Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anonyme Untote - Eine Zombie-Liebesgeschichte

Anonyme Untote - Eine Zombie-Liebesgeschichte

Titel: Anonyme Untote - Eine Zombie-Liebesgeschichte
Autoren: S G Browne
Vom Netzwerk:
durchschnittliches Elternpaar einfach nicht vorbereitet ist.
    Schließlich gibt es für den Umgang mit spontaner Wiederauferstehung kein Handbuch. So lautet der Fachbegriff für Zombies, den die Experten in Talkshows und Nachrichtensendungen verwenden, als ob sie wüssten, wie es sich anfühlt, als wiederbelebte Leiche herumzulaufen. Sie haben keine Vorstellung von den emotionalen Auswirkungen einer beschleunigten Verdauung. Oder davon, wie schwer es ist, das Gewebe davor zu bewahren, sich zu verflüssigen.
    Mein Vater hielt sich für so was wie einen Experten. Und damit meine ich, dass er der Einzige war, der sich für einen Experten hielt. Auf jedem Gebiet.
    Klempnerarbeiten.
    Politik.
    Körperpflege.
    »Weißt du, Andrew, wenn du deine Mitesser loswerden willst, musst du sie mit Olivenöl und Essig beschmieren.«
    Er hat das wirklich geglaubt. Zum Glück hat er wenigstens das Kochen Mom überlassen. Sonst wäre ich das einzige Kind in meiner Schule gewesen, das Rucola-Salat mit Birnenscheiben, Asiago-Käse und Akne-Gel hätte essen müssen.
    Verstehen Sie mich nicht falsch. Mein Dad war kein Idiot. Er glaubte lediglich, stets Recht zu haben, selbst wenn er keine Ahnung hatte, wovon er überhaupt redete. Er hätte einen großartigen Politiker abgegeben.
    Jedenfalls muss ich mich bei meinem Vater für die Auswahl des Kühlschranks bedanken. Meine Mutter wollte ein doppeltüriges Modell von Whirlpool, doch mein Vater bestand
auf einem Gerät von Amana, in dem sich das Gefrierabteil unten befindet. Er meinte, das sei energiesparender, weil es die kalte Luft nach unten anstatt nach oben befördert. Und er hat behauptet, dass es eine bessere Aufteilung der Fächer besitzt.
    Während die Köpfe meiner Eltern und die meisten ihrer Gliedmaßen im Gefrierteil liegen, befinden sich ihre Körper, von der Hüfte bis zur Schulter, im Kühlschrank. Bei einem doppeltürigen Modell hätte ich ihre Torsi nie in die Fächer gekriegt. Danke, Dad.
    Auf dem CD-Spieler im Wohnzimmer läuft Dean Martins »Auld Lang Syne«.
    Während ich auf meine Eltern in der Kühlkombination starre, auf ihre zwischen die Mayonnaise und die Reste eines Thanksgiving-Truthahns gezwängten Oberkörper, ihre in Gefrierbeutel verpackten Köpfe, erfasst mich ein surreales Gefühl der Ungläubigkeit. Dem Gesichtsausdruck meines Vaters nach zu urteilen ist er genauso überrascht wie ich.
    Vielleicht wäre all das nicht geschehen, wenn mein Vater sich die Zeit genommen hätte, zu verstehen, was ich durchmache, anstatt mich wie einen Aussätzigen zu behandeln.
    Aber vielleicht rede ich mir das nur ein.
    Vielleicht war alles, was zwischen dem Unfall und jetzt passiert ist, einfach unvermeidlich.

KAPITEL 2
    Zwei Monate bevor ich im Kühlschrank auf meine Eltern stoße, hocke ich im Bürgerzentrum von Soquel in einem Halbkreis aus Stühlen einer zierlichen zweiundfünfzig Jahre alten Frau gegenüber, die wie meine Lehrerin aus der dritten Klasse aussieht. Nur dass meine Lehrerin nie auf der falschen Seite einer Pumpgun Kaliber 12 Mossberg gelandet ist.
    Auf der Tafel hinter ihr steht in Druckbuchstaben der Spruch: DU BIST NICHT ALLEIN.
    Groß- und Kleinschreibung hätte die Botschaft vielleicht etwas abgemildert, doch die zierliche Helen, Gesprächsleiterin der Gruppe und Opfer einer Schussverletzung, möchte einfach nur, dass es uns bessergeht.
    »Rita, willst du heute Abend anfangen?«, fragt Helen.
    Ritas Gesicht hängt wie ein fahler Mond über dem dunklen Wald ihres Pullovers. Sie trägt einen schwarzen Rolli und schwarze Hosen. Die einzige Farbe an ihr ist das kräftige Rot ihres Lippenstifts.
    Rita hat sich an ihrem zweiunddreißigsten Geburtstag die Pulsadern und dann die Kehle aufgeschlitzt. Das war vor weniger als einem Monat. Meistens trägt sie Handschuhe und Rollkragenpullover, um die Narben zu verbergen. Manchmal auch ein Kapuzenshirt. Oder einen Schal. Und an einem schlechten Tag alles gleichzeitig. Heute
Abend hat sie den Schal zu Hause gelassen, das heißt, sie ist zumindest einigermaßen gut drauf.
    Rita leckt sich über die Lippen - saugt daran, lutscht sich fast den ganzen Lippenstift ab. Sie kramt einen schwarzen Zylinder aus der Hosentasche, zieht die Farbe nach und presst schmatzend die Lippen aufeinander. Entweder ist das ein oraler Fetisch, oder sie braucht heute etwas Halt.
    »Die meiste Zeit fühle ich mich immer noch einsam«, sagt Rita. »Ab und zu schaffe ich es zwar fast, mir vorzustellen, das Ganze wäre nie passiert. Doch dann
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher