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Annas Erbe

Annas Erbe

Titel: Annas Erbe
Autoren: Horst Eckert
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K1-Leiter mag Sie auch, stimmt's?«
    Kalte, stahlblaue Blitze. Thann wusste nicht, was er sagen sollte.
    »Also gut. Drei Tage.«
    Thann atmete auf. Seine Hände waren längst wieder feucht geworden.
    »Aber passen Sie auf. Verrennen Sie sich nicht in vage Ideen. Bewahren Sie kühlen Verstand. Kein Wort zur Presse. Sie berichten mir täglich. In drei Tagen können Sie etwas vorweisen. Wenn nicht, dann treten Sie wieder ins zweite Glied zurück. Oder Sie nehmen Ihren Weihnachtsurlaub. Verstanden?«
    »Ja, Herr Bollmann.«
    »Was haben Sie als Nächstes vor?«
    »Schneider und Dalla überprüfen die Vermisstenliste. Ich spreche mit dem Gerichtsmediziner.«
    »Wer macht die Obduktion?«
    »Rosenbaum.«
    »Gut, der Alte hat Erfahrung. Und weiter?«
    »Ich brauche zwanzig Beamte, die die Routen der Müllabfuhr abklappern, Anwohner befragen und die Müllbehälter nach Spuren absuchen, besser dreißig.«
    Die blauen Blitze stachen hart. »Schwachsinn! Den Aufwand können wir uns nicht leisten. Das würde viel zu lange dauern. So viele Beamte haben wir gar nicht. Konzentrieren Sie sich lieber auf die Vermissten. Befragen Sie noch einmal den Pförtner und die anderen auf dem Gelände. Vielleicht geschah der Mord vor Ort. Überprüfen Sie die Umzäunung. Befragen Sie Nachbarn der Deponie und den Geschäftsführer der Betreiberfirma. Und noch einmal: Vorsicht im Umgang mit der Presse. Hätten Sie den Fundort ordnungsgemäß absperren lassen, wäre Ihnen nicht diese dämliche Panne mit dem Fotografen passiert. Bis auf Weiteres kann ich Ihnen neben Schneider und Dalla fünf weitere Beamte geben. Das muss genügen.«
    Thann fühlte sich wie ein Schuljunge, als der Vorgesetzte ihm beim Abschied mit seiner schweren Pranke auf die Schulter klopfte. Die Panne mit dem Fotografen. Der Kripochef musste einen Geheimdienst haben.
    Thanns Magen schmerzte schon wieder.
     
     
    3.
     
    Im fensterlosen Obduktionssaal des rechtsmedizinischen Instituts war fast alles weiß. Bodenfliesen, Wände, Einrichtungsgegenstände, der Kittel des Gerichtsmediziners und auch dessen Haare. Die sterblichen Überreste des jüngsten Falls hoben sich blutigrot ab. Sie benötigten gleich zwei der blank geputzten Stahltische. Sechs grob vom Deponieschmutz gereinigte Leichenteile, die nur entfernt an einen gesunden menschlichen Körper erinnerten, den das Opfer zu Lebzeiten besessen haben mochte.
    Der Mediziner, rundlich, klein und dem Pensionsalter nahe, musterte Thann über seine runden Brillengläser hinweg. »Sie führen die Ermittlung?«
    »Ja, wieso?«
    »Viel Erfolg. Ein so bestialischer Fall ist mir noch nie begegnet.«
    Stumm drehte der Arzt eine Runde um beide Tische, dann baute er sich neben dem einen auf, Thann den Rücken zuwendend.
    Medizinerfloskeln zur Einleitung: »Natürlich stehe ich erst am Anfang der Untersuchung. Der Abschlussbericht wird Ihnen nicht vor morgen Mittag vorliegen.«
    Thann versuchte, seine Ungeduld zu zügeln. In diesem Fall war er völlig auf die Hilfe des Mediziners angewiesen. Alles, was er hatte, war diese Leiche.
    »Was ich Ihnen jetzt schon sagen kann, ist nicht viel.« Rosenbaum drehte sich um. Er verschränkte die Hände hinter seinem Kreuz, der Bauch spannte den weißen Kittel noch mehr als zuvor.
    Ein Gockel, der sich aufplustert, dachte Thann.
    »Kopf, Gliedmaßen und Rumpf gehören zu derselben Person. Das Opfer ist männlich, von schlankem Körperbau, etwa 1,75 groß, blond, bartlos und rund 50 Jahre alt, plus/minus fünf. Wir können dreierlei Verletzungen unterscheiden. Die, die dem Opfer vor dem Tod zugefügt wurden, die, welche zum Tode führten, und die, die dem Opfer nach dem Exitus zugefügt wurden.« Vorlesungston.
    Rosenbaum wippte auf und ab. »Todesursache scheint eine Schädel-Hirnverletzung zu sein, bewirkt durch einen Schlag mit einem stumpfen Gegenstand auf die linke Kopfseite. An dieser Stelle finden sich keine Hämatome im Wundbereich. Um ein abschließendes Urteil abzugeben, bedarf es noch weiterer Untersuchungen. Inwieweit Drogen oder Gifte eine Rolle spielen, konnte ich bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht überprüfen.«
    Der Gerichtsmediziner setzte seine Wanderung um die Tische fort. Weit ausholende Gesten unterstützten seinen Vortrag. Thann lief hinterher, machte Notizen in seinen Ringblock.
    »Der Tod ist zwischen Mitternacht und drei Uhr morgens eingetreten. An den Gliedmaßen beginnt sich jetzt allmählich die Totenstarre auszubilden. Post mortem wurde das Opfer zerstückelt. Nach
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