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Anthologie - Das Lustbett

Anthologie - Das Lustbett

Titel: Anthologie - Das Lustbett
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ihn denkst?
    Ich mache dich zu einem göttlichen Wesen, mit Ehre und Herrlichkeit kröne ich dich; ich mache dich zum Herrn über alle Länder; ich lege dir alles zu Füßen… sättige mich mit dem flüssigen Ambrosia deiner Lenden … reite deinen Schimmel bis in die tiefste Dunkelheit… laß deinen Stamm von meinem Saft berieseln… gib mir nie gesehene Visionen und drücke mir das Gehör aus den Ohren, raub mir das Augenlicht, wenn die Lichter des Tages verlöschen… du hast mir Salomos Schatz gegeben… zeig mir jetzt die sieben Säulen der Weisheit und die sieben Gestalten des Lebens… Geliebter, es gibt keine Welt außerhalb der unseren… aber meine Liebe ist bitter wie Durst in der Wüste, mich dürstet, gib mir zu trinken… schließ dich in mir ein und fülle meine brennenden Segel mit Wind, so daß wir zur Sonne abheben können, zum Blutglanz der Unendlichkeit, bis unser Schimmel im Gebraus des dunklen Wassers versinkt und wir die tausend Schnittpunkte der Wahrheit in einem einzigen Punkt sich vereinigen sehen auf unserer Netzhaut; sie werden kühlen wie unsichtbare Getränke, nicht einmal Erinnerung wird einen Traum näherbringen, ich werde für dein Glied einen Blumenkranz flechten, und du sollst meiner Blume einen Stiel geben, damit wir zum Licht emporwachsen können… einen diamantenen Stiel für die leuchtende Ringelblume meines Schoßes zwischen deinen Steinen aus dunkelrotem Rubin in dumpf duften-dem, daunigem Moos… aaaha-a-a-A-A-A-H-O-O-a-a-aaaah…«
    Die Sonne spielt im hellen Laub der Eiche, das Licht fällt sanft durch das Laub des Baumes auf unsere geblendeten Pupillen. Du erhebst dich mit flammendem Teint und mit Grashalmen im Haar, legst den Kopf auf meine Brust und nimmst meine Hand. Sprichst leise:
    »Diese liebliche Liebe, deren Duft mich berauscht, wird sie überleben?«
    »Still! Sag nichts, stell keine Fragen. Nimm jeden Tag hin, als wäre er der letzte. Petronius soll unser Hofpoet sein, Eros unser Hausgott, Bacchus unser Begleiter, und du bist meine Aphrodite!«
    Ihre Lippen suchten meinen Hals und saugten sich fest, lange und hart, dann lehnte Harriet sich zurück und betrachtete stolz ihr Werk.
    »So ist es gut. Groß und blutrot. Jetzt kann jeder sehen, daß wir uns lieben, und leicht verlegen lächeln und Verständnis zeigen… Wenn es nicht gerade trockengelegte alte Jungfern sind, die ein eingefrorenes Gefühlsleben haben, oder Nonnen, die sich nachts in ihren Zellen auf den Pritschen winden und sich zwei Finger reinstecken und mit dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist, Amen, lieben.«
    »Übrigens, dabei fällt mir ein, daß Paulus einmal sagte: ›Trinke ein wenig Wein um deines Magens willen.‹ Wollen wir uns nicht an einer Quelle ausruhen, an der kühler Sauterne entspringt?«
    Ich richtete mich auf und sah mich um. Merkwürdigerweise hatte niemand unser heftiges Liebesspiel mitten im Herzen der Stadt bemerkt. Weit, weit weg, auf dem steinernen Löwen der Balustrade ritt ein kleiner Junge. Ein taubenschißfleckiger Marmor-Adonis wurde von einem kleinen Mädchen zart an die Hand genommen, das mit großen, erstaunten Augen auf den Teil der Anatomie starrte, der von Bildhauern im allgemeinen viel zu klein gemeißelt wird, jedenfalls zu klein im Verhältnis zu den übrigen Proportionen des Körpers. Die alte Dame, die im Park Liegestühle vermietet, ging gebeugt und gebrochen umher und sammelte sie wieder ein, unter großen Mühen; die ganze Zeit verfluchte sie das unbarmherzige Zuschlagen des Schicksals; sie fühlte den bitteren Stich der Erkenntnis. Die letzten Jahre ihres Lebens waren kaum mehr als ein Meer aus Qual und Plackerei, die Schönheit von einst war vergangen, null und nichtig, zu einem Nichts geworden. Ein Priester rauschte vorüber, mit wehenden Rockschößen, düster und blind angesichts des grünenden Grüns und der Schönheit und des perlenden Lachens der Kinder, die unten am Teich spielten. Er hatte kein Auge für die süßen Kinderschwestern und die von ihnen beaufsichtigten Kinder reicher Eltern aus dem achten Arrondissement, die hier im Park herumtollten.
    »Ein durstiger Pianist spielt trist. Feuchten wir die Kehle an, das wird der Muse auf die Sprünge helfen!«
    Mit geordneter Kleidung und renovierten Gesichtern gingen wir zurück zur Arkade. Der Polizist stand immer noch da und blies in seine Trillerpfeife. Er war tatsächlich ganz blau im Gesicht. Wir gingen weiter über die Place Vendo zur Madeleine und von dort zur Place de
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