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Anruf vom Partner

Anruf vom Partner

Titel: Anruf vom Partner
Autoren: Michael Lewin
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vier Monaten hier, seit dem ersten Januar.
    Auch für ihn war es an der Zeit, einen unidirektionalen Schritt zu tun.
    *
    Zu Hause war es dunkel, als ich ankam. Eine Zeitschaltuhr knipst mein Neonschild - »Albert Samson, Privatdetektiv« (schnieke, was?) - um Mitternacht aus. Weder in Moms noch in Normans Zimmer brannte Licht.
    Ich schloß die Tür hinter mir und rief meine Flamme an. »Egal, wie spät es wird«, hatte sie gesagt. »Sobald du nach Hause kommst. Ich muß einfach wissen, wie es gelaufen ist; ich sterbe vor Neugier.«
    »Also, was meinst du, wie es gelaufen ist?« fragte ich, sobald sie wach genug war, um sich daran zu erinnern, wer ich war.
    »Ich bin sicher, daß du toll warst.«
    »Es war die reinste Demütigung. Pur. Die Essenz.«
    »Diese Frau, diese Vivien, hat dich doch bezahlt?«
    »Ja«, sagte ich, »hat sie.«
    »Das ist ja super! Damit eilst du deinem Finanzplan um Wochen voraus.«
    »Hm«, sagte ich, »in meinem neuen Beruf als dressierter Seelöwe. Toll.«
    Nur für den einen Abend. Sagen Sie, was Sie haben wollen, hatte Charlotte Vivien gesagt. Ich schloß die Augen und träumte und nannte meinen Preis. Abgemacht, hatte sie gesagt.
    »Es war nicht annähernd genug«, sagte ich.
    »Ach, hör schon auf, Al«, sagte meine mitfühlende Geliebte. »Laß das Jammern. Sei… sei irgendwas! Erleichtert, daß es vorbei ist. Wütend über die geldbedingte soziale Ungleichheit. Erfüllt von Verlangen. Irgendwas, wenn es nur kein Selbstmitleid ist.«
    »Als ich das Pulver für die Fingerabdrücke aufgetragen habe, mußte ich niesen. Das Pulver hat sich im ganzen Raum verteilt. Alle haben gelacht.«
    Meine Flamme kicherte.
    »Das ist kein Witz«, sagte ich. »Ich habe wirklich geniest. Na ja, was kann man auch schon erwarten? Ich habe in meinem ganzen Leben noch keinen einzigen Fingerabdruck genommen. Nicht im Ernstfall.«
    »Du hättest mehr üben sollen.«
    »Ich hätte üben sollen, wie man es in gebückter Haltung hinter einer Couch tut - oh, entschuldige bitte, hinter einem Zweiersofa und zwar mit zwanzig Leuten und einem Kameramann im Nacken, die mich beobachten.«
    Sie lachte schon wieder.
    »Versuch dich zu beherrschen. Beweise, daß du ein mitfühlendes Herz hast, ganz gleich, was die Leute über Sozialarbeiter reden.«
    »Ich versuch's«, sagte sie.
    Sie schaffte es nicht.
    »Weißt du, dein Mitgefühl ist alles, was mich bei dir hält.«
    »Was dich bei mir hält? Also, was hält mich eigentlich bei dir?«
    »Wenn du mich heute abend gesehen hättest, wärst du schon lange über alle Berge.«
    »Kriegst du keine Kopie von der Aufnahme?«
    »Ich hab gesagt, ich will keine.«
    »Ich ruf sie an.«
    »Bitte, tu's nicht«, sagte ich. Plötzlich war ich müde. »Mein Gott. Ich bin plötzlich fix und fertig.«
    »Gut«, sagte sie. »Das ist gut, Al.« Und dann: »Na komm schon. Und erinnere dich daran, daß es deine Idee war, ›das einfach mal anzupacken‹.«
    Ich erinnerte mich dran. Ich sagte: »Hm.« Das muß komisch geklungen haben. Das Biest fing schon wieder an zu lachen.
     
     

3
    Das Telefon weckte mich.
    »Ich habe dich doch nicht geweckt, oder?« fragte sie. »Nein. Ich bin immer noch bewußtlos, ist also kein Problem.«
    »Tut mir leid, daß ich dich gestern nacht ausgelacht habe.«
    »Wenn du gelacht hast, dann wohl deshalb, weil ich komisch war.«
    »Genau.«
    »Wenigstens ist es vorbei.«
    »Und du hast dein Geld…«
    »Das stimmt.«
    »Das ist gut, Al.«
    »Ach ja?«
    »Baby, selbst wenn es so nicht besser läuft als vorher, hast du wenigstens mal deine Probleme gewechselt.«
    »Ich weiß. Ich weiß.«
    »Ich muß jetzt was kochen. Ich wollte nur kurz hallo sagen.«
    »Kochen? Du meinst, was zu essen?«
    »Du kannst nicht herkommen, Al.«
    »Ich kann nicht?«
    »Du bist um drei mit Frank verabredet.«
    »Ach Mist. War das dieses Jahr?«
    »Viel Glück.«
    Ein paar Minuten lang saß ich, den Kopf in beide Hände gestützt, einfach nur da. Frank.
    Ich entdeckte den Sunday Star hinter der Tür, die meine Räume mit dem Rest des Wohnbereichs über der Imbißstube verbindet. Mom mußte sie raufgebracht haben, bevor sie zu ihrer sonntäglichen Expedition aufbrach. Die Anwesenheit der Zeitung ließ sich als eine Geste der Unterstützung deuten.
    Bud's Dugout steht sonntags leer. Dann geht Mom überallhin, mit Vorliebe aber dorthin, wo es ein kleines Spektakel gibt. Es war Mai, daher war sie wahrscheinlich bei den Vorläufen für die 500 Meilen; in anderen Jahreszeiten konnten es auch
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