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antares

antares

Titel: antares
Autoren: Dale Brown
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seinem Tod... er sah fröhlich aus und lachte... Das Bild von Kenneth, wie er den großen 45er-Colt hielt... Er konnte das Gewicht förmlich in seiner Hand spüren ... der Kolben fast zu groß für seine Finger, der Spannhahn, der fast, aber eben nur fast zu schwer zu ziehen war. Der Rückstoß. Das Gefühl der heißen und lebendigen Waffe. Der Knall, der den Aufschrei des jungen Bruders übertönte... Dann das Gesicht des Vaters mit dem Ausdruck von Leid und Mitgefühl.
    Er selbst, wie er ihn um Vergebung anflehte und um Verständnis bettelte. Und alles hatte der Vater gewährt... Er hatte ihm sein eigenes Leben geopfert.
    Er bemühte sich, seine Haltung wiederzugewinnen. Es war gerade erst ein paar Wochen her, daß er das Spiel mit Janet Larson gespielt und Geschichten über Ken James erfunden hatte. Je intimer, desto besser. Was sie alles hatte wissen wollen... ob er schon viele Mädchen gehabt hatte. Ob er masturbierte. Ob er ältere Frauen mochte. Und immer hatte er sich eine neue Geschichte für sie ausgedacht. Einschließlich der. wie seine Zielperson Ken James seine Freundin Cathy Sawyer umbrachte. Er hatte immer geglaubt, nur ausgeschmückt zu haben, was aus den KGB-Berichten hervorging. Und jetzt... Er hatte geglaubt, einen zwingenden Grund gehabt zu haben, Janet Larson umzubringen. Und er hatte recht gehabt. Wenn auch nicht nur aus logischen Erwägungen - um die Bedrohung seiner Mission in Amerika abzuwenden. Doch jetzt stellte sich heraus, daß er mit Janet Larson das gleiche getan hatte wie Ken James mit Cathy Sawyer... Er war seiner Zielperson schon ähnlicher, als er es sich jemals hätte träumen lassen...! Cathy Sawyer war zweimal umgebracht worden. Einmal hier in Amerika und einmal in der Academy in der Sowjetunion...
    Er bemühte sich noch immer, einen klaren Kopf zu bekommen. Seine Begleiter waren nicht mehr da. Auch Ken James war weg. Er ging zur Tür, öffnete sie und sah sich um. Nichts.
    Und dann hörte er Stimmen: »Tolles Hotel hier.« Eine weibliche Stimme. »Und Peep-Shows gratis.«
    Er fuhr herum. Am Aufzug standen drei junge Frauen im College-Alter; sie starrten ihn an. Erst jetzt merkte er, daß er nur mit einer knappen Unterhose bekleidet im Flur stand.
    »Prastiti... ...ähm, Entschuldigung...«
    »Keine Ursache, Süßer«, sagte die eine und reckte den Hals, als wolle sie noch besser sehen. »Sieht so aus, als brauchtest du dich für nichts zu entschuldigen.«
    Er hastete zurück ins Zimmer.
    Verdammt, er mußte sich zusammennehmen. Schließlich war er jahrelang ausgebildet worden und überzeugt davon, alles problemlos zu meistern, und dann war das erste Wort, das er in Amerika als Kenneth Francis James anderen Amerikanern gegenüber äußerte, ein russisches...!
    Er ließ sich aufs Bett fallen. Einige Goldkettchen, Armbänder und eine große schwere Rolex lagen darauf - und eine Brieftasche, einige Geldscheine, von einem silbernen Klemmklip zusammengehalten, der Hotelschlüssel, Papiere, Rezepte. Die beiden Agenten hatten Kens Kleider mitgenommen. Aber in seinem offenen Koffer auf der Ablage in der Ecke waren noch genug andere.
    Er brauchte etwas zu trinken. Die kleine Minibar im Zimmer war leer bis auf die Eisschale mit einem halben Dutzend Würfeln. Er überlegte, ob er den Zimmerservice rufen sollte. Aber es war wohl besser, wenn niemand hereinkam, ehe er nicht genau kontrolliert hatte, ob keine Kampfspuren sichtbar waren. Der Drink lief ihm nicht davon.
    Er suchte sich eine Hose und ein rotes Sweatshirt aus dem Koffer, dazu ein Paar Slipper - sie paßten ihm wie angegossen -, streifte sich die Rolex und die Goldkettchen über, steckte den Zimmerschlüssel ein, das Geld und die Brieftasche, und bürstete sich die Haare. Dann betrachtete er sich kritisch im Spiegel. Das Hemd spannte über der Brust ein wenig, ebenso die Hose an den Oberschenkeln. Die Operationsnarben waren noch erkennbar, wenn man genau hinsah und wußte, daß es sich um solche handelte. Wenn schon. Er mußte aus diesem Zimmer, in dem Ken James gestorben war...
    Und wiedergeboren?
    Er ging in die Polynesische Bar und setzte sich so, daß er alle Ausgänge und Fenster im Blick hatte; genau wie er es an der Connecticut Academy immer gelernt hatte.
    »Guten Abend, Mr. James.«
    Er zwang sich, sich den Schock nicht anmerken zu lassen. Ein Barmädchen in einem engen Sarong mit Seitenschlitzen fast bis zur Hüfte war zu ihm gekommen und legte eine Cocktailserviette vor ihn hin. »Mr. James, das übliche?«
    Maraklow
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