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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter
Autoren: Lorentz Iny
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der Mädchen aussuchen?«, fragte sie ihn.
    »Mein Begleiter freut sich auf die Gesellschaft einer jungen Frau. Ich hingegen habe nichts gegen einen Cognac in deinem Büro einzuwenden.«
    »Vor allem, wenn es dort ein weiches Kanapee gibt, nicht wahr, Trettin?« Der Industrielle Rendlinger lachte, doch war der Neid in seiner Stimme nicht zu überhören. Wie etliche andere Gäste des
Le Plaisir
hätte er nichts gegen eine amüsante Stunde mit Hede einzuwenden gehabt.
    Diese bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick. »In meinem Büro gibt es kein Sofa, Herr Rendlinger.«
    Dann fasste sie Fridolin unter und führte ihn zu einer mit Stofftapete verkleideten Tür, die vom Salon aus kaum auffiel. Bevor sie sie öffnete, gab sie einem der Mädchen den Wink, sich um Grünfelder zu kümmern.

VI.
    W as für eine Überraschung, dich wiederzusehen! Wie ist es dir denn in den letzten Jahren ergangen?«, fragte Hede, nachdem sie zwei Gläser mit Cognac gefüllt hatte.
    Dann fiel ihr wieder ein, weshalb er Berlin verlassen hatte. »Hast du deine Verwandte damals gefunden?«
    »Nicht nur das«, antwortete Fridolin trocken. »Ich habe sie mittlerweile auch geheiratet!«
    »Du bist verheiratet?« Hede fing an zu lachen, entschuldigte sich aber sofort. »Ich dachte, du wolltest dir eine reiche Erbin angeln.«
    Fridolin ging nicht darauf ein, sondern berichtete kurz, wie er Lore in London gefunden hatte. »Dorothea Simmern, die Ehefrau eines reichen Bremer Reeders, hat schließlich unsere Ehe gestiftet, und deren Gatte gab mir die Möglichkeit, einen repräsentativen Posten beim Norddeutschen Lloyd einzunehmen. Mittlerweile bin ich Vizedirektor der Privatbank Grünfelder.«
    »Grünfelder – ist das der Blauwald im Clubbuch?«, fragte Hede spöttisch.
    »Genauso wie ich von Tanne bin!« Fridolin lachte kurz und trank einen Schluck. »Dein Cognac ist ausgezeichnet. Ich glaube, ich sollte Grünfelder diese Marke empfehlen.«
    Hede schüttelte immer noch den Kopf. »Vizedirektor einer Bank? Ich fasse es nicht! Wer hätte gedacht, dass du einmal ein so hohes Tier werden würdest. Damals warst du froh, wenn du genug Geld zusammenkratzen konntest, um die Miete für ein armseliges Dachstübchen zahlen zu können.«
    »Ich hatte mehr Glück als Verstand.«
    »Stell dein Licht nicht unter den Scheffel«, tadelte Hede ihn. »Auf alle Fälle freue ich mich, dich zu sehen – oder muss ich jetzt Sie zu dir sagen?«
    »Untersteh dich!«, antwortete Fridolin lachend. »Sag, wie ist es dir ergangen? Dein Bordell wirkt vornehmer, als ich es in Erinnerung habe.«
    »Dies ist nun ein Club. Mit diesem Kunstgriff halten wir uns die Beamten der Sittlichkeitsbehörden vom Hals, denen die Bordelle ein Dorn im Auge sind. Da bei mir nur bessere Herren verkehren, lassen sie uns meist in Ruhe. Allerdings ist es ein Tanz auf Messers Schneide. Wenn ein höherer Beamter einen Pik auf mich hat, sehe ich mich wie eine gemeine Kupplerin vor Gericht wieder, und mein gesamter Besitz wird beschlagnahmt. Da fällt mir etwas ein. Vielleicht kannst du mir helfen – so wie früher!«
    »Wobei?«
    »Beim Geld! Es ist für eine Frau meines Gewerbes nicht einfach, zu einer Bank zu gehen. Man hat mich schon einmal betrogen! Zeige du mal als Puffmutter einen hochgeachteten Bankdirektor an. Da siehst du dich schneller im Zuchthaus wieder, als du A sagen kannst.«
    »Da du dich noch in Freiheit befindest, hast du diesen Bankier also nicht verklagt.«
    »Ich habe es nicht gewagt. Natürlich habe ich eine fürchterliche Wut auf den Kerl, aber davon kann ich mir nichts kaufen. Jetzt habe ich wieder Geld gespart, und das würde ich ungern im Sparstrumpf unter meinem Kissen liegen lassen. Vielleicht könntest du es für mich anlegen. Du weißt, ich vertraue dir!«
    »Auch wenn ich jetzt selbst so ein Bankmensch bin?« Fridolin klang amüsiert, aber auch ein wenig geschmeichelt. Um ihrer alten Freundschaft willen wollte er Hede diesen Gefallen erweisen und fragte sie nach der Summe, die sie ihm anvertrauen wollte.
    Als sie ihm den Betrag nannte, stieß er die Luft aus den Lungen. »Das ist aber eine ganze Menge!«
    »Das
Le Plaisir
ist ein vornehmer Club, und ich verdiene gut«, antwortete Hede selbstzufrieden.
    Fridolin überlegte kurz. Die Summe, die er für Hede anlegen sollte, war kaum geringer als der gesamte Besitz seiner Frau. Es juckte ihn in den Fingern, es zu nehmen und sich damit bei Grünfelders Bank einzukaufen. Warum sollte ich es nicht tun?, fragte er sich. Hede
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