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Anthologie - Das Lustbett

Anthologie - Das Lustbett

Titel: Anthologie - Das Lustbett
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ist es«, sagte sie plötzlich und blieb stehen.
    Sie standen vor einem zweistöckigen Haus aus gelben Ziegelsteinen. In einem der Fenster im oberen Stockwerk tauchte ein Gesicht hinter der Gardine auf. Kicki öffnete die Gartentür und ging vor. Bevor sie an der Tür waren, wurde diese auch schon geöffnet. Eine weißhaarige alte Dame blinzelte sie freundlich an.
    »Guten Tag, Fräulein Persson«, flötete sie. »Bringen Sie gleich den neuen Mieter mit?«
    Kicki lächelte und nickte. Sie stellte Sven-Erik vor, und als er und die alte Dame sich die Hand gegeben hatten – unter Austausch verschiedener Höflichkeiten – wurde er zu seinem Zimmer geführt. Als er es gerade betreten hatte und die Tür hinter sich schließen wollte, holte Kicki ihn ein.
    »Wenn du dich mit dem Auspacken beeilst, kann ich dir gleich die Stadt zeigen.«
    »Gern«, erwiderte Sven-Erik freudig überrascht. »Ich will nur schnell meine Klamotten in den Schrank hängen und den Reisestaub abwaschen, dann können wir sofort losgehen.«
    »Gut. Dann in zehn Minuten.«
    Kicki winkte ihm zu und verschwand auf der Treppe. Er hörte, wie die Außentür zugeknallt wurde, und als er quer durchs Zimmer an sein Fenster ging und hinausblickte, sah er, wie Kicki sich auf ein Fahrrad schwang und in Richtung Stadtmitte losradelte. Er grübelte ein wenig darüber nach, warum sie es so eilig hatte, in die Stadt zu kommen, obwohl sie in zehn Minuten mit ihm verabredet war und sie beide gemeinsam in die Stadt wollten. Sie hatte ja vielleicht etwas Wichtiges zu erledigen, was keinen Aufschub duldete. Er zuckte mit den Schultern und begann seine Sachen auszupacken.
    Als er sich gewaschen und ein frisches Hemd angezogen hatte, ging er hinunter auf die Straße, und genau in diesem Augenblick kam Kicki zurück. An der Lenkstange hing ein großes Einkaufsnetz. Sie nickte ihm kurz zu und verschwand im Haus, wo sie das Einkaufsnetz der alten Dame übergab. Sie keuchte leicht von der Anstrengung (in so kurzer Zeit in die Stadt und wieder zurück), und Sven-Erik sah, daß ihre Wangen von einer frischen Röte übergossen waren. Als sie wieder herauskam, hakte sie sich ohne weiteres bei ihm ein und zog mit ihm los. Sie erzählte, daß sie in der Stadt ein paar Leckereien gekauft habe, denn die Wirtin habe ihr versprochen, bis zu ihrer Rückkehr ein gutes Essen fertig zu haben.
    Die Stadt war nicht sonderlich groß. Auf ihrem Spaziergang bekamen sie fast alles zu sehen, was sehenswert war. Straßauf, straßab liefen sie, unterhielten sich und lachten viel dabei. Sie sprachen über das, was sie sahen, über sich selbst und ihre Träume. Über die Liebe. Vielleicht nicht allzuviel über die Liebe, aber auf jeden Fall lange genug, um sich darüber klar zu werden, daß sie beide noch ein paar Jahre frei und unabhängig bleiben wollten, ohne deshalb unbedingt zölibatär zu leben.
    Fast drei Stunden später waren sie wieder zu Hause und wurden von herrlichem Essensduft begrüßt. Gemeinsam mit ihrer Wirtin genossen sie einen stark gewürzten Lammbraten und einen blumigen Rosewein. Mehrmals während des Essens fühlte Sven-Erik die Blicke Kickis auf sich ruhen, aber jedesmal, wenn er aufblickte, hatte Kicki schon wieder die Augen gesenkt und starrte aufs Essen. Schließlich kam er darauf, sie aus den Augenwinkeln zu betrachten, ohne daß sie es bemerkte. Er entdeckte, daß sie ihn mit Blicken ansah, die sowohl Hunger wie Zärtlichkeit verrieten. Er empfand das als peinlich, weil er nicht wußte, wie er diese Blicke in Gegenwart der Wirtin erwidern sollte. Daß sie zu dritt am Tisch saßen, wurde ihm immer unangenehmer, und als die Alte endlich einmal aufstand, um irgend etwas aus der Küche zu holen, hob er den Blick und sah Kicki mit großen Augen an. Er sagte nichts – das war auch nicht nötig. Ihr Blick war so sprechend, daß sie ihre Botschaft ebensogut hätte hinausschreien können. – »Ich bin in dich verliebt, und ich fühle, daß ich dich haben will«, sagten die pfefferkornbraunen Augen.
    Die Wirtin kam aus der Küche zurück und brachte ein großes Kaffeetablett mit.
    »Ich habe mir gedacht, daß ihr jungen Leute den Kaffee vielleicht ungestört oben trinken wollt. Das Tablett könnt ihr mit nach oben nehmen, wenn ihr wollt.«
    Die alte Dame hatte also genau gemerkt, wie es um sie bestellt war. Sie war offensichtlich doch nicht von gestern, wie sie gemeint hatten. Sie standen beide zugleich auf und bedankten sich für das wunderbare Essen. Sven-Erik nahm das Tablett
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