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Ann Pearlman

Ann Pearlman

Titel: Ann Pearlman
Autoren: Apfelblüten im August
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hingebe und er mich verlässt? Ich muss einen Teil von mir vor ihm verstecken. Nur so fühle ich mich sicher. Er will mich, weil er mich nicht hundertprozentig haben kann. Ich lasse ihn immer ein bisschen im Ungewissen über mich, damit ich nicht verletzt werde. Ich brauche einen emotionalen Sicherheitsabstand, und das weiß er auch.
    Levy sitzt auf meiner Hüfte, schmiegt sich an meine Schulter, warm und nah. Dann streckt er den Arm aus. »Daaaaddddy.«
    Aaron legt den Pfannenwender weg, schließt uns in die Arme und küsst uns beide auf die Stirn. »Das Frühstück ist gleich fertig«, sagt er, nimmt mir Levy ab und setzt ihn in seinen Hochstuhl. »Bitte sehr, kleiner Mann«, sagt er und macht sich dann daran, Parmesan auf das Omelett zu streuen, während ich Orangensaft in Levys Nuckelbecher fülle.
    Ah, diese wohlige Häuslichkeit. Solche Momente sind wie der Raum zwischen zwei Noten, wenn der eine Ton noch in der Luft schwebt, bevor der nächste Klang sich entwickelt. Und Aaron weiß nicht, was in meinem Kopf vorgeht.
    Und dann lacht Levy über die komischen Grimassen seines Vaters, ein Lachen wie das Plätschern eines Bachs.
    »Wir müssen heute fertig packen«, sagt Aaron und setzt sich. »Möglichst bald. Um fünf ist Probe. Und dann schnappen wir uns die Instrumente und sind wieder mal unterwegs.«
    »Ich weiß nicht, ob du mich daran erinnerst oder eher dich selbst«, sage ich.
    Er lacht.
    »Kann mein Laster auch mit?«, fragt Levy.
    »Na klar«, antwortet Aaron. »Aber wirklich nur einer.«
    »Wir packen deine Spielsachen ein, Bücher, deine Schmusedecke … keine Sorge.«
    »Hiawatha.« Levy setzt den Becher ab und zitiert: » An den Ufern Gitche Gumees, an dem blanken Groß-See-Wasser . Das brauch ich unbedingt.«
    »Wir sollten ihn auf die Bühne stellen, und wir machen einen auf Begleitband«, witzelt Aaron.
    Das ganze letzte Jahr hab ich ihm jeden Abend Longfellows Epos vorgelesen. Jetzt rezitieren wir es gemeinsam und schauen uns dabei die Bilder an. »Sissy kommt so um vier, um Levy abzuholen«, sage ich. Sissy ist die beste Schwiegermutter der Welt. Weil sie nicht nur meine Schwiegermutter ist. Sondern auch meine Freundin.
    »Hat sie für das Konzert in L. A. schon gebucht?«
    »Jep. Alle werden da sein.« Es ist das erste Mal, dass meine Familie bei einem Auftritt von uns dabei ist. »Sky, Troy und Rachel, meine Mom und Sissy. Ach ja, Mom bringt auch ihre Freundin Allie mit.«
    Aaron verzieht das Gesicht.
    »Ja, Allie besucht eine Freundin, und dann gehen sie zusammen in ein Spa oder so. Ich bin froh, dass wir vor Vegas noch ein paar Tage in L. A. haben.« Ich habe die Daten und die Route unserer Tour genau im Kopf. Zwei Monate nach L. A. sind wir wieder daheim, rechtzeitig zu Moms Cookie-Party, zu Weihnachten und Levys dritten Geburtstag. Er ist am ersten Feiertag geboren, ein Geschenk für die Welt. Aber jedes Baby ist ja ein Geschenk.
    Ich schaue mich um in dem Apartment, in dem wir inzwischen seit dreieinhalb Jahren wohnen. Die Indianerdecke über dem Sofa, die Seidenblumen, die Mom mir nach meinem ersten Auftritt mit sechs Jahren geschenkt hat, der Kristall im Fenster, den ich bei den Wehen als Fokus benutzt habe. Seit Levys Geburt hatten wir immer so viel zu tun, dass ich nicht zum Umräumen gekommen bin.
    »Können wir zum Grand Canyon fahren? Da wollte ich schon immer mal hin, und das ist doch ganz in der Nähe von Vegas.«
    »Die Jungs wollen da auch hin. Unser Traum wird wahr, Babe«, sagt Aaron. »Wir stehen auf der Schwelle.« Er stellt Levys Plastikteller aufs Tablett und teilt das Omelett auf.
    »Du und Levy, ihr seid mein Traum, der in Erfüllung gegangen ist.« Sobald die Worte aus meinem Mund sind, möchte ich sie am liebsten wieder zurückholen.
    Aaron lacht die Bassversion von Levys Plätscherbach. »Und du bist mein Engel. Ohne dich bedeutet mir das alles nichts. Wir sind ein Team. Ein Team auf der Schwelle zu einem Traum.«
    Wir haben nicht oft schnulzige Gespräche, aber wenn wir uns trennen, sagen wir statt Auf Wiedersehen immer Ich liebe dich . Wahrscheinlich sind wir nicht die Einzigen, die das tun, aber für uns ist es immer eine Erinnerung an unsere besondere Verbindung.
    »Meinst du, die Tour wird uns verändern?« Eigentlich kenne ich seine Antwort, aber ich muss sie von ihm hören.
    »Ich möchte nicht, dass wir uns ändern. Aber stell dir vor, wir müssen uns keine Geldsorgen mehr machen. Wenn wir zurück sind, können wir ein Haus kaufen. Und wir haben mehr
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