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Anwältin der Engel

Titel: Anwältin der Engel
Autoren: Mary Stanton
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reden kann, Bree.«
    Bree verzog das Gesicht.
    »Und außerdem ist das doch eine ziemliche Herausforderung, nicht wahr? Es wird sicher nicht ganz einfach sein, dieses kleine Mädchen sympathisch wirken zu lassen.« Bree holte tief Luft. Cissy hob die Hände und rief: »Sorry, sorry, sorry! Du hast jetzt genau den Gesichtsausdruck, den deine Mutter immer bekommt, wenn sie mir eine Standpauke über überprivilegierte Leute halten will. Wofür sie dich, mich und jeden anderen hält, der auch nur über den kleinsten Treuhandfonds verfügt.«
    »Aber wir sind doch auch überprivilegiert«, entgegnete Bree. »Du, ich, Mama und auch Antonia.« Sie dachte kurz nach. »Nein, auf Antonia trifft das eigentlich nicht zu.« Ihre kleine Schwester wohnte bei ihr und musste mit dem entsetzlich dürftigen Lohn auskommen, den sie als Bühneninspizientin des städtischen Theaters erhielt. Irgendwie schaffte sie es aber trotzdem immer, ihre Hälfte der Lebenshaltungskosten zu bezahlen und sogar noch ihren Schauspiel- und Gesangsunterricht zu finanzieren.
    »Deshalb solltest du diesen Fall übernehmen«, erwiderte Cissy. »Das hätte ich dir gleich zu Anfang sagen müssen. Was ich damit meine , Bree, ist, dass dieses Mädchen deine Hilfe braucht.«
    Bree stupste ihren Hund mit dem Fuß an. Es gab Situationen, da war dieser Hund mehr als nur ein Hund für sie. »Was meinst du denn, Sascha?«
    Dieser hob den Kopf und schob seine Schnauze in ihre Hand. Bree sah ihm in die bernsteinfarbenen Augen. Er hechelte mit heraushängender Zunge und verzog dieLippen zu einem fröhlichen Grinsen. Da sie ihn unverwandt fixierte, wandte er den Blick ab. Dann sah er sie wieder an und bellte. Auf eine Weise, die zu besagen schien: Warte erst mal ab!
    »Das ist ein ziemlich großer Hund für dieses Haus«, stellte Cissy fest, deren Aufmerksamkeit vorübergehend abgelenkt war. »Haben die anderen Eigentümer da nicht gemosert? Ich dachte, die Bestimmungen untersagen Haustiere, die über vierzig Pfund wiegen.«
    Sascha hatte eine Schulterhöhe von fast achtzig Zentimetern und war über hundertzwanzig Pfund schwer. Seine breite Brust und sein kräftiges Hinterteil hatte er den Doggen unter seinen Vorfahren zu verdanken. Seine sanfte Wesensart und sein goldgelbes Fell wiesen ihn dagegen als Retriever aus. »Bis jetzt hat noch niemand was bemerkt«, sagte Bree. Und höchstwahrscheinlich würde das auch so bleiben. Der Hund hatte die einzigartige Eigenschaft, sich, sofern erforderlich, sozusagen unsichtbar machen zu können. Das war regelrecht … engelhaft. »Was jetzt aber diesen Fall angeht … «, sie rieb sich die Nase, » … nun, ich glaube, ich lass das lieber. Das Ganze hört sich so an, als bräuchte das Mädchen eher einen Seelenklempner als einen Rechtsanwalt.«
    »Dein Daddy hat doch keine Tochter erzogen, die dumm genug wäre, einen Auftrag von den Chandlers abzulehnen.« Mit wissender Miene hängte sich Cissy ihre Handtasche über die Schulter. »Kommst du nun mit nach Tybee Island oder nicht?« Sie zog die Augenbrauen zusammen. Da sie eine Anhängerin von Botox war, schlug ihre Stirn nie Falten. »Wenn du keine Zeit hast, diesem kleinen Mädchen zu helfen, Bree, dann musst dusie dir eben nehmen. Vermutlich bist du heute Nachmittag schon ausgebucht, oder?« Cissys Stolz auf den Erfolg ihrer berufstätigen Nichte war geradezu rührend.
    Bree brauchte gar nicht erst in ihrem Terminkalender nachzusehen. Sie wusste auch so, dass an diesem Nachmittag deprimierenderweise keinerlei Termine mit Klienten anstanden. Außerdem kannte sie ihre Tante Cissy, die so unaufhaltsam wie ein Bulldozer sein konnte. Seufzend breitete sie die Arme aus. »Okay. Überredet. Aber statt unangekündigt dort aufzukreuzen, würde ich lieber einen Termin ausmachen.« Sie holte das Handy heraus und sah ihre Tante an. »Ich will ja nicht unhöflich sein, Tante Cissy, aber es wäre wirklich besser für uns beide, wenn du nicht mitkämst.«
    Erstaunlicherweise nickte Cissy zustimmend. »Wäre peinlich für alle Beteiligten, wenn Carrie-Alice sich dann doch nicht entschließen könnte, dich anzuheuern.« Sie beugte sich nach unten und gab Bree einen Kuss auf die Wange. »Danke, Schätzchen. Dann werd ich mal. Sehen wir uns dieses Wochenende auf Plessey?«
    »Auf Plessey?« Das Anwesen der Familie lag in North Carolina, eine gut sechsstündige Autofahrt von Savannah entfernt. Zwar liebte Bree ihre Familie, aber einer der Gründe, warum sie sich in Savannah niedergelassen hatte,
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