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antares

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Titel: antares
Autoren: Dale Brown
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sofort, daß nur er es sein konnte, brauchte aber trotzdem einige Augenblicke, um den Schock zu verkraften. Es war ja auch erst ein paar Wochen her. seit Andrej Maraklow sein neues Gesicht hatte. Sein jetziges war schmaler, die Stirn höher, die Kiefer stärker, eckiger. Der Chirurg hatte Hervorragendes geleistet. Die Narben waren kaum noch sichtbar, und die operationsbedingten Schwellungen waren so gut wie abgeklungen.
    Dieser Ken James konnte ohne weiteres als gutaussehend bezeichnet werden. Ausgenommen vielleicht jetzt im Augenblick, wo er eher zum Fürchten aussah. Falls überhaupt noch als dieser erkennbar, war Maraklow jetzt sehr viel fremder und genauso unberechenbar wie jeder beliebige Eindringling.
    Sie bezwang ihre Unsicherheit und Furcht, und es gelang ihr sogar ein autoritärer Ton, als sie äußerlich ruhig erklärte: »Mr.
    James, nach Dienstschluß haben Sie keine Berechtigung, sich hier aufzuhalten.«
    Maraklow sagte kein Wort. Er überflog nur mit einem Blick ihren Schreibtisch, bis er das Blatt näher in Augenschein nahm, das sie noch in der Schreibmaschine eingespannt hatte. Ehe sie noch reagieren konnte, hatte er es bereits herausgerissen und las es. Sein Gesicht wurde zornrot. »Also, du tust es doch«, sagte er finster. »Du versuchst, meinen Einsatz in Amerika doch zu verhindern!«
    »Das ist ein Bericht des Hauspsychologen«, entgegnete sie.
    »Er hat überhaupt nichts mit mir zu tun -«
    »Außer, daß du auch mit ihm ins Bett gehst.«
    »Das dürfte dir ja nicht neu sein.« Sie stand auf und riß ihm das Blatt aus der Hand. »Er - nicht ich - sagt, daß er sich deiner emotionalen Stabilität nicht sicher ist. Er - nicht ich - sagt, daß du vielleicht der Aufgabe, in die Air Force Academy einzutreten, nicht gewachsen bist. Und meine Pflicht ist es. dafür zu sorgen, daß Mr. Roberts diese Meinung auch erfährt -«
    »Tu mir das nicht an«, sagte Maraklow. »Ich bin sogar der perfekte Kandidat für diese Aufgabe. Ich bin ihr gewachsen. Jahrelang habe ich mich darauf vorbereitet, und ich bin dafür ausgebildet worden. Ich weiß sehr genau, was ich -«
    »Du redest wie ein Schizophrener am Rande der Psychose«, sagte sie mit leichtem Lächeln. »Wenn du deinen Abschluß machst und dann versagst, sind wir alle gefährdet. Ich kann es nicht zulassen, daß -«
    Maraklow schlug auf den Schreibtisch und bemühte sich gleich darauf, die Kontrolle über sich wiederzuerlangen. Er zwang sich die Andeutung eines Lächelns ab und griff in seine Jacke. Janets Augen weiteten sich vor Angst, doch was er dann zum Vorschein brachte, war lediglich eine kleine Halbliterflasche mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit.
    »Für dich, Janet«, sagte er. »Ich weiß, daß es deine Lieblingsmarke ist.« Er stellte die Flasche auf den Tisch.
    »Scotch Whisky?« sagte sie überrascht. »Wo hast du den her?«
    »Kümmere dich nicht darum, Janet. Er ist für dich. Nimm ihn, bitte.«
    »Aber Andrej! Das ist doch Schmuggelware!«
    »Ich heiße Ken James.«
    Er schien tatsächlich übergeschnappt zu sein... Sicher, er war natürlich auf diese totale Identifikation mit seiner Zielperson jahrelang trainiert worden. Aber trotzdem... Er schien aber dabei jedes Maß und Ziel verloren zu haben, und das konnte seinen Auftrag gefährden. Es war vielleicht ganz gut. daß sie über die Art, wie er sie behandelte, so zornig war, weil ihr das erst ermöglichte, objektiv darüber nachzudenken.
    »Der Besitz von Schmuggelware ist ein schwerwiegendes Vergehen. Ich schlage vor, Sie entfernen sich aus meinem Büro und entledigen sich dieser Flasche unverzüglich, andernfalls sehe ich mich gezwungen, den Direktor zu rufen.«
    »Nein, tu das nicht. Bitte!« Sein Ton wurde ganz unvermittelt unterwürfig. »Ich werde -«
    Dann nahm er die Flasche, steckte sie ein und ging ohne ein weiteres Wort.
    Zugegeben, dachte sie, sie hatte ihre wohlbekannten Talente dazu benützt, den Hauspsychologen zum Verfassen eines weitaus kritischeren Gutachtens, als er es sonst getan.hätte, zu veranlassen. Aber war nicht alles letztlich eine Frage des Standpunktes? Es bestand kein Zweifel, daß Maraklow alles tun würde, um nach Amerika zu kommen. Seine Motive waren ebenso persönlich wie patriotisch. Warum das so war, entzog sich ihrer Kenntnis. Sie wußte jedenfalls, daß Andrej Maraklow gefährlich sein konnte. Nun, jedenfalls hatte er jetzt die Situation offensichtlich akzeptiert. Zumindest schien es so...
    Sie blieb noch bis nach zehn im Büro. Sperrstunde
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