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Arno-Linder 1: Papierkrieg

Arno-Linder 1: Papierkrieg

Titel: Arno-Linder 1: Papierkrieg
Autoren: Martin Mucha
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wurde unterhalb Bratislavas an den Donaustrand gespült. Der Zustand des Leichnams war bereits so schlecht, dass sich weder sagen ließ, ob die Verletzungen von Schiffsschrauben oder Schlimmerem herrührten, und schon gar nicht, ob sie post- oder prämortal waren. Sergej Trofimowitschs Leute hatten ganze Arbeit geleistet. Schatow hatte einfach nur aus einem Teil seines Erbes Geld gemacht, um in Wien ein nettes Wochenende zu verbringen. Ein paar Gramm Papyrus, von deren Existenz er nichts ahnte, waren ihm zum Verhängnis geworden. Als er realisierte, was sich in den Rahmen der verkauften Bilder befunden hatte, war er gierig geworden und wollte sein Eigentum zurück. Das war ihm nicht bekommen. Außerdem hatte man in seinem Hotelzimmer den Revolver, mit dem Slupetzky erschossen worden war, gefunden. Damit war dieser Fall für die Polizei geklärt, da sich direkt neben der Waffe Schuldscheine befunden hatten, die von einem drastischen Spielverlust an Slupetzky zeugten. Die angenehme Anordnung der Beweise wurde von den ermittelnden Beamten, überarbeitet und unterbezahlt, nicht in Frage gestellt.
    Das zweite Mal kamen Katze und Fuchs zu mir, weil man Berti entdeckt hatte. In einer kleinen Pension im Burgenland war er tot aufgefunden worden. Mit einer Bierdose in der Linken und einer Marlboro, die sich tief in das Fleisch seiner Finger gebrannt hatte, in der Rechten. Sein weißes Feinripp war blutig, was von einem Schuss in die Herzgegend herrührte. Das Kaliber der Tatwaffe, der benutzte Schalldämpfer und die Zeugenaussagen ließen die Polizei an einen Auftragsmord glauben.
    Die Gespräche waren mir nicht mehr als Last und Bürde. Sobald Katze und Fuchs das Weite gesucht hatten, war ich wieder froh, zu meiner Arbeit zurückkehren zu können. Neben diesen beiden Besuchen gab es nur noch ein erwähnenswertes Ereignis. Freds Beerdigung. Bender hatte mich eingeladen und so fand ich mich am Freitag nach meinem Vortrag am Zentralfriedhof ein. Schwarze Schuhe, schwarzer Anzug, schwarze Krawatte, schwarzer Mantel und weißes Hemd. Etwa 20 Personen beiderlei Geschlechts standen um das leere Grab, ein Priester sprach, ohne dass jemand zugehört hätte, und es nieselte unaufhörlich. Bender stand am Sarg und nahm die Kondolenzen entgegen, er wirkte wie ein Vater, der einen Sohn verloren hat. Nach dem Leichenschmaus nahm er mich kurz zur Seite. »Servus, Kleiner. Ich wollt dir nur sagen, ich werd Schluss machen.«
    »Mit was?«
    »Mit dem Laden und all dem Blödsinn. Es gfreut mich nicht mehr. Meine Freunde sind alle bereits ein Vierteljahrhundert tot, ihre Nachfolger widern mich an und ohne Fred bedeutet es mir nichts mehr. Ich werd meinen Besitz auflösen und irgendwohin in den Süden ziehen.«
    Er zog den schwarzen Handschuh von seiner Rechten und wir schüttelten uns die Hände.
    »Leb wohl, Kleiner.«
    Damit verschwand er aus meinem Leben und ich sah ihn nie wieder.
    Ein paar Wochen nach dem Begräbnis, es war Anfang April, machte ich mich auf, um oben in Grinzing meine ökonomischen Interessen zu vertreten. Aus einer Laune heraus hatte ich meinen Begräbnisanzug an und wirkte mit dem dünnen Schlips fast wie einer der Gangster aus einem Quentin-Tarantino-Film. Nachdem ich geläutet hatte, ging ich den Gartenweg zum Haus. Ivanka öffnete mir die Tür und führte mich ins Arbeitszimmer des Herrn Doktor juris Meyerhöffer.
    Das Zimmer blickte durch zwei große Fenster über das Scheiberbachtal hinaus auf die Stadt. Eine der Wände war unverbaut und mit Bildern geschmückt, die anderen beiden zu Bibliothekswänden hergerichtet. Meyerhöffer stand auf und wir begrüßten uns mit Handschlag. Er wies mir einen Platz an und ich setzte mich.
    »Sie wollen Ihr Honorar einfordern, nehme ich an?«
    »Genau das ist meine Absicht.«
    Er faltete die Hände und presste die Fingerspitzen gegeneinander. »Und warum in aller Welt sollte ich zahlen, können Sie mir das verraten?«
    »Weil wir es ausgemacht hatten.«
    »Sie sind naiv. Und jetzt denke ich, dass unsere Unterhaltung beendet ist.«
    »Nicht so schnell. Das Bild dort, dahinter war das Papyrus versteckt, nicht wahr?«
    Ich wies auf eines der Gemälde, es war genauso, wie in Mihailovics Akten vermerkt. Allerdings war es tatsächlich ein Meisterwerk. Der Maler hatte wirklich nur mit Licht gemalt, man konnte förmlich den schweren Duft der Heublumen in der drückenden Sommerhitze eines ukrainischen Tages riechen. Die Gans stolzierte durch das hohe Gras, mit aller Würde und Freude, die
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