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Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Titel: Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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unter Verschluss gehaltenen Dokumente – welche darauf hindeuten, dass bestimmte Dinge nicht öffentlich werden und besser im Verborgenen bleiben sollen  –, noch so tun, als wäre nichts? Kann man weiterhin Historiker beleidigen und als Anhänger Hitlers verunglimpfen, nur weil sich die Hüter des goldenen Mythos nicht mit deren Beweisen auseinandersetzen wollen?
    Lassen wir die Freudianer doch bei Freud selbst nachlesen. In seinem Text »Selbstdarstellung« empörte er sich darüber, dass ihm seine Gegner widersprachen, nicht an seine Theorien glaubten, gar die ketzerische Vermutung aufstellten, die Psychoanalyse sei »ein Produkt [s]einer spekulativen Phantasie«, während er sich doch auf lange, geduldige Forschungen berief. Freud warf seinen Gegnern vor, sie vollführten »das klassische Widerstandsmanöver, nicht ins Mikroskop zu gucken, um das nicht zu sehen, was sie bestritten hatten« (Bd. XIV, S. 79). Diese Metapher hatte er bei Cremonini entliehen, der nicht in Galileos Fernglas blicken wollte und sich damit dem Beweis für die These vom heliozentrischen
Weltbild verweigerte. Heute weigern sich die Freudianer, in das historische Teleskop zu blicken. Darin ähneln sie den Priestern im Vatikan, die damals Angst hatten, den heiligen Text mit wissenschaftlichen Beweisen zu konfrontieren.
    Ich selbst wollte durch die freudsche Brille zunächst genau das entdecken, was Freud verspricht. Ich setzte sie also ganz vorurteilsfrei auf und hielt mich lange genug an Freuds performative Aussagen. Doch als ich ein Zielfernrohr hinzunahm, entdeckte ich etwas anderes. Nun musste ich die Ansichtskarten von den Wänden nehmen, die ich vor so langer Zeit aufgehängt hatte. Ich schlage deshalb eine Reihe von Karten mit Gegenansichten vor:
     
    Gegenansichtskarte Nummer 1
    Freud formulierte seine Hypothese über das Unbewusste im historischen Umfeld des 19. Jahrhunderts und im Gefolge zahlreicher insbesondere philosophischer, aber auch wissenschaftlicher Lektüren (vor allem Schopenhauer und Nietzsche).
     
    Gegenansichtskarte Nummer 2
    Die verschiedenen Fehlleistungen aus der Psychopathologie des Alltagslebens ergeben zwar Sinn, allerdings nicht im Hinblick auf eine rein libidinös und noch weniger auf eine ödipal motivierte Verdrängung.
     
    Gegenansichtskarte Nummer 3
    Der Traum hat wohl einen Sinn, aber in der eben genannten Hinsicht und keineswegs als speziell libidinöse oder ödipale Konfiguration.
     
    Gegenansichtskarte Nummer 4
    Die Psychoanalyse ist eine Lehre, die der literarischen Psychologie entspringt. Sie basiert auf den autobiographischen Erlebnissen ihres Erfinders und eignet sich ausgezeichnet, um ihn zu verstehen  – und zwar nur ihn.

     
    Gegenansichtskarte Nummer 5
    Die analytische Therapie ist ein Ausläufer des magischen Denkens: Sie wirkt ausschließlich durch den Placeboeffekt.
     
    Gegenansichtskarte Nummer 6
    Das Bewusstmachen einer Verdrängung hat noch nie mechanisch zum Verschwinden der Symptome, geschweige denn zu einer Heilung geführt.
     
    Gegenansichtskarte Nummer 7
    Der Ödipuskomplex ist bei Weitem nicht universell; in ihm manifestiert sich einzig der infantile Wunsch Sigmund Freuds.
     
    Gegenansichtskarte Nummer 8
    Die Ablehnung des magischen Denkens verpflichtet keineswegs dazu, sein Schicksal in die Hände des Hexenmeisters zu legen.
     
    Gegenansichtskarte Nummer 9
    Unter dem Deckmantel der Emanzipation hat die Psychoanalyse die konstitutiven Verbote des Psychologismus ersetzt – jener säkularen Religion, die auf die Religion folgte.
     
    Gegenansichtskarte Nummer 10
    Freud verkörpert das, was im Zeitalter der Aufklärung Antiphilosophie genannt wurde – eine philosophische Negation der rationalistischen Philosophie.
     
    Freud hasste die Philosophie und die Philosophen. Als guter Nietzscheaner, für den er sich hielt, wollte er die unbewussten Motive der Philosophen aufdecken, ihre Texte also lesen wie eine Exegese ihrer Körper! Versuchen wir also eine »Psychographie«, wie Freud sie in Das Interesse an der Psychoanalyse (Bd. VIII, S. 407) vorschlägt. Ihr Ziel ist es weder, Freud zu zerstören, noch ihn zu übertrumpfen, zu verurteilen, abzulehnen oder lächerlich
zu machen. Vielmehr besteht es darin, zu verstehen, dass seine Disziplin zunächst ein existentielles und rein persönliches autobiographisches Abenteuer war – eine Gebrauchsanweisung zur einmaligen Anwendung, eine ontologische Formel, die ihm half, mit seinen zahlreichen Problemen zu leben.
    Die These
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