Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anschlag auf den Silberpfeil

Anschlag auf den Silberpfeil

Titel: Anschlag auf den Silberpfeil
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
wenn
Sie unbedingt wollen... Einen Tee und ‘ne Käsesemmel ziehe ich mir sicherlich
rein.“
    „Tee, Tee! Den braunen Teefleck hätte
ich erwähnen sollen. Dann wüßte der Schalterbeamte, daß es meine Karte ist. Der
Fleck hat die Form eines... verschobenen Vierecks. Wie nennt man das?“
    Sie malte die Figur in die Luft.
    „Rhomboid“, sagte er. „Ist eine
geometrische Flächenfigur, gehört zu den Parallelogrammen wie Quadrat, Rechteck
und Rhombus. Ich mag Geometrie, Mathe überhaupt. Man kann cool dabei denken und
kniff ein. Gehe ich richtig in der Annahme, daß sich Ihr Teefleck-Rhomboid auf
dem Fahrausweis befindet, dem verlorenen?“
    „Erraten! Zu Hause ist mir das
passiert. Die Karte lag auf dem Tisch. Ich wollte mir Tee einschenken und mußte
niesen. Klatsch, war das Rhomboid auf der Rückfahrkarte. Und ausgerechnet
Assam-Tee. Der färbt stark.“
    „Der schmeckt auch stark“, lachte er.
    Dann verschanzte sich jeder hinter
seinem Lesestoff, und draußen flog die maigrüne Landschaft vorbei.

2. Schlägerei im Speiseraum
     
    Der Süd-Expreß, getauft auf den Namen
Silberpfeil, hielt nur selten. Dort, wo er hielt, fühlte sich der Bahnhof
beehrt. Durch die kleineren raste er. Die Zeit verging rasch.
    „In einer Stunde sind wir da“, sagte
Christine Pf ab. „Aber wir waren noch nicht im Speisewagen. Du denkst wohl, du
entgehst meiner Einladung?“
    „Im Gegenteil“, meinte er forsch. „Ich
warte nur aufs Kommando.“
    Sie stand auf und griff nach ihrer
Handtasche.
    Der Speiseraum befand sich im
übernächsten Wagen und war nahezu leer.
    Zwei kichernde, cola-zuzzelnde Mädchen
hatten einen Tisch belegt. Ein Handelsreisender brütete über seinen
Auftragsbüchern und der schlechten Geschäftslage. An einem Zweiertisch thronte
Nitschl, der Stadtindianer.
    Er saß allein, aber er hatte getäfelt
für drei. Eben räumte der Kellner das Geschirr ab. Außerdem fünf oder sechs
Bierflaschen und Mini-Fläschchen, die Schnaps enthalten hatten.
    Nanu, dachte Tim. Kriegt man das alles
für zwei Mark? 300 hat er gehabt. 298 mußte er für die Fahrkarte berappen. Hat
er doch noch wen angepumpt? Oder will er die Zeche prellen?
    Einige der aufs Gesicht gemalten Adern
waren zerlaufen, verwischt. Nitschl sah tintig aus und ziemlich widerwärtig.
Seine Augen glotzten wie Glasmurmeln — wohl infolge der Zecherei. Mit glasigem
Blick glotzte er durch die Scheibe — und man konnte sich nur wundern, daß es
dabei nicht klirrte.
    Christine und Tim ließen sich an einem
entfernten Tisch nieder. Der Kellner war freundlich, hätte aber seine
Fingernägel säubern müssen. Christine bestellte Kaffee, Baumkuchen und einen
Likör. Tim blieb eisern bei Schwarztee und Käsebrot.
    Sie unterhielten sich. Tim berichtete
von seinen Erlebnissen im Internat und den Abenteuern der TKKG-Bande. Den
Nitschl behielt er im Auge.
    Auch der Kellner schien Zechprellerei
zu befürchten, denn er umschlich ihn buchstäblich. Nitschl bemerkte nichts.
Sein Interesse galt der Landschaft.
    Schließlich baute sich der Kellner vor
ihm auf.
    „’tschuldigung, mein Herr. Ich werde in
Haffstedt abgelöst. Darf ich schon mal kassieren?“
    „Aber immerrrrr“, Nitschls Zunge wog
Kilos. Er zog seinen Geldbeutel aus der rißfesten Fliegerjacke und ließ
Geldscheine sehen.

    „Macht genau 46 Mark“, sagte der
Kellner und legte die Rechnung hin.
    Nitschl bezahlte mit einem Hunderter.
    „Bitte, die Fahrausweise!“ sagte eine
Stimme hinter Tim.
    Offenbar hatte der Schaffner bis jetzt
eine ruhige Kugel geschoben. Am Abteil war er zwar zweimal vorbei geeilt. Aber
er kontrollierte erst jetzt. Vielleicht hatte er ein Herz für Schwarzfahrer — für
jene, die inzwischen ausgestiegen waren.
    Christine und Tim zeigten ihre
Fahrkarten. Der Schaffner dankte und sagte, übernächste Station sei das Ziel,
vorher nur noch ein Halt in Haffstedt.
    Dann ging er zu Nitschl.
    Wie ein Blitzstrahl zuckte die Idee
durch Tims Hirn.
    Er schnellte hoch und murmelte eine
Entschuldigung.
    Christine blickte besorgt. Offenbar
glaubte sie, ihm wäre übel, sein Magen streike, und er wolle zum WC.
    Aber Tim folgte dem Schaffner und blieb
neben ihm stehen, als der zu Nitschl trat.
    „Bitte, eine Sekunde!“ Tim lächelte in
das müde Beamtengesicht. „Kann sein, daß ich mich irre. Dann lasse ich gleich
eine Entschuldigung raus, an der sich dieser Irokesen-Häuptling ergötzen kann.
Falls ich aber nicht irre, klärt sich ein Fall von Fundunterschlagung auf — was
fast so
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher