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Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig
Autoren: Bernard Cornwell
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Unsicherheit bemerkte, grinste triumphierend. »Deine Mutter gehört mir, Sachse«, tönte er, »mir ganz allein, ihr Blut, ihre Seele und ihr Körper gehören mir, und damit gehörst auch du mir, denn du wurdest in Blut und Schmerzen von meinem Körper geboren.«
    Nun deutete er mit seinem Stab auf meine Brust. »Soll ich dich zu ihr bringen, Sachse? Sie weiß, daß du lebst, und ein Marsch von nur zwei Tagen wird dich in ihre Arme führen.« Er lächelte boshaft. »Du bist mein«, rief er abermals, »mein allein! Ich bin deine Mutter und dein Vater, deine Seele und dein Leben. Ich habe den Leib deiner Mutter mit dem Zauber des Einsseins belegt, und nun bist du mein Sohn! Frag sie!«
    Er zeigte mit dem Stab auf Nimue. »Sie kennt den Zauber.«
    Nimue schwieg und starrte finster zu Gundleus hinüber, während ich in die furchtbaren Augen des Druiden blickte. Ich hatte Angst, in den Kreis zu treten, Angst vor seinen Drohungen, dann aber kehrte in einem überwältigenden Ansturm die Erinnerung an jene längst vergangene Nacht zurück, als wäre es erst gestern gewesen. Ich erinnerte mich an die Schreie meiner Mutter, und ich erinnerte mich daran, wie sie die Soldaten angefleht hatte, mich bei ihr zu lassen, und ich erinnerte mich, wie die Speerkämpfer gelacht und sie mit ihren Speerschäften auf den Kopf geschlagen hatten, und ich erinnerte mich an diesen kichernden Druiden mit den Hasen und Monden auf dem Gewand und den Knochen im Haar, und ich erinnerte mich daran, wie er mich hochgehoben und begrapscht und gesagt hatte, welch schönes Opfer ich doch für die Götter sei. An all das erinnerte ich mich, genauso wie ich mich daran erinnerte, hochgehoben zu werden, während ich nach meiner Mutter schrie, die mir nicht helfen konnte, und ich erinnerte mich, daß ich durch die Gasse der Feuer getragen wurde, wo die Krieger tanzten und die Frauen stöhnten, und ich erinnerte mich daran, daß Tanaburs mich hoch über seinen tonsurierten Kopf gehoben hatte, als er an den Rand der Grube trat, die ein schwarzes Loch in der Erde war, umgeben von Feuern, deren Flammen hell genug brannten, um das blutverschmierte Ende des zugespitzten Pfahls zu beleuchten, der aus den Tiefen der runden, dunklen Grube aufragte. Diese Erinnerungen glichen
    Schmerzschlangen, die sich in meine Seele verbissen, denn ich sah noch die blutigen Fleischfetzen vor mir, die an dem feuerbeschienenen Pfahl hingen, und das nur halb begriffene Grauen, das von den zerbrochenen Körpern ausging, die sich in langsamer, furchtbarer Qual wanden, während sie in der blutigen Finsternis der Todesgrube dieses Druiden verendeten. Und ich erinnerte mich daran, daß ich noch immer nach meiner Mutter schrie, als Tanaburs mich zu den Sternen emporhob, um mich seinen Göttern zu opfern. »Für Gofannon«, hatte er gerufen, während meine Mutter schrie, weil sie vergewaltigt wurde, und ich schrie, weil ich wußte, daß
    ich sterben mußte, »für Lleullaw«, rief Tanaburs, »für Cernunnos, für Taranis, für Sucellos, für Bel!« Und bei diesem letzten, ganz großen Namen schleuderte er mich auf den Todespfahl hinab.
    Und fehlte.
    Meine Mutter hatte gräßlich geschrien, und diese Schreie hörte ich noch immer, als ich mir den Weg in Tanaburs'
    Schädelkreis freitrat, und ihre Schreie verschmolzen mit dem Kreischen des Druiden, als ich seinen längst vergangenen Todesschrei wiederholte. »Für Bel!« rief ich.
    Hywelbane fuhr hinab. Und ich fehlte nicht. Hywelbane schnitt durch Tanaburs' Schulter und Rippen, und so stark war der schiere, blutrünstige Zorn in meiner Seele, daß Hywelbane durch seinen mageren Bauch bis tief in seine stinkenden Eingeweide drang, so daß sein Körper auseinanderfiel wie ein verwester Leichnam, und dabei stieß ich ständig den grausigen Schrei eines Kindes aus, das in die Todesgrube geworfen wird.
    Der Schädelkreis füllte sich mit Blut, und meine Augen füllten sich mit Tränen, als ich zu dem König emporblickte, der Rallas Sohn und Mordreds Mutter ermordet hatte, dem König, der Nimue vergewaltigt und ihr das Auge herausgerissen hatte. In der Erinnerung an jenen Schmerz nahm ich Hywelbanes Griff in beide Hände, riß die Klinge aus dem Abschaum zu meinen Füßen und trat über den Leichnam des Druiden hinweg, um Gundleus den Tod zu bringen.
    »Er gehört mir!« rief Nimue mir zu. Sie hatte ihre Augenklappe abgenommen, so daß ihre leere Augenhöhle im
    Flammenschein tückisch und rot leuchtete. Lächelnd schritt sie an mir vorbei. »Du
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