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Anthologie - Das Lustbett

Anthologie - Das Lustbett

Titel: Anthologie - Das Lustbett
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ist ja der Sinn der Sache«, grinste Jack und stapfte hinaus.
    »Ach nein – gibt es eine richtige Orgie?«
    Ich drehte mich um und blickte in zwei lachende Augen, die noch etwas schlaftrunken waren.
    »Man kann nie wissen. Bobs Tante hat ein kleines Chateau da unten, und manchmal geht es ziemlich wild zu.«
    Harriets Hand begann über meinen Körper zu wandern, hielt ganz unten inne und zwirbelte die Haare.
    »Nein!«
    »Was ist denn?«
    »Madame hat vorhin angeklopft. Sie sagte, das Zimmer müsse saubergemacht werden.«
    »Das will sie doch gar nicht. Sie kann es nur nicht ertragen, daß wir es uns gutgehen lassen.«
    Von der Schläfrigkeit blieb nichts mehr übrig, als Harriet die Blinddarmnarbe kitzelte. Es ist merkwürdig mit dieser Operationsnarbe; wenn man sie berührt, leicht nach oben zieht, fühle ich ein Kitzeln und Prickeln ganz unten, und der stolze Ritter steht in wenigen Sekunden wie eine Eins. Harriet hatte sich diese Technik vollendet zu eigen gemacht und nutzte sie hemmungslos aus, wenn sie dazu aufgelegt war, und das war sie ziemlich oft. Samtlippen schnappten nach den Haaren auf der Brust, glitten abwärts. Der Finger auf der Narbe wurde gegen eine flinke Zunge ausgetauscht, eine bettwarme Hand schloß sich vorsichtig um das klopfende Glied. Schon wieder die Zunge, aber jetzt zwischen zwei warmen Lippen, die sanft die pochende Eichel umschlossen. Die Zunge rotierte in immer schnellerem Tempo. Die Wollust wogte durch meinen Rumpf, durch alle Glieder, und als ich das schwarze Dreieck vor meinem Gesicht erblickte, zog ich sie an mich. Eine schnelle Bewegung, und plötzlich lag sie verkehrt herum auf mir, offen und erwartungsvoll.
    Meine Zunge: eine suchende, schnüffelnde Mäuseschnauze zwischen den frischen Rosen der Lippen. Meine Zunge rutschteglatt durch Honig und Öl zu dem empfindlichen Punkt hin, fuhr herum, zurück zum Kranz des Tempelportals und der dunklen Höhle der Ekstase.
    »Geliebter… v-v-versuch, mit der Zunge reinzukommen… ganz tief…«, keuchte Harriet stöhnend.
    Ich ließ die Zunge rotieren, fühlte die kleinen Unebenheiten der Scheide, die kleinen Zuckungen, die die endgültige Erlösung vorausahnen ließen. Wir wurden immer wilder.
    Dünne Wände und krachende Betten hörten auf zu existieren, und die Explosion kam in einer Sintflut über ihre Wangen und Brüste, während sie lutschte, küßte und lutschte wie eine Besessene; dann kam ein schneidender, heidnischer Schlußschrei.
    Allmählich kehrte das Bewußtsein zurück.
    »He, Monsieur! Hallo! Mutter Gottes, was machen Sie denn da drinnen? Bringen Sie sich gegenseitig um?« schrie Madame auf dem Flur.
    Wir sahen uns an und lachten.
    »Nein, Madame«, rief ich, »ganz und gar nicht! Im Gegenteil, könnte man sagen!«
    Es war bereits zwölf Uhr, als wir an dem griesgrämig zusammengekniffenen Mund von Madame vorbeischlichen und Hand in Hand auf die Rue Soufflot hinausgingen, hinunter zum Boul Mich. Die Sonne war verschwenderisch mit ihrer Wärme; die Wärme war doppelt spürbar nach der Kälte der letzten Tage. Leuchteten die sonst so staubigen Bäume im Jardin de Luxembourg heute nicht ungewöhnlich frisch und grün…? Zwei Arme um zwei Taillen, der leichte Druck einer Brust. Ich ging wie auf Schaumgummi.
    »Jetzt gehen wir ins Zaperouse und essen Forelle blau, ich habe einen furchtbaren Hunger.«
    »Du bist verrückt! Das kostet ein Vermögen.« Harriet sah erschrocken drein.
    »Das ist mir scheißegal. Ich habe mir von Jack einen Hunderter geliehen, als du dich gerade anzogst. Und ich will dort sitzen, wo Francois Villon einmal saß und eine Ballade auf dich dichtete. Ich fühle mich heute besonders villonsch«, sagte ich und bog ab zum Odeon.
    »Ich bin Franzose, was mir gar nicht paßt,
geboren zu Paris, das jetzt tief unten liegt;
ich hänge nämlich meterlang an einem Ulmenast
und spür’ am Hals, wie schwer mein Arsch hier wiegt«,
    zitierte Harriet lächelnd.
    »Aber Villon sollte gehängt werden, und das Schicksal droht uns nicht.«
    »Wer weiß. Wenn wir die Rechnung nicht bezahlen können… aber vielleicht reicht es, wenn wir in der Küche abwaschen.«
    Die Cafes an der Place Saint-Michel waren schon voll besetzt, als wir auf den Quai des Grands-Augustins einbogen, und bald saßen wir in der gut durchgeräucherten Fin-de-siecle-Atmosphäre und sahen aus dem Stockwerk des alten Hauses aus dem sechzehnten Jahrhundert. Die Fenster waren bleigefaßt. Monsieur Topolinsky kümmerte sich höchstpersönlich um uns,
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