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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter
Autoren: Lorentz Iny
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darstellen konnte.
    Von Campes Worte machten Fridolin betroffen. Tatsächlich hatte Grünfelder bis jetzt ausdrücklich nur ihn zu sich gebeten und diese Einladung nie auf Lore ausgedehnt. Sie einfach mitzubringen, hatte er nicht gewagt, um seine Stellung in der Bank nicht durch einen gesellschaftlichen Fauxpas zu gefährden. Da der Bankier oft genug erklärt hatte, wie froh er sei, ihn als Geschäftspartner zu gewinnen, wünschte Fridolin sich, Grünfelders Frau und Tochter würden endlich Lores Gesellschaft suchen. Spätestens dann, dessen war er gewiss, würde seine Frau einsehen, wie wichtig es für ihn war, Anteilseigner des Bankhauses zu werden. Bisher hatte sie hier in Berlin nur ihre Freundin Mary als Gesprächspartnerin, und die war nicht nur eine einfache Schneiderin, sondern stammte auch noch aus der englischen Unterschicht.
    »Schämen Sie sich vielleicht, Ihre Frau mitzubringen, Trettin? Sie soll ja, so heißt es, nicht von Adel sein, sondern die Tochter eines schlecht bezahlten Dorfschullehrers aus Ostpreußen.« Leutnant von Trepkow stieß mit Wonne in das gleiche Horn wie von Campe.
    Dieser klatschte innerlich Beifall. Sein Konkurrent kratzte nicht nur an Fridolins Ansehen, sondern erinnerte zudem Grünfelders Tochter daran, dass auch sie bürgerlicher Herkunft war und für einen Friedrich von Trepkow daher nicht gut genug.
    Fridolin fragte sich, wie er die freche Bemerkung des Leutnants zurückzahlen könnte. Wäre er Offizier gewesen, hätte er ihn wohl zum Duell gefordert, doch als Repräsentant des Bankhauses Grünfelder durfte er sich einen Zweikampf nur dann erlauben, wenn dieser unvermeidbar war.
    »Mein lieber Trepkow, ich sehe, Sie sind schlecht informiert. Meine Gattin ist die Enkelin meines Onkels, des Freiherrn Wolfhard Nikolaus von Trettin auf Trettin!« Fridolin machte aus seinem Stolz keinen Hehl. Immerhin zählten die Trettins zu den ältesten Geschlechtern Ostpreußens, während Trepkows Ahne noch als bürgerlicher Unteroffizier in der Armee Friedrichs des Großen gedient und erst dessen Enkel sich auf den Schlachtfeldern von Ligny und Waterloo das »von« im Namen verdient hatte.
    Dies wusste auch Hasso von Campe, und er beschloss, August Grünfelder darauf anzusprechen. Gleichzeitig würde er seinen altadeligen Stammbaum herausstreichen, um diesen zu beeindrucken. Unwillkürlich dachte er an das, was er von seinem ehemaligen Vorgesetzten von Palkow Interessantes über Fridolins Ehefrau erfahren hatte. Diese sollte in jungen Jahren tatsächlich ihren Lebensunterhalt mit Flickschneiderei bestritten haben. Auf die adelige Herkunft, die ihr Ehemann so betonte, gab er nicht viel. Frauen, die sich in bürgerliche Schullehrer verliebten und diese heirateten, hatten in seinen Augen den Anspruch darauf verloren, als Damen von Stand behandelt zu werden, und deren Töchter ebenso.
    Von Trepkow war Lores Herkunft jedoch unbekannt, und er kaute auf Fridolins Antwort herum. Bevor ihm eine entsprechende Entgegnung eingefallen war, bat August Grünfelder seine Gäste zu Tisch. Die Tafel war reich geschmückt und die Speisen waren erlesen. Doch gerade aus diesem Grund rümpften einige die Nase, weil der Gastgeber einen viel zu üppigen Aufwand betreibe.
    »Grünfelder protzt mal wieder«, raunte von Trepkow einem Kameraden zu, der als verheirateter Mann keine Konkurrenz für ihn darstellte.
    Fridolin hörte es und beschloss, mit dem Bankier darüber zu sprechen. Die überladene Tafel und das nur aus Spezialitäten bestehende Mahl unterstrichen zu stark, dass die Grünfelders zu den Neureichen zählten. Außerdem würde er mit Grünfelder über Lore sprechen und einfließen lassen, dass es für sie ebenso wie für ihn kränkend war, nicht zu diesen Gastlichkeiten eingeladen zu werden.

III.
    E igentlich hatte Lore an diesem Abend noch ein wenig nähen wollen, fühlte sich aber nach dem Streit mit ihrem Mann nicht mehr dazu in der Lage. Nachdem Fridolin gegangen war, gab sie den drei Dienstboten frei und wollte selbst ohne Abendessen ins Bett gehen. Doch als sie ihr Hauskleid ablegte, überlegte sie es sich anders. Sie benötigte dringend einen Menschen, dem sie ihr Herz ausschütten konnte, sonst würde sie die ganze Nacht wach liegen und über den Zwist mit ihrem Mann nachsinnen.
    Nun erwies es sich als Fehler, die Dienstmädchen weggeschickt zu haben, denn Jutta, die auch als Köchin diente, half ihr sonst beim Ankleiden. Sie musste eine Weile suchen, bis sie ein geeignetes Kleid zum Ausgehen fand,
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