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Anthologie - Das Lustbett

Anthologie - Das Lustbett

Titel: Anthologie - Das Lustbett
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gegangen… aber jetzt war’s schon geschehen und unwiderruflich, und jetzt hieß es nur noch: sie oder ich. Sie würde erst nachgeben, wenn sie restlos am Boden zerstört war, aber, auf der anderen Seite, mit mir war es genauso. Ich raffte mich noch einmal auf:
    »Ich wünsche, daß du zu einem Gynäkologen gehst, dem ich vertraue, dann werden wir sehen, wie das Ergebnis aussieht.«
    »Darüber kannst du mit Papa diskutieren, er wird dich morgen im Konservatorium aufsuchen.«
    Sie machte auf dem Absatz kehrt und ging weg, aber nach wenigen Schritten überlegte sie es sich offenbar noch einmal, kam zurück und sah bald mich, bald Harriet an. Monique war strahlend schön, aber auf die gleiche Art wie eine wohlgeschmiedete Toledoklinge.
    »Bevor du irgendwelche Dummheiten machst, denk bitte daran, daß Papa in der Akademie sitzt und außerdem noch Vorstandsmitglied des Konservatoriums ist. Vergiß das bitte nicht. Diese Goldmedaille, auf die du so scharf bist, ist dir noch lange nicht so sicher, wie du offenbar glaubst, und für deine Karriere gilt das gleiche.«
    Mit einem zynischen Lächeln fügte sie hinzu:
    »Wenn ich euch einen guten Rat geben darf: Wie wär’s, wenn ihr schon anfingt, ein gutes Kneipenrepertoire einzuüben? Vielleicht werdet ihr es noch brauchen.«
    Ein Ruck mit dem blondbeschopften Kopf, ein Hauch von Chanel und raschelnder blauer Seide, und dann verschwand Monique in Richtung Rue Scribe. Vermutlich wollte sie zu ihren Freunden beim American Express.
    »Ich friere, und dennoch scheint die Sonne«, sagte Harriet mit belegter Stimme.
    Ich half ihr beim Aufstehen und strich ihr zärtlich über die Wangen. Sie lächelte, war aber ziemlich blaß geworden nach diesem Auftritt.
    »Komm, laß uns gehen! Zu Hause ist es schön warm!«
V
    Als wir in den Flur kamen, tapste Madame schwänzelnd auf uns zu. Ihr normales sauertöpfisches Ich, das fast immer an Unhöflichkeit grenzte, war wie weggeblasen. Sie knickste mit dem Schwanz zwischen den Beinen wie ein devoter Hund:
    »Ah, wie gut, daß Sie kommen, Monsieur! Der Graf hat schon mehrere Male angerufen!«
    »Welcher Graf? Verflucht noch mal, ich glaube, es gibt jetzt eine Inflation in Grafen!«
    »Graf d’Heilencourt natürlich. Er sagte, daß er gegen fünf noch einmal anrufen wollte. Nein, ich hab’ doch gar nicht gewußt, daß Sie mit ihm befreundet sind! Ein so hochgestellter Mann, er sitzt doch in der Akademie!«
    »Er kann anrufen, wann immer es ihm Spaß macht, aber ich nehme keine Gespräche entgegen, bis ich Ihnen etwas Gegenteiliges sage.«
    »Aber er sagte, es sei sehr wichtig, und daß er Sie treffen wolle. Er hat mich besonders gebeten, Ihnen zu sagen, daß…«
    »Bestellen Sie ihm, daß wir uns in Französisch-Guayana treffen können, wenn er so nett sein möchte, sich dorthin zu begeben.«
    »In Guayana…«
    »Genau das, in Guayana, Französisch-Guayana, notabene.«
    Madame machte eine bemerkenswerte Metamorphose durch und wurde zu einem verschrumpelten kleinen Fragezeichen, das eine Maus in den Schwanz gebissen und so angestochen hatte, daß die Luft mit einem pfeifenden Laut entwich. Madame erinnerte jetzt mehr an gelbe Katzenscheiße auf dem zerschlissenen Teppichboden. Sie hielt sich an Patrons Rockschößen fest. Ihr Mann war eben hinzugekommen. Er beugte sich hastig vor – als hätte er einen Tritt in den Schritt bekommen – und hielt sich den Bauch. Kurz darauf wurde auf dem Klo gespült.
    Als wir über den Flur gingen, sahen wir, daß die Türen zu Bob Brills Zimmer wie auch die zu dem von Jack Kevorkian offen standen. Bob saß vor einer Schreibmaschine und einer Flasche Kognak und starrte verloren auf ein weißes Blatt Papier. Jack saß vor einer Schreibmaschine und einer Flasche Kognak und starrte verloren auf ein weißes Blatt Papier.
    »Da seid ihr ja«, sagte Bob, »kommt rein!«
    »Da seid ihr ja«, sagte Jack, »kommt rein!«
    »Kommt doch zu uns«, sagten wir.
    Das taten sie dann auch.
    »Ihr seht durchgefickt aus«, sagte Bob.
    »Stimmt genau«, sagte Jack.
    »Ihr klingt wie Gösta Knutsson«, sagte ich, »aber es würde zu weit führen, euch zu erklären, wer das ist.«
    »Wer ist Gösta Knutsson«, fragten beide verwundert.
    Harriet und ich kümmerten uns nicht mehr um sie, wir begannen statt dessen ihren Kognak auszutrinken. Dann trat plötzlich Judith ein, und danach war nichts mehr so, wie es vorher gewesen war. Judith Piersall war von Jack vor ein paar Wochen nach einer Veranstaltung unten in Orves annektiert
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