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Anthologie - Das Lustbett

Anthologie - Das Lustbett

Titel: Anthologie - Das Lustbett
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kam sie zu mir an den Tisch und setzte sich.
    »Björn.«
    »???«
    »Ich heiße Björn.«
    »Ein lustiger Name, den habe ich noch nie gehört.«
    »Es ist ein schwedischer Name. Auf französisch bedeutet er Ours, bear auf englisch, Bär auf deutsch und Aswal auf hindi.«
    »Vergleichende Sprachwissenschaft…«
    »Ich habe mir ernsthaft überlegt, in dem Fach ein paar Kurse zu belegen. Wenn du nachdenkst, fällt dir vielleicht auch ein, wie du selbst heißt.«
    »Ach ja, natürlich, entschuldige… Harriet.«
    »Und nach dem Akzent zu urteilen, kommst du von Albions nebelumwallter Insel.«
    »Schottland. Du noon.«
    Arlette kam mit dem, was ich bestellt hatte. Ich bekam einen ironischen Blick. Noch hatten wir die erste Unbeholfenheit nicht überwunden, und ich schielte verstohlen nach der dunkelhaarigen Offenbarung neben mir. Sie war einfach irrsinnig süß.
    »Bist du auch mit einem Nachnamen begabt?«
    »Dunbar«, lächelte sie.
    »Du sprichst, als telegrafiertest du für zehn Francs pro Wort nach den Antipoden.«
    Noch ein Lächeln, aber kein Kommentar. Das Schweigen war solide, aber erstaunlicherweise nicht drückend, und immerhin währte es recht lange. Jetzt sah ich sie offen an; das ein wenig unregelmäßige Gesicht, die feingezeichnete, leicht gebogene Nase. Die Augen waren das frappierendste Detail. Noch nie hatte ich etwas so bodenlos Weiches gesehen.
    »Ich studiere Französisch an der Sorbonne«, sagte sie ganz von selbst. »Was treibst du?«
    Ich zeigte auf Johann Sebastian auf dem Tisch.
    »Ich werde in Rubinsteins Fußstapfen treten, wenn es einmal soweit ist. Die Vorbereitungen finden im Conservatoire National statt.«
    »Pianist! Ich liebe Musik. Ich spiele seit meinem achten Lebensjahr Cello.«
    Immer noch Telegramm nach Tasmanien. Ich wurde kühner.
    »Gut! Menschen begegnen sich, und süße Musik entsteht… Wir können Beethovens Cellosonaten spielen.«
    »Ich beherrsche alle drei – Opus 69.«
    Jetzt wurde sie angeregter. Ihr Gesicht leuchtete auf, als wir von einem Thema zum andern sprangen. Es war nicht länger kalt. Alles ging wie von selbst.
    Wie es zuging, weiß ich nicht mehr, aber plötzlich saß ich hinter dem Klavier im Magazin, und Harriet hockte hinter einem schimmernden Guarneri-Cello, das ein Vermögen gekostet haben mußte. Die dunklen, rubinroten Eröffnungstöne der ersten Sonaten füllten den Raum, die starke linke Hand des Mädchens fuhr mit fast männlich fester Kühnheit über das Griffbrett; dies war ein Spiel ohne Fehl und Tadel, mit echter musikantischer Freude als Triebfeder.
    Wir sagten kein Wort, bevor die dritte Sonate zu Ende war. Das war spät am Nachmittag. Ohne zu zögern, gingen wir Hand in Hand am Pantheon vorbei zu meinem kleinen Hotel in der Rue Toullier, vier Treppen hoch.
    Ich schloß die Tür hinter mir und lehnte mich dagegen, sah Harriets Umrisse, als sie zum Fenster ging, um hinauszusehen. Die Sonne schien diagonal ins Zimmer, spielte in ihrem Haar, das im Gegenlicht wie eine Gloriole aussah. Der Verkehr war nach den Siesta-Stunden wieder in Gang gekommen, und die Geräusche sprangen dumpf und beharrlich von Hauswand zu Hauswand. Ich ging leise zu ihr, und sie drehte sich um, hob mir ihr Gesicht entgegen und ließ ihre Arme um meinen Nacken gleiten.
    Natürlich küßte ich sie, lange, lange. Sogar unten in den Zehenspitzen war es zu spüren, in den Fingerspitzen, die Ohrläppchen vibrierten, und ihre duftende Wärme machte mich heiß.
    Ein wenig außer Atem machte sie sich frei und sah mich mit den ernsten Augen einer Fünfjährigen an. Mit einem leichten Lächeln sagte sie:
    »So wie jetzt habe ich das noch nie empfunden.«
    Ich zog meine Jacke aus und ließ sie einfach auf den Boden fallen, dort, wo ich gerade stand. Sie zog ihren Mantel auf die gleiche Art aus. Ich fing an, das Hemd aufzuknöpfen. Ohne zu zögern, zog sie sich mit einer weichen Bewegung den Pullover über den Kopf. Eine Minute später standen wir uns auf dem Fußboden gegenüber und betrachteten unsere Nacktheit. Ihr Körper schimmerte rosa, die Zwillingsrundungen ihrer Brüste ragten mir entgegen, die schmale Taille weitete sich grazil zu den Parabeln der Hüften, die die fast unmerkliche Rundung ihres Bauchs mit dem daunenweichen, kohlschwarzen Moos umschloß.
    »Dies ist ein feierlicher Augenblick. Ich habe noch nie etwas so Vollendetes gesehen«, flüsterte ich.
    Sie kuschelte sich in meine Arme, und ich küßte ihr Haar, die Stirn, das Profil des Gesichts, den Hals, die
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