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Anleitung zum Müßiggang

Anleitung zum Müßiggang

Titel: Anleitung zum Müßiggang
Autoren: Tom Hodgkinson
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für unsere eigenen Zwecke nutzen können. Indem die Zeit derart gebündelt wird, können wir 90 Tage damit zubringen, dazusitzen und nichts zu tun – außer zu essen, zu trinken und in der Toskana Italien zu entdecken.«
    Theodore Zeldin hat in An Intimate History of Humanity (1994) zur Wiedereinführung des Sabbatjahrs geraten:
    Das Wochenende ist nur eine Hälfte des Sabbats. Gott wies aber die Juden außerdem an, alle sieben Jahre einen Sabbaturlaub zu nehmen, währenddessen sie nicht weiter das Land bestellen, ihre Schulden bezahlen und ihre Sklaven freilassen sollten. Das Sabbatjahr könnte das Menschenrecht werden, das vom einundzwanzigsten Jahrhundert eingefordert wird … jetzt, da sich die Lebenserwartung verdoppelt hat, kann man das Leben nicht so betrachten, als böte es nur eine Chance, in einem Beruf … das Sabbatjahr könnte eine Zukunft bieten, indem es eine Gelegenheit schafft, die Richtung zu wechseln oder einfach das zu tun, wofür beschäftigte Menschen keine Zeit haben, nämlich nachzudenken oder einen langen Spaziergang zu machen.
    Das alte hebräische Sabbatjahr inspirierte den Journalisten der Arbeiterklasse im neunzehnten Jahrhundert, William Benbow, dazu, einen Grand National Holiday vorzuschlagen. Vier Wochen pro Jahr hintereinander, im Sommer – das war sein Vorschlag.
    Jedes siebente Jahr, Erlassjahr genannt, wurde bei den alten Hebräern ein ununterbrochenes Fest abgehalten. Man denke, ein Feiertag ein ganzes Jahr hindurch! Wie glücklich muss ein Volk sein, wie reich an Vorräten, um in der Lage zu sein, während des Zeitraums eines ganzen Jahres die Handarbeit ruhen zu lassen und Geist und Seele zu bilden! Wir Engländer müssen in einem schönen Zustand sein, wenn wir uns inmitten von Zivilisation und Überfluss nicht einen Monat Urlaub gönnen und während des kurzen Zeitraums von vier Wochen nicht die Arbeit ruhen lassen können!
    Benbow schrieb das im Jahr 1832, als die neu geschaffene Arbeiterklasse zehn oder zwölf Stunden pro Tag schuftete und nur einen Tag in der Woche freibekam, dazu eine Handvoll Feiertage wie Weihnachten und Ostern, und keine jährliche Pause. Es überrascht nicht, dass sein Grand National Holiday nie eingeführt wurde, da er zweifellos dem Proletariat die Augen geöffnet und zu noch mehr Aufständen und Krawallen geführt hätte, als es ohnehin schon gab.
    Der Grand National Holiday hätte auch zu der Übervölkerung der Ferienorte geführt, die wir heute sehen. Ein guter Tipp für diejenigen, die das müßige Leben suchen, ist, in eine ferienverdächtige Gegend umzuziehen und sich die Arbeit flexibel einzuteilen. Dann kann man die Gelegenheit beim Schopf ergreifen und an einem Mittwoch ans Meer fahren statt mit allen anderen am Wochenende. Gestern zum Beispiel schien gerade die Sonne, da sind wir zum nahen Watermouth Castle gefahren, einem exzentrischen Themenpark ohne Thema in North Devon: Ich muss nicht an einem Bankfeiertag dorthin fahren, wenn der Rest der Welt dort ist. Außerdem habe ich, seit ich in Devon lebe, nicht mehr das Verlangen nach Urlaub. Ich arbeite am Morgen und habe jeden Nachmittag frei. Kleine Reisen, ja; lange Wochenenden und Mini-Urlaube, um Freunde zu besuchen oder auf Hochzeiten zu gehen; aber die Vorstellung von vierzehn Tagen in der Sonne jedes Jahr reizt mich immer weniger. Die Kosten und die Mühe scheint die Sache einfach nicht wert zu sein.
    Eine andere, radikalere Lösung ist vielleicht die Idee, den Gedanken an Urlaub überhaupt aufzugeben und der einengenden Arbeit ins Leben hinein zu entfliehen. Wenn man ein müßiges Leben führt, hat man keine Plackerei zum Entfliehen. Wenn deine Arbeit dein Vergnügen ist, warum dann weggehen? Der Schauspieler Keith Allen machte mich in einem Interview im Idler als erster mit dieser Idee bekannt. Er sagte: »Urlaub bedeutet mir nichts, ich denke, ich bin ständig auf Urlaub.« Ähnlich der Komiker, Rundfunkmann und Schriftsteller Arthur Smith, der auf meine Frage: »Machen Sie Urlaub?« antwortete: »Mein Leben ist ein Urlaub.« Das scheint mir eine kluge Lösung. Selbst Billy Butlin hatte ähnliche Ratschläge: »Das Geheimnis des Erfolges im Leben ist, Spaß an der Arbeit zu haben … Haben Sie das Zutrauen, auf eigene Faust loszulegen und auf eigene Rechnung zu arbeiten, so bald Sie können.« Was ein bisschen wie Henry Millers »dem Chef das Hirn aus dem Schädel pusten« klingt.
    Die Ferien bestanden also ursprünglich aus kirchlichen Feiertagen, an denen die Bauern und der
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