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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter
Autoren: Lorentz Iny
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Stellt euch vor, er hat mich weder August Grünfelder noch dessen Gattin vorgestellt. Als ich ihn gefragt habe, ob wir die beiden nicht einmal zu uns einladen sollten, meinte er, es wäre unhöflich, der Frau seines Vorgesetzten eine Einladung zu schicken, bevor diese mich eingeladen habe. Und das hat Juliane Grünfelder bislang unterlassen, obwohl Fridolin in ihrem Haus ein und aus geht. Es scheint mir, als wolle die Dame mich gar nicht kennenlernen.«
    Dieser Bericht gab den Gastgebern einen tiefen Einblick in Lores verwundete Seele. Während Mary noch nach Worten des Trostes suchte, schlug Konrad mit der Faust auf die Lehne seines Stuhls. »Das hätte ich von Fridolin nicht erwartet. In Bremen war er ganz anders! Wahrscheinlich hatte er dort Angst, Thomas Simmern zu verärgern. Und hier zeigt er nun unverhohlen die Seiten seines Charakters, die er dort geschickt zu verbergen wusste.«
    »Du meinst, er wird sich weiterhin so benehmen?« Lore erschrak, und Hilflosigkeit erfasste sie. Gleichzeitig wuchs ihr Wille, sich nicht brechen zu lassen wie einen dünnen Zweig.
    »Für dich hoffe ich, dass Fridolin bald wieder der Alte wird!« Konrads Worten fehlte es jedoch an Nachdruck.
    Mary ergriff Lores Hände und drückte sie fest an ihren Busen. »Ich wünsche dir alles Gute und bete, dass du und Fridolin weiterhin in Liebe zusammenleben könnt. Doch wenn es zum Äußersten kommen sollte, dann zieh zu uns. Wir kümmern uns um dich.«
    »Ich danke euch von Herzen!« Lore umarmte erst Mary und danach Konrad. Schon fühlte sie sich besser. Auch wenn sie hoffte, Fridolin würde wieder zu dem Mann, den sie einmal geliebt hatte, so war sie doch froh, einen Ort zu wissen, an dem sie stets willkommen war.

IV.
    E twa zu der Zeit, als Konrad Lore nach Hause brachte, hob August Grünfelder in seiner prachtvollen Villa die Tafel auf. Seine Damen verabschiedeten sich mit einem Knicks, um sich zur Nachtruhe zu begeben, und die meisten Gäste verließen das Haus. Die übrigen führte Grünfelder in den Rauchsalon. Ein Diener stand bereit, Cognac und Wein einzuschenken, und auf dem Tisch warteten Kisten mit teuren Zigarren auf ihre Bestimmung.
    Von Campe und von Trepkow, die in ihren Börsen meist den Boden sehen konnten, griffen sofort zu. Ersterer ließ sogar eine weitere Zigarre in seinem Ärmel verschwinden, während er sich die andere an der Kerze anzündete, die für diesen Zweck auf dem Tisch stand.
    »Ein gutes Kraut, Grünfelder, wohl aus Kuba«, wandte er sich anschließend forsch an seinen Gastgeber.
    Dieser schüttelte lächelnd den Kopf. »Der Tabak stammt aus Virginia in den Vereinigten Staaten.«
    »Auf alle Fälle ist er ausgezeichnet«, erklärte von Trepkow, um keinen Schritt Boden an seinen Konkurrenten zu verlieren.
    »Ich nehme stets nur das Beste, ob dies nun Zigarren, Getränke oder Speisen sind. Bei Letzterem gibt allerdings meine Juliane den Ton an, und das wohl nicht schlecht, oder sind Sie anderer Meinung, meine Herren?«
    »Ganz und gar nicht«, beeilte sich von Campe ihm zu versichern.
    Auch von Trepkow nickte eifrig. »Ihre Gastmähler sind die besten in der ganzen Stadt, Herr Grünfelder.«
    Obwohl der Bankier als Geschäftsmann die Menschen zu durchschauen vermochte, die zu ihm kamen, war er in seinem Privatleben plumpen Schmeicheleien zugänglich. Daher nickte er dem Leutnant freundlich zu, bevor er sich an Fridolin wandte: »Und was sagen Sie dazu, Herr von Trettin?«
    Fridolin zögerte mit seiner Antwort, denn Grünfelder kaufte in seinen Augen zu sehr nach Preis als nach Geschmack. Schließlich zuckte er mit den Schultern. »Ich bedauere, kein Urteil über die Zigarren abgeben zu können, da ich nicht rauche. Was den Cognac angeht, so gehört er sicher zu den besseren Sorten.«
    »Sie rauchen nicht, Trettin? Was sind Sie nur für ein Mann?«, begann von Campe wieder zu sticheln.
    Grünfelder aber blickte Fridolin durchdringend an, denn er hatte in dessen Tonfall eine leichte Kritik herausgehört und fragte sich, was dem jungen Mann an seinem Cognac missfallen mochte. Darauf würde er zurückkommen, wenn sie unter sich waren. Nun aber wiederholte er von Campes Frage, weshalb Fridolin sich den Genuss einer guten Zigarre versagte.
    Fridolin hätte ihm sagen können, dass er als junger Mann nicht das Geld besessen hatte, um sich die guten Sorten leisten zu können, und später hatte ihm das Rauchen kein Vergnügen mehr bereitet. Da dies aber weder von Campe noch Grünfelder etwas anging, zuckte er mit
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