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Apocalyptica

Apocalyptica

Titel: Apocalyptica
Autoren: Oliver Graute
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Schnauben entwich dem wahren mächtigsten Mann Europas – der Welt.
    Geschwindigkeit machte ihm dieser Tage am meisten zu schaffen. Vermutlich war das der Preis, den es zu zahlen galt, wenn man seit über fünfhundert Jahren auf der Erde weilte. Immer wieder ertappte er sich dabei, wie Entwicklungen ihn einholten und ihm zu wenig Zeit blieb, alle Informationen von allen Seiten zu beleuchten, so dass er eine weise Entscheidung treffen konnte. Als die Urieliten sich immer weiter von den Dogmen der Angeliten entfernten, hatte er es für eine gute Idee gehalten, erst einmal die Samaeliten loszuwerden, indem er sie mit diesem Problem betraute. Doch statt daraus mehr innere Stärke, richtungsweisende Inhalte und Eingliederung zu gewinnen, lag Iberia in einem Bürgerkrieg verstrickt, von dem als einzige Fraktionen die Schrottbarone, die Erzfeinde der Angeliten, und die Jünger des Morgensterns profitierten. In der direkten Folge hatte der Kult der Jünger des Morgensterns blitzschnell an Einfluss gewonnen und so eine Kettenreaktion ausgelöst. Das Volk rebellierte, und der Erfolg ihrer Säuberungsaktion, um das Erscheinen eines neuen Abgottes zu verhindern, durfte wohl mit Fug und Recht als fragwürdig bewertet werden. Nürnberg hatte die Tore geschlossen, und die einzigen Botschaften, die seit Jahren aus dieser Richtung kamen, waren die geschlagener und aufgeriebener Truppenkontingente, denen Em Susat gehörig den Arsch versohlt hatte, wenn sie sich auch nur in der Nähe der gabrielitischen Hauptstadt aufhielten. Fast alle Gabrieliten waren dem Ruf ihres Oberhauptes gefolgt. Die, die bei ihren Scharen geblieben waren, konnten wohl damit rechnen, in ihrer Ordensfeste als vogelfrei zu gelten. Als sei das noch nicht genug der Komplikationen, hatten sich die Samaeliten bereiterklärt, die Plätze ihres Bruderordens einzunehmen, um nicht alles ins Chaos stürzen zu lassen. Die Folge dieser Entscheidung waren interne Grabenkämpfe zwischen Michaeliten und Samaeliten um Führungsstile und moralische Grundsätze innerhalb der Scharen.
    Man konnte also von einer ernsten Krise sprechen. Aufgrund dessen traf zu Gemmingen die Botschaft seines Sekretärs auch nicht so hart, wie dieser erwartet hatte. Die Angriffe des dämonischen Gezüchts des Herrn der Fliegen waren in den vergangenen Monaten immer weiter zurückgegangen, was in der turbulenten Zeit nach dem Erlöschen der Fegefeuer, als eine Katastrophe die andere jagte, für Hoffnung und Entspannung gesorgt hatte. Doch fünfhundert Jahre irdischen Lebens hatten zu Gemmingen gezeigt, dass es selten besser wurde. Was ihm viel mehr Sorge bereitete, war der Umstand, dass sich sein Lügengerüst gegen ihn zu richten begann.
    Sollte die Apocalypse, die sie ersonnen hatten, die Endschlacht zwischen Gut und Böse, am Ende Wirklichkeit werden? Hatten Nullos Phantasmagorien in der Angelitica am Ende doch prophetische Qualitäten – und warum sammelte sich die Traumsaat ausgerechnet an der Südküste Iberias? Für die Kirche war dieser Ort so uninteressant, wie er nur sein konnte. Hatte die Urbanis-Liga am Ende ihre Aufmerksamkeit erregt? Paktierten die Jünger des Morgensterns mit dem Herrn der Fliegen, um gemeinsam der Angelitischen Kirche den Todesstoß zu versetzen? Soweit Johannes zu Gemmingen wusste, standen Isabella von Cordova und die Jünger einander sehr nahe. Cordova lag an der Südküste Iberias. Die Verbindung lag auf der Hand. Einerlei. Wenn es ihm gelingen sollte, die Orden noch einmal zu einen, dann sicher unter dem Banner der finalen Schlacht. Eine andere Möglichkeit sah er nicht. Susat wäre lieber gestorben, als sich mit dem Rat der Orden und dem Konsistorium zusammenzusetzen, das hatte sie unmissverständlich klar gemacht. Zu Gemmingen kannte die Em nur zu gut, um sagen zu können, dass sie es ernst meinte.
    Blieben also nur die Abs Brindisi, Doron und Arbogast. Letzterer stellte ein Problem dar. Nachdem Midael ihn fast fünf Jahre zuvor in Æterna festgesetzt und man ihn auf Geheiß zu Gemmingens wieder freigelassen hatte, hatte das Oberhaupt der Ramieliten sich in seinen Turm in Prag zurückgezogen wie ein geprügelter Hund. Seither war die Kommunikation zwischen der Ewigen Stadt und Prag getrübt. Schlimmer noch, sie war nicht vorhanden. Der Konsistorialkardinal war ziemlich sicher, dass Arbogast in keinerlei Kooperative mit den Samaeliten einwilligen würde. Ergo war es schwierig, ihn als ernsthaften Verbündeten zu werten. Abgesehen davon und bei allem Wohlwollen
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