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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter
Autoren: Lorentz Iny
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den Achseln. »Sagen wir, es reizt mich nicht.«
    »Sind Ihnen Zigarren zu stark, Trettin? Haben wohl Angst, es könnte in die Hose gehen?«
    Fridolin parierte von Campes Provokation mit großer Gelassenheit. »Das kennen Sie wohl aus eigener Erfahrung?«
    »Diese Beleidigung lasse ich nicht auf mir sitzen«, schäumte der Rittmeister und griff zum Säbel. Doch sein Nachbar legte ihm beruhigend die Hand auf den Unterarm.
    »Sie haben Trettin heute schon ein paarmal gereizt, Campe. Deshalb müssen Sie seine Antwort jetzt schlucken. Wenn Sie ihn zum Duell fordern, sehen Sie sich hinterher an die Memel oder in ein Kaff jenseits von Posen versetzt.«
    Von Campes Kiefer mahlten. Duelle fanden zwar immer wieder statt, und nur selten erhielten die Teilnehmer die darauf stehenden Strafen. Doch wenn er als Offizier einen Zivilisten forderte, müsste er dafür einen besseren Grund angeben können als eine beiläufige Bemerkung, die als Witz abgetan werden konnte. Mühsam löste er seine Hand vom Säbelgriff und zwang seinen Lippen ein Lächeln auf.
    »Sie haben recht, Trettin. War ein kleiner Steppke, als mein Vater mich an seiner Zigarre ziehen ließ. Ging grandios in die Hose. Habe mich aber im Gegensatz zu Ihnen nicht davon abhalten lassen, später mit Genuss Zigarren zu rauchen!« Für sein Gefühl hatte van Campe damit Fridolin erneut eins ausgewischt und sich gleichzeitig als Mann präsentiert, der einen Scherz vertragen konnte.
    Da Fridolin keinen Streit mit dem angetrunkenen Rittmeister wollte, ging er nicht darauf ein, sondern begann, über die Güte mehrerer Cognacsorten zu sprechen. »Es muss aber jeder selbst entscheiden, welcher ihm am besten schmeckt«, setzte er hinzu, damit Grünfelder es nicht als Kritik auffassen konnte.
    Der Bankier nickte scheinbar gleichmütig, beschloss aber, die Sorten zu kaufen, die Fridolin eben gelobt hatte, zumal einige der Gäste ihrem Mienenspiel zufolge der gleichen Meinung waren.
    Nach diesem ersten, leicht gereizten Wortwechsel wurde die Unterhaltung harmonisch. Die Herren tranken Cognac und rauchten ihre Zigarren, während die Zeiger der großen Standuhr langsam auf vierundzwanzig Uhr vorrückten. Nachdem der Stundenschlag verklungen war, brachen die meisten auf. Auch von Campe und von Trepkow verabschiedeten sich aufgrund des genossenen Alkohols ein wenig nuschelnd und versicherten Grünfelder, wie herrlich der Abend in seinem Haus gewesen sei. Nach ihnen wollte auch Fridolin aufbrechen, doch der Hausherr hielt ihn auf.
    »Mein lieber Herr von Trettin, bitte bleiben Sie noch. Ich muss mit Ihnen über eine wichtige Sache reden.«
    »Gerne«, antwortete Fridolin und setzte nur in Gedanken ein »Hat das nicht bis morgen Zeit?« hinzu. Nun würde er noch später als sonst nach Hause kommen und Lore am nächsten Morgen enttäuscht und zornig antreffen. Im nächsten Moment straffte er sich. Er war ihr Mann, und es war ihre Pflicht, sich ihm unterzuordnen. Immerhin bot Grünfelder ihm die unerwartete Gelegenheit, als Geschäftspartner in die Bank einzusteigen. Das ermöglichte ihm einen enormen gesellschaftlichen Aufstieg, der auch seine Frau einschloss. Daher durfte er sich von Lores Launen nicht beeinflussen lassen, zumal nicht nur von Campe sie auch heute wieder als ›Flickschneiderin‹ verspottet hatte.
    Er unterdrückte einen Seufzer und setzte sich wieder. Mit zufriedener Miene schickte sein Gastgeber den Diener weg und schenkte ihm eigenhändig ein. »Es handelt sich um eine, nun ja … sehr vertrauliche Angelegenheit«, begann er.
    »Will jemand aus besseren Kreisen Geld, ohne dass etwas davon an die Öffentlichkeit dringen darf?«
    Grünfelder lachte nervös. »Nein, es geht um etwas ganz Privates. Sie sind doch ein Herr von Welt und wissen, dass ein Mann gelegentlich eine kleine Entspannung braucht, von der die Dame des Hauses nichts wissen sollte.«
    Von dieser Seite kannte Fridolin seinen Vorgesetzten noch nicht. Daher fragte er sich im ersten Moment, ob er sich verhört hätte. Doch Grünfelder berichtete ihm so leise, als könne seine Frau ihn vom Schlafzimmer aus hören, dass er letztens von einem passablen Etablissement gehört habe, in dem es ebenso schöne wie willige Frauen gäbe.
    »Sie dürfen nicht schlecht von mir denken, Herr von Trettin. Nie bin ich meinem Weib untreu gewesen. Aber ein klein wenig Vergnügen dieser Art werde ich mir wohl gönnen dürfen. Wenn Sie so gut sein würden, mich zu begleiten. Es ist …«
    Fridolin hatte Mühe, nicht hell
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