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Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Titel: Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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dieses Buchs lautet: Die Psychoanalyse ist so lange eine wahre und richtige Lehre, wie sie Freud und niemand anderen betrifft. Die theoretischen Konzepte in seinem riesigen Werk halfen ihm zunächst, sein eigenes Leben zu denken, die eigene Existenz zu ordnen. Zu den direkt aus autobiographischen Konstellationen entstandenen Theorieelementen und Methoden gehören neben vielen anderen: die Kryptomnesie, die Selbstanalyse, die Traumdeutung, die psychopathologischen Untersuchungen, der Ödipuskomplex, der Familienroman, die Deckerinnerung, die primitive Horde, der Vatermord, die sexuelle Ätiologie der Neurosen und die Sublimierung. Wie das spinozistische oder das nietzscheanische, das platonische oder das cartesianische, das augustinische oder das kantische Weltbild ist eben auch das freudsche nichts anderes als eine private Weltsicht mit universellem Anspruch. Die Psychoanalyse ist die Autobiographie eines Mannes, der eine ganze Welt erfindet, um mit seinen Hirngespinsten leben zu können – genau wie jeder beliebige andere Philosoph.
    Ich möchte diese nietzscheanische Analyse Freuds mit Nietzsche beenden, der auf die Frage Wozu Psychoanalyse? im Antichrist seine ganz eigene Antwort gab. Sie zeugt nicht nur von einem großartigen Humor, sondern liefert auch eine zur Lösung unseres Problems geeignete Formel: »[I]m Grunde gab es nur Einen Christen, und der starb am Kreuz« (KSA 6, S. 211), schreibt der Vater von Zarathustra. In glücklicher Komplizenschaft mit Nietzsches lautem Lachen können wir hinzufügen: »Im Grunde gab es nur einen Freudianer, und der starb am 23. September 1939 in seinem Bett in London.« All das hätte keine großen Probleme verursacht, wenn die beiden – Jesus und Freud – keine
Schüler gehabt und keine Weltreligionen ins Leben gerufen hätten. Ich hoffe, man hat mich verstanden: In diesem Buch verfolge ich das gleiche Ziel wie in Wir brauchen keinen Gott, diesmal jedoch anhand eines Stoffs namens Psychoanalyse.

Teil 1
SYMPTOMATOLOGIE
    Es irrt, wer Böses dabei denkt

I.
Mit Feuer und Schwert gegen die Biographen
    »[D]ie biographische Wahrheit ist nicht zu haben,
und wenn man sie hätte, wäre sie nicht zu brauchen.«
    Sigmund Freud, Brief an Arnold Zweig, 31. Mai 1936
(Freud/Zweig, Briefwechsel, S. 137)
     
    »Die ›Selbstdarstellung‹ zeigt, wie die
Psychoanalyse mein Lebensinhalt wird.«
    Sigmund Freud, Nachschrift 1935 zu
»Selbstdarstellung« (Bd. XVI, S. 31)
     
     
    Wir sollten uns vor jenen Philosophen hüten, welche die Zeit nach ihrem Tod zu kontrollieren versuchen. Sie halten sich Biographen, fürchten zugleich deren Recherchen, lassen von ihren Anhängern hagiographische Darstellungen verbreiten, zerstören ihre Korrespondenz, verwischen Spuren, verbrennen Dokumente und arbeiten zu Lebzeiten an einer Legende, die lästige Nachfragen verhindern soll. Sie umgeben sich mit einer Art Leibwache aus Schülern, welche die akribisch gezeichneten frommen Bilder drucken und verteilen. Sie schreiben ihre Autobiographie und wissen, dass ihr sorgsam justiertes Scheinwerferlicht den Blick von den stillen, dunklen Ecken fernhält, in denen sich ihre Schlangenbrut versteckt hält.
    Auch Freud war Teil dieser Spezies, die die Vorteile des Berühmtseins genießen will, ohne unter den Nachteilen zu leiden: Er legte es stets darauf an, dass man über ihn sprach, aber nur Gutes und nur in seinem Sinn. Was war das Anliegen des Erfinders der Psychoanalyse? Sein ganzes Leben lang versuchte er die Meinung seiner Mutter zu bestätigen, er sei das achte Weltwunder.
Legendenschreiber wie er fühlen sich von der meist nüchternen Wirklichkeit gelangweilt. Sie bevorzugen das Reich der Fantasie, das von Vorstellungen, Wünschen und Träumen bestimmt wird. Besser eine hübsche und falsche Geschichte, als eine schlechte und wahre. Ein Fälscher beschönigt, übermalt, arrangiert und schiebt jene Momente seines Lebens beiseite, in denen unschöne Gefühle die Oberhand hatten, etwa Neid, Eifersucht, Boshaftigkeit, Ehrgeiz, Hass, Grausamkeit oder Hochmut.
    Der Autor von »Selbstdarstellung« und Die Frage der Laienanalyse wollte nie, dass man sein Werk mit seinem Leben, sein Denken mit seiner Biographie oder seine Theorien mit seinem Dasein erklärt. Wie die meisten Philosophen hing auch Freud der idealistischen Vorstellung an, Ideen fielen vom Himmel, schössen Feuerzungen gleich aus dem Empyreum hinab und erhellten den auserwählten Geist mit ihrer Gnade. Freud setzte alles daran, dass man seiner
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