, bekam sie eine Gänsehaut, und mit Schaudern hörte sie das Glucksen und Schmatzen, als sie ihn auf den Rücken drehte. Eine schmierige Maske aus Blut, noch immer dampfend warm, überzog sein Gesicht. Seine oberen und unteren Schneidezähne waren durch den Aufprall auf den Stein in blutige kantige Stückchen zerbrochen, die aussahen wie Kaugummidragees. Alex nahm allen Mut zusammen und tastete an Jacks Hals nach dem Puls. Sein Blut war klebrig, und sie unterdrückte ein Wimmern. Komm schon, du schaffst das, nicht aufgeben …
    »Tu doch was«, drängte Ellie und schob ihre Hand unter Alex’ Arm. » Bitte. «
    Sie spürte eine Art schnellen Schmetterlingsflügelschlag an den Fingerspitzen und hätte beinahe etwas unglaublich Dummes gesagt, ehe sie gerade noch rechtzeitig merkte, dass das ihr eigener Puls war und nicht der von Jack. Um wirklich sicher zu sein, zwang sie sich, noch ein paar Augenblicke auszuharren, aber sie wusste: Jack war tot. Eigentlich hätte sie traurig sein sollen, aber sie empfand nur Erleichterung darüber, dass sie ihre Hand zurückziehen konnte.
    »Es tut mir leid, Ellie«, sagte sie. Ihre Fingernägel waren schmutzig von gerinnendem Blut, ein noch dunkleres Rot ränderte ihre Nagelbetten, und auf einmal sehnte sie sich nach einer Dusche, einem Bad, irgendwas, um Jacks Blut und dieses gruselige Gefühl abzuwaschen. Sollte sie
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