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Ann Pearlman

Ann Pearlman

Titel: Ann Pearlman
Autoren: Apfelblüten im August
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hingelegt hat.
    »Mommmmyyyyy«, schreit Rachel. »Alles aufgegessen!«
    »Heute Abend.« Ich zwinkere ihm zu und laufe dann schnell die Treppe hinunter. In der Küche finde ich Rachels Schüssel umgekippt auf dem Tablett, die Milch tropft auf den Boden.
    »Hilfst du mir bitte, das aufzuwischen?« Ich hebe Rachel aus dem Hochstuhl und gebe ihr ein Küchentuch. Sie drückt Milch und Granolakrümel auf den Fußboden und versucht in der Sauerei zu malen. Schnell putze ich alles weg und gebe ihr das Reinigungsspray, mit dem sie fröhlich herumspritzt. Für sie ist alles ein Spaß.
    Kurz darauf erscheint Troy. »Es gibt noch Granola«, unterbreite ich ihm ein freundliches Angebot.
    »Keine Zeit.« Er gießt Kaffee und Milch in einen Thermosbecher und streicht Erdnussbutter und Gelee auf eine Scheibe Brot. »Ich muss mich in den Verkehr stürzen«, sagt er, schaut auf die Uhr, packt seinen Laptop und küsst Rachel und mich. An der Tür dreht er sich noch einmal um und sagt: »Heute Abend.« Und an Rachel gewandt, setzt er hinzu: »Bis bald, meine beiden Hübschen.«
    Dann fällt die Tür hinter ihm ins Schloss.
    Die Sonne scheint durchs Fenster, fällt auf Rachels Haare und verwandelt sie in funkelndes Gold.
    Ich hebe sie hoch und schwinge sie herum. »Der Fußboden ist sauber, der Tag ist wunderschön und wie für uns gemacht.«
    Die Tage sind nicht so schwer zu überstehen, nur die Nächte und frühen Morgenstunden sind schwierig. Vielleicht habe ich ja auch die Kurve gekriegt. Vielleicht habe ich etwas begriffen, obwohl ich nicht genau weiß, was das sein könnte. Die Antworten, die ich jeden Morgen um 3 Uhr 42 suche, flackern in meinem Kopf, als würde ich sie wissen, aber ich erkenne sie nicht.
    »Hey, möchtest du aufs Töpfchen?« Ich trage Rachel zu ihrem Töpfchen und sehe zu, wie sie die Hose herunterzieht und Platz nimmt.
    Dann gebe ich ihr ein Buch und drehe den Wasserhahn auf. Ich weiß eigentlich nicht, warum, aber das hat Mom auch immer gemacht, und es hat mir irgendwie geholfen.
    Und schon reißt Rachel die Augen weit auf. »Ich hab’s gemacht! Ich hab Pipi ins Töpfchen gemacht!«
    Sie lacht, und ihre kleinen weißen Zähnchen leuchten wie Perlen.
    Dann steht sie auf und deutet stolz auf ihr Werk, während die Hose über ihre Knöchel rutscht. »Ich hab’s gemacht.«
    »Tatsächlich«, staune ich und will das Töpfchen zur Toilette tragen, um es auszuleeren.
    »Wirfst du es weg? Wirfst du mein Pipi einfach weg?« Rachel macht große Augen und reißt vor Empörung den Mund auf. Wie kann ich ihre große Errungenschaft wegwerfen, über die wir uns doch noch vor einem Augenblick so gefreut haben?
    »Du hast recht – wir heben es auf und zeigen es Daddy. Später kannst du es dann in der Toilette ausschütten. Wie wäre das?«
    Sofort ist ihr Lächeln wieder da.
    Später am Nachmittag, bevor Troy nach Hause kommt, bevor wir Gelegenheit haben, zu Abend zu essen und bei einem Glas Wein über unseren Tag zu plaudern oder auf dem Balkon zu sitzen und den Wellen zuzuschauen, die ans Ufer schlagen, bevor wir den Flirt fortführen können, den wir heute Morgen begonnen haben, klingelt das Telefon. Es ist Stuart, mein Mentor und einer der Partner in meiner Kanzlei.
    »Hey, ich hab noch mal die Rechtslage für den Hanson-Fall geprüft und einige Urteile gefunden, die unsere Argumentation untermauern«, überfalle ich ihn, ehe er auch nur Hallo sagen kann.
    »Sky.« Schon in diesem einen Wort höre ich den Unterton unerfreulicher Nachrichten. Meine Gedanken rotieren. Was kann es sein? Werden wir wegen Amtsmissbrauch verklagt? Bei einem der Fälle, die ich bearbeitet habe? Ist noch ein Kollege gestorben?
    »Sky, ich habe, äh, ich habe schlechte Neuigkeiten.«
    »Was?« Das Telefon ans Ohr gepresst, fange ich an, auf und ab zu wandern. Im Fernsehen läuft die Sesamstraße, Rachel sitzt auf dem Fußboden und belehrt eine Reihe Stofftiere.
    »Wie Sie ja wissen, mussten wir unsere verrechenbaren Stunden kürzen, und ich fürchte, wir konnten Sie nur deshalb Teilzeit arbeiten lassen, weil wir nicht so viel zu tun hatten, aber, na ja, jetzt haben wir nicht einmal mehr das. Deshalb müssen wir Sie leider gehen lassen.« Er hält inne.
    Ich weiß, dass sie – die Partner – diese Stunden auf ihre eigene Kappe nehmen, obwohl mein Honorar geringer ist als ihres.
    »Ich versichere Ihnen …«
    Ich hasse seine Förmlichkeit, ich finde es egoistisch von ihm, diese Distanz zwischen uns zu schaffen, nur damit es für ihn
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