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Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Titel: Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Freud als vitalistischem Denker.
    Um meine Seminare für die UP vorzubereiten, bediene ich mich einer ganz einfachen Methode: der ausgiebigen Lektüre des Gesamtwerks des zu behandelnden Autors. Denn die meisten Ansichtskarten sind Produkte einer Art intellektueller Faulheit. Weshalb sollte man mit dem Gesamtwerk arbeiten, wenn für das Angestelltengehalt, den Buchvertrag oder wenigstens die Zugehörigkeit zum Club der Intellektuellen die ausgiebige Wiederholung der Vulgata ausreicht? Was rechtfertigt einen derartigen Aufwand, wenn man schon mit sehr wenig Arbeit eine gewisse Wirkung erzielen kann?
    Ich kaufte also die bei Presses universitaires de France erschienene Gesamtausgabe der Werke Freuds und las sie bewusst in chronologischer Folge. Ich las auch die Briefwechsel, die bei der Arbeit hinter den Kulissen entscheidende Dienste leisten. Außerdem Biographien, die für das Ordnen und Verbinden der Teile zu einem Ganzen wichtig sind und helfen, die intellektuellen Hervorbringungen einer Person im Kontext von deren Leben, Familie, Epoche und Zeit zu begreifen. Ich habe nie etwas von der strukturalistischen Lesart gehalten, die den Text ohne Kontext zur Religion erhebt und eine Seite als von Geisterhand beschriebenes Stück Pergament begreift.
    Derzeit schreibe ich eine nietzscheanische Geschichte der Philosophie und behalte dabei immer das Vorwort zur Fröhlichen Wissenschaft im Auge, das für mich eine Art Diskurs über die Methode ist. Ich habe es schon oft zitiert, doch man gestatte mir, hier erneut darauf zurückzukommen, und sei es nur in Form dieser wenigen, einer langen und wunderbaren Argumentation entnommenen Sätze: »Die unbewusste Verkleidung physiologischer Bedürfnisse unter die Mäntel des Objektiven, Ideellen, Rein-Geistigen geht bis zum Erschrecken weit, – und oft genug habe ich mich gefragt ob nicht, im Grossen gerechnet, Philosophie bisher
überhaupt nur eine Auslegung des Leibes und ein Missverständnis des Leibes gewesen ist.« (Vorrede zur zweiten Ausgabe, S. 2)
    Ich schlage hier also eine nietzscheanische Geschichte Freuds, des freudschen Denkens und der Psychoanalyse vor: Die Geschichte der freudschen Verkleidung und der Doktrin vom Unbewussten (das Wort findet sich bei Nietzsche); die Geschichte der Verwandlung der Instinkte, der körperlichen Bedürfnisse des Menschen in eine Doktrin, die eine ganze Zivilisation verführt hat; die Geschichte der Fabel, die es Freud ermöglichte, den subjektiven Gehalt seiner eigenen Biographie objektiv und wissenschaftlich darzustellen – kurz, ich versuche hier die Skizze einer Exegese des freudschen Textkorpus.
     
    Die Teilnehmer der UP – manchmal über tausend Personen – sind oft sehr gut informiert. Jede Seminarsitzung dauert zwei Stunden. In der ersten Hälfte halte ich einen Vortrag, dessen Vorbereitung mich ungefähr dreißig Arbeitsstunden kostet. In der zweiten Hälfte beantworte ich Fragen, und zwar ganz direkt, ohne Netz und doppelten Boden. Einige dieser Fragen sind natürlich von langer Hand vorbereitet, informiert und sehr speziell, manchmal sogar voller Fallstricke. Darüber freue ich mich, denn man spricht nicht unvorbereitet öffentlich über Philosophie, und hat man die notwendige Arbeit investiert, so hat man nichts zu befürchten.
    Man muss also alle Themen detailliert bearbeitet haben. Deshalb, und weil ich schon mit Fragen von Gegnern der Psychoanalyse rechnete, las ich Untersuchungen kritischer Historiker. Dabei hatte ich falsche Vorstellungen im Kopf, die von der Lektüre vorgeblich ehrlicher Historiker der Psychoanalyse herrührten. Diese hatten in allgemein als glaubwürdig angesehenen Zeitschriften Darstellungen veröffentlicht, die ich für seriös hielt. Die Hüter der Legende wischten alle kritische Literatur mit einem Handstreich beiseite und etikettierten sie als »revisionistisch«, antisemitisch, reaktionär und der extremen Rechten nahe stehend.
Damals hatte ich die Bücher, die als Produkte intellektuell Aussätziger hingestellt wurden, noch nicht gelesen.
     
    Nun aber habe ich die Bücher gelesen: Sie sagen die Wahrheit. Diese Erkenntnis versetzte mich in Schockstarre. Zunächst einmal waren die Autoren in keiner Weise antisemitisch, auch nicht »revisionistisch«. Ihre politischen Standpunkte waren (vielleicht) nicht links, aber das machte sie noch lange nicht zu Vorkämpfern der extremen Rechten! Die Bezeichnung »revisionistisch« fand sich immer im Haupttext. In der Fußnote wurde dann stets darauf
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