Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ann Pearlman

Ann Pearlman

Titel: Ann Pearlman
Autoren: Apfelblüten im August
Vom Netzwerk:
leichter ist, mich zu feuern.
    »Sobald die Lage sich ändert, nehmen wir selbstverständlich Kontakt mit Ihnen auf, und wenn Sie dann noch verfügbar sind, können Sie Ihre Stelle umgehend wiederhaben. Natürlich kann ich Ihnen auch gern helfen, bei einer anderen Firma unterzukommen, obwohl es mir eigentlich nicht gefällt, wenn Sie zur Konkurrenz gehen.« Er ringt sich ein Kichern ab. »Wir werden Sie vermissen.« Dann wird seine Stimme wieder etwas herzlicher, und er fügt hinzu: »Ich werde Sie vermissen.«
    Seine Worte hallen in meinem Kopf wider, sobald ich sie höre, spiele ich sie mir in Gedanken noch einmal vor. Wir müssen Sie gehen lassen. Ich versichere Ihnen. Bei einer anderen Firma unterkommen . Ich versuche die Worte einzuordnen. »Ich habe die Arbeit sehr gern gemacht. Und ich habe sehr gern mit Ihnen gearbeitet.« Das hätte ich nicht sagen sollen.
    Er seufzt. »Das ist schwer für mich. Für uns alle.«
    Eine Minute herrscht Schweigen in der Telefonleitung, und ich wäge meine Möglichkeiten ab. Vielleicht könnte ich selbst eine Kanzlei aufmachen. Wenn Mia noch da wäre, würde ich das sofort versuchen. Vielleicht könnten Troy und ich uns zusammentun. Aber wir brauchen ein regelmäßiges Einkommen und die mit seinem Job verbundenen Sozialleistungen.
    »Was glauben Sie, wann Sie Ihren Schreibtisch räumen könnten? Wir würden auch gerne alle mit Ihnen essen gehen.«
    Ich weiß nicht, ob ich das nett fände oder es nur Salz auf meine Wunden streuen würde. »Ich weiß nicht. Ich rufe Sie zurück.« Vielleicht hole ich meine Sachen heute Abend, wenn alle schlafen. Ich weiß, dass sie die Passwörter in meinem Computer schon geändert und dafür gesorgt haben, dass ich nicht mehr an die Klientenliste rankomme.
    Wenn ich Stuart nicht vertrauen kann, wem dann?
    »Hmm. Sagen Sie Bescheid. Und ich helfe Ihnen, wo ich nur kann, Sky. Wir haben Ihre Arbeit sehr geschätzt.«
    Aber anscheinend nicht genug, um mich zu behalten. Selbst wenn man gute Arbeit macht, auch wenn man am Wochenende und abends schuftet, um Termine einzuhalten, ist man trotzdem ersetzbar. Da helfen auch die hervorragenden Beurteilungen nicht, die Stuart mir immer – obendrein noch mit der höchsten möglichen Gehaltsaufbesserung verbunden – für meine Arbeit gegeben hat. Vermutlich war ich letzten Endes einfach nicht so wichtig.
    Was nun? Noch etwas in meinem Leben ist einfach so zu Ende gegangen, aus heiterem Himmel.
    Ich wandele einen Abgrund entlang, der jeden Tag mit einer Tragödie droht.

1
    Auf der Schwelle
    Tara
    I ch beobachte Aaron am Herd. Er trägt kein Hemd, und seine Brustmuskeln und der Waschbrettbauch treten in der Be wegung deutlich hervor, während er sich dreht und wendet, nach dem Estragon und dem Knoblauchpulver greift, die Gewürze über die Eier streut und dann den Pfannenwender in die Hand nimmt. Er hebt die Eier an und kippt die Pfanne, so dass der noch flüssige Teil runterfließt. Ganz behutsam ist diese Bewegung, und sie erinnert mich daran, wie er den Rand an meinem BH und meinem Slip küsst. Er wird nie übergriffig, er respektiert mein Schamgefühl.
    Obwohl ich mich bei ihm überhaupt nie schäme. Er kann mit mir machen, was er will. Ich gehöre ihm. Jedes Gramm, jeder Hautfetzen, jeder Atemzug. Sogar meine Musik habe ich ihm geschenkt. Aber das macht mir Angst, und dann verstecke ich mich vor ihm und manchmal sogar vor mir selbst.
    Ich wollte, das alles wäre einfach für mich, einfach und unkompliziert. Ich wollte, ich könnte mich ihm mit absolutem Vertrauen und totaler Sicherheit hingeben und mich von der Liebe einhüllen lassen, die er mir entgegenbringt. Aber wenn ich spüre, wie sich meine Liebe zu ihm aufbauscht, dann kriege ich unweigerlich Angst. Woher soll ich wissen, dass er mir treu bleibt, wenn die Versuchung zuschlägt?
    Gerade hat Aaron den gleichen Gesichtsausdruck, wie wenn er einen Songtext schreibt. Er rappt unter dem Namen Special Intent. Wenn er Special Intent ist, wenn er schreibt, rappt, auf der Bühne steht, dann ist er ganz konzentriert, nein, dann ist er Konzentration pur. Als würde außer diesem Wort, dieser Zeile, diesem Moment nichts auf der Welt existieren.
    Wie er da steht und einfach nur er selbst ist – das raubt mir den Atem. Und es ist ihm nicht mal bewusst, dass ich hier bin. Wie kann ich ihm vertrauen, wenn wir doch beide getrennt in unserer eigenen Haut stecken und keine Ahnung haben, was im Kopf des anderen vor sich geht? Was, wenn ich mich ihm ganz und gar
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher