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Artikel 5

Artikel 5

Titel: Artikel 5
Autoren: Kristen Simmons
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Flucht alarmiert hatte, aber dann wurde mir klar, dass er selbst deswegen vermutlich Ärger bekommen würde. Er versuchte, einen Fehler auszubügeln, ehe seine Vorgesetzten erfahren konnten, was passiert war.
    Chase schwieg immer noch, hatte es aber irgendwie geschafft, sich zwischen Tucker und mir aufzubauen.
    »Du siehst so überrascht aus«, sagte Tucker zu ihm. »Hast du ihm nicht erzählt, dass ich hier bin, Ember?« Er benutzte meinen Vornamen nur, um Chase zu reizen. Bis dahin hatte er ihn noch nie ausgesprochen.
    »Sprich nicht mit ihr«, grollte Chase. »Sieh sie gar nicht erst an.«
    »Oder was?«
    »Oder ich bringe zu Ende, was ich angefangen habe, und breche dir auch den anderen Arm.«
    Mein Puls schlug etwas schneller.
    »Du kannst dich kaum auf den Beinen halten«, höhnte Tucker, aber ich erkannte einen vage verunsicherten Schimmer in seinen Augen.
    »Dann wird es ja ein ausgeglichener Kampf.«
    »Wir gehen«, erklärte ich Tucker rundheraus.
    »Den Teufel werdet ihr tun.«
    Mein Blick schoss zur Seite. Chase tat einen Schritt voran in der Absicht, seinen Worten Taten folgen zu lassen. Ich ergriff seinen Arm.
    Tuckers Tonfall wechselte von Vehemenz zu Arroganz.
    »Hast du es ihm schon erzählt? Wie willig du gestern Abend in meinem Büro warst?« Zielstrebig kam er auf uns zu.
    »Da ist nichts passiert.«
    Er grinste. »Hätte ich gewusst, dass du so wild bist, dann hätte ich dich auch aus der Reformschule rausgeholt.«
    »Hau ab«, forderte Chase mich kaum hörbar auf.
    »Keine Chance«, entgegnete ich ergrimmt.
    Tucker kam immer noch näher, und ich wusste, sobald wir ihm den Rücken zuwandten, würde er zu dem Funkgerät an seinem Gürtel greifen und Unterstützung herbeirufen. Das durfte ich nicht zulassen.
    Chase beugte sich angriffsbereit vor. Ehe ich noch einen Schritt tun konnte, riss Tucker den Schlagstock von der Hüfte und stürzte sich auf uns. Chase wollte ihn aufhalten, aber dazu bestand keine Notwendigkeit: Tuckers Vorstoß war schon wieder beendet. Der Schlagstock hing über seiner Schulter, während er wie erstarrt an Ort und Stelle verharrte. Von dem Geschehen überrascht, sah sich Chase zu mir um, und seine Augen weiteten sich minimal, als er die Waffe in meiner Hand erkannte.
    » Du hast meine Waffe geklaut?« Für einen kurzen Moment schien Tucker ernsthaft verwundert zu sein – aber dann kehrte das Maulheldentum zurück. »Jetzt habt ihr euch richtig in die Scheiße geritten.«
    Die Waffe lag leicht wie eine Feder in meiner Hand. Plötzlich fühlte ich mich wie im Rausch. Ich hatte die Waffe auch auf Delilah gerichtet, aber nie in Betracht gezogen, tatsächlich auf sie zu schießen, doch nun dachte ich, wenn Tucker auch nur einen weiteren Schritt täte, würde ich abdrücken.
    »Tucker, bitte, lassen Sie uns gehen.« Mein Ton war eisig.
    »Du bettelst?« Er spuckte aus. »Du hörst dich an wie deine Mutter. Kurz bevor ich sie erschossen habe.«
    Meine Welt blieb stehen.
    Tuckers Worte schnitten sich in mein Hirn. Immer wieder und wieder.
    Kurz bevor ich sie erschossen habe.
    »Sie waren das?«, fragte ich mit schwacher Stimme. Ich hatte angenommen, es wäre der kommandierende Offizier gewesen, aber da hatte ich mich wohl geirrt. Es war Tucker. Darum hatte Chase ihm den Arm gebrochen. Darum war Tucker befördert worden. Ich fühlte mich regelrecht krank.
    Das Blut wollte mir in den Adern gefrieren. Der Mörder meiner Mutter war nicht länger gesichtslos. Ich konnte ihn sehen, wie er gleich hinter Chase die Waffe hob. Konnte sehen, wie er sie erschoss.
    »Ich dachte, das hättest du ihr erzählt«, sagte Tucker zu Chase. Chase schwieg.
    »Sie haben sie umgebracht«, sagte ich leise. Meine Hände zitterten.
    »Ember.« Ich nahm kaum wahr, wie Chase meinen Namen sprach.
    »Wie konnten Sie das tun?« Tucker war ein unvorstellbares Monstrum.
    »Ich bin ein verdammt guter Soldat, und ich habe getan, was getan werden musste.«
    Seine Worte überrollten mich wie ein Güterzug.
    »Was getan werden musste?«, wiederholte ich. Jetzt war der Mord an einer unschuldigen Frau schon eine Notwendigkeit?
    Ich konzentrierte mich auf die Waffe. Dem würde ich zeigen, was wirklich getan werden musste.
    »Als hättest du eine Ahnung, was du damit anfangen sollst«, höhnte Tucker.
    Nach einem kurzen Blick legte ich den Sicherungshebel um.
    »Das ist eine Neun-Millimeter, nicht wahr? Ich ziehe einfach den Schlitten zurück, ziele und feuere.«
    Mir ruhiger Hand beförderte ich die erste Patrone in die
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