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Anwältin der Engel

Titel: Anwältin der Engel
Autoren: Mary Stanton
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gemütlicher.«
    Mit hier war das Reihenhaus der Familie gemeint, das am Savannah lag. Es stand am Ende einer Reihe von restaurierten Backsteingebäuden oberhalb des River Walk, der mit Kopfsteinen gepflastert war. Bree liebte die Lage dieses Hauses. Sie brauchte bloß die Treppe mit dem schmiedeeisernen Geländer hinunterzugehen, und schon war sie bei den jahrhundertealten Hafenanlagen, wo sich auch ihre Lieblingsgeschäfte befanden.
    »Ich kann mir kaum vorstellen, dass du Carrie-Alice lieber in der Küche statt in einem netten, professionell wirkenden Büro empfangen möchtest«, maulte Cissy und schüttelte den Kopf. »Na ja, aber ich denke, du könntest auch einfach mal zu Carrie-Alices Haus auf Tybee Island rausfahren.« Sie streckte die Hand aus, zog Brees Notizblock zu sich heran und schrieb eine Adresse sowie eine Telefonnummer auf. »Wär vielleicht am besten, wenn du mir einfach hinterherfährst. Ich hab am späten Nachmittag eine Massage im Health Center dort.«
    Bree brauchte zwar neue Klienten, war aber nicht sonderlich scharf darauf, ein Mädchen zu vertreten, das ganz offensichtlich eine achtjährige Pfadfinderin beklaut hatte. »Sicher ist der Familienanwalt bestens in der Lage, mit einer solchen Sache fertig zu werden. Wenn nicht, dann kann ich Carrie-Alice einen Rechtsanwalt empfehlen, der sich mit Strafrecht besser auskennt als ich. Ich bin aber gern bereit, Carrie-Alice das selbst zu sagen. Wie ist denn der Familienname, Tante Cissy?«
    »Chandler.«
    Na, das war ja interessant. »Chandler … wie Probert Chandler, der Drugstore-König?«
    »Dem Marlowe’s gehörte, genau. Die Leute haben natürlich Geld wie Heu, was noch ein Grund mehr ist, dass ich sofort an dich gedacht habe. Es kann doch nicht leicht sein, so mit gar nichts anzufangen. Und das könnte ein Fall sein, der dir viel Aufmerksamkeit einträgt. Ich hatte gehofft, dass du die Verteidigung übernimmst, Bree. Probert ist seit knapp vier Monaten tot, und jetzt hat seine Tochter am helllichten Tage Geld gestohlen, das aus dem Verkauf von … Keksen stammte.«
    »Ich erinnere mich, von Chandlers Tod gehört zu haben. Er war noch nicht sehr alt, oder? So Ende fünfzig etwa?«
    »Achtundfünfzig. Ein Autounfall«, erklärte Cissy. »Auf der Skidaway Road, als gerade ein Unwetter tobte.« Sie breitete die Hände aus. »Ganz offenkundig leidet das Kind an so etwas wie … verdrängter Trauer.«
    »Die allerdings etwas verspätet auftritt, da das Ganze vor vier Monaten passiert ist«, sagte Bree. Sie konnte sich jetzt wieder gut an den Unfall erinnern, der sogar weltweit Schlagzeilen gemacht hatte wie eigentlich alles, was Probert Chandler betraf. Marlowe’s Drugstores, Inc., hatten jährliche Einnahmen, die dem Bruttosozialprodukt eines kleinen südamerikanischen Staats entsprachen. Probert Chandler war dafür berühmt, dass er mit einem bescheidenen Drugstore in Portland, Oregon angefangen und auf dieser Basis sein Mega-Unternehmen aufgebaut hatte. Und auch für seinen unprätentiösen Lebensstil. Das Auto, mit dem er von der Skidaway Road ins Jenseits gefahren war, war ein Buick gewesen.
    Cissy strahlte. »Der Fall dieses Mädchens ist doch genau das, was du brauchst, um als Rechtsanwältin bekannter zu werden.«
    Bree klopfte sich mit dem Kugelschreiber gegen die Zähne. Sie wollte gar keine Fälle bekommen, die ihr viel Aufmerksamkeit eintrugen. Die Aktivitäten von Beaufort & Compagnie waren so bizarr, dass ihr kaum daran gelegen sein konnte, im Rampenlicht der Öffentlichkeit zu stehen. Andererseits brauchte sie schon ein paar Klienten, die noch am Leben und imstande waren, ihr ein Honorar zu zahlen. Sie blickte nach unten, wo ihr Hund Sascha zusammengerollt zu ihren Füßen lag. Er brauchte jeden Tag Futter, außerdem musste die Büromiete bezahlt werden. Ganz zu schweigen davon, dass sie die ohnehin schon erbärmlich niedrigen Gehälter ihrer Angestellten aufzubringen hatte. Trotzdem sagte sie: »Die Chandlers haben doch jede Menge Rechtsanwälte, Tante Cissy. Ich kann nicht ganz nachvollziehen, warum gerade ich da ins Spiel kommen soll.«
    Cissy stemmte die Arme in die Hüften und stieß ein Schnauben aus. »Soll das ein Witz sein? Glaubst du vielleicht, dieser siebzehnjährige Teenager würde mit einem schmerbäuchigen, geschniegelten Rechtsanwalt mittleren Alters kommunizieren, der nur daran interessiert ist, den Ruf der Familie zu schützen? Du bist neunundzwanzig und siehst hinreißend aus. Du bist jemand, mit dem sie
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