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Argemí, Raúl

Argemí, Raúl

Titel: Argemí, Raúl
Autoren: Chamäleon Cacho
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vertan. Ich hab, was ich Ihnen versprochen habe.«
    »Komm her, komm mal kurz her, wir müssen miteinander reden.«
    Der Polizist stieß ihn sanft, aber entschlossen bis zu dem Wagen ohne Kennzeichen.
    »Du hast dich also in der Straßenecke vertan …«
    »Ja, glauben Sie bloß nicht …«, der Satz erstarb ganz plötzlich, als eine Hand am Seitenfenster auftauchte und ihm so lange die Eier abdrückte, bis ihm der Atem stockte. Als sie losließ, fiel Orlando auf die Knie und japste nach Luft.
    »Hey, wie behandelst du denn unseren Freund?«, meinte der erste Polizist ironisch und zwang ihn, aufzustehen. »Ist schon gut, Orlando. Mach dir nicht ins Hemd, du musst noch arbeiten, und es ist schon spät. Erinnerst du dich noch an das, was ich dir gesagt habe, oder hast du dich da auch vertan?«
    »Nein, ich schwörs bei meiner Frau … ich verticke das Zeug, und um sechs bekommen Sie Ihren Anteil.«
    »Das gefällt mir schon besser. Los, verschwinde … und vergiss nicht, dass diese Wilden hier Eier sammeln und sie dir abschneiden werden, wenn ich ihnen nicht auf die Finger klopfe«, sagte er und stieg unter dem Gelächter der anderen Insassen in den Wagen ein.
    Orlando beschleunigte seinen Schritt und wagte es nicht einmal, sich umzusehen, als der Wagen losfuhr, um einmal um den Block zu fahren.
    »Halt dort an«, der Polizist zeigte auf eine Stelle an der Ecke.
    Die Fassade des alten Lebensmittelladens sah im schwachen Licht der Straße heruntergekommen aus; ein verblasstes Schild über zwei Schaufenstern und dem Eingang, der mit alten Metallrollos verschlossen war. Daneben die hohe Holztür, die zu Cachos Wohnung führte.
    »Er zahlt nicht einen Peso dafür, er hat kein Auto und braucht weniger Geld als eine Ratte in ihrem Loch. Dieser Cacho hat die Kohle irgendwo gebunkert, aber bestimmt nicht auf einer Bank.«
    »Wollen Sie ihn hochnehmen, Chef? Einmal hübsch zugedrückt, und er rückt alles raus«, schlug einer der Schatten auf dem Rücksitz vor.
    »Nein. Noch nicht. Wir schnappen ihn uns erst in ein paar Tagen, wenn der neue Kommissar da ist.«
    »Gute Idee, Chef. Da können wir uns beim Neuen gleich ein paar Lorbeeren verdienen.«
    »Sicher. Am Anfang ist es immer dasselbe. Los, fahren wir …«
    Der Wagen löste sich von der Bordsteinkante und glitt wie ein stummer Schatten die Straße entlang.
    Drinnen im Hof stellte Cacho einen Pflanzenkübel um. In der Hand hielt er einen Salzstreuer, und auf dem Boden befand sich die silberne Spur einer dicken Nacktschnecke, die dahinkroch, ohne zu ahnen, dass sie nicht mehr weit kommen würde. Eine Schnecke ohne Haus, eine Obdachlose, ein armes Ding, das sich auf Eingeweiden durch die Welt schleppte und fraß, so viel es konnte, Schaden anrichtete und unnötig litt.
    »Das nennt man soziales Gewissen«, bemerkte Cacho mit ironischem Unterton.
    Er ging in die Hocke, um sich die Schnecke genau anzuschauen, streute Salz über sie und wartete die Wirkung ab.
    Zuerst schien das Tierchen es gar nicht zu bemerken, bis es sich heftig zu winden begann und immer größere Schaumblasen seinen Körper bedeckten. Das Salz hatte bewirkt, dass der Körper der Nacktschnecke rasend schnell dehydrierte und sie in ihren eigenen Körpersäften sterben würde.
    »Dafür, dass du dich an meinen Pflanzen vergriffen hast«, brummte er, bevor er sich erhob und ins Schlafzimmer ging.
    Die Frau hatte es geschafft, die Nachttischlampe anzuknipsen, doch sie schlief quer auf dem Bett und bei laufendem Radio. In den Mundwinkeln hatte sich weißer Schaum gebildet und die Blasen schienen größer zu werden, wenn der Atem ihrem Mund entwich. Cacho bekam Lust, ihr Salz auf die Lippen zu streuen, doch er wusste, dass er sie damit wecken würde, und wenn sie Streit anfing, müsste er ihr ein paar runterhauen. Es war alles zu vorhersehbar und deshalb reine Zeitverschwendung.
    Er erlaubte sich zumindest den Spaß, ihr ein wenig Salz in den Bauchnabel zu streuen. Er schaltete Radio und Licht aus und legte sich auf das Bett, ohne die rote Dschellaba auszuziehen. Er musste über so vieles nachdenken.
    Von der Stille seines Bettes aus hörte er die Geräusche auf der Straße; Autoreifen, die über den Asphalt rollten, und ein Luftzug, der ein Gemurmel zu ihm herübertrug, das wie dumpfe Befehle klang.
    Streng genommen gab es außer dem Zwischenfall mit Orlando in der Apotheke keinen ernsthaften Grund, sich Sorgen zu machen. Aber der Widerhall der Geräusche, etwas, das in der Luft lag, ein bestimmter Geruch nach
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