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Anleitung zum Müßiggang

Anleitung zum Müßiggang

Titel: Anleitung zum Müßiggang
Autoren: Tom Hodgkinson
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Adel gleichermaßen für ein paar Tage die Sau rausließen. Es wurde nicht verreist, und die Leute schufen sich ihre eigenen Belustigungen. Es gab eine Menge dieser Feiertage. Dann wurde aus ihnen etwas, das gesund und gut und mit Aktivität ausgefüllt, aber nur wenigen vorbehalten war. Dann wurden sie zu etwas, das gesund und gut und vom Staat amtlich zugelassen und kontrolliert und den Massen zugänglich war. Sie wurden weltlich und verwandelten sich von den kirchlichen Heiligentagen, den »holy days«, in »holidays«. Und die Holidays wurden viel stressiger und weniger lustig als die Holy days. Nach diesen Worten würde es sich, denke ich, lohnen, eine Kampagne für mehr Bankfeiertage zu starten. Wir sollten herausfinden, wann alle diese alten Kirchenfeste stattfanden und Einfluss auf unsere Mächtigen nehmen, damit sie uns einen neuen freien Tag geben. Vielmehr, wir sollten das Einflussnehmen vergessen und uns einfach so einen Tag freinehmen – einen inoffiziellen Bankfeiertag, einen Müßiggängertag.
    Das Problem mit dem modernen Urlaub ist, dass er so verdammt harte Arbeit ist. Meine Freundin Victoria hat gesagt, statt Hunderte oder Tausende von Pfund für einen Urlaub zu verpulvern, würde sie lieber für zwei Wochen eine Köchin, eine Reinemachefrau und ein Kindermädchen engagieren, zu Hause bleiben und in totalem Luxus leben. Es ist kein Wunder, dass der wahre Müßiggänger vor der ganzen Idee Urlaub zurückschreckt, denn ist der Urlaub denn in Wahrheit etwas anderes als der Bruder der Arbeit?

7 UHR MORGENS
    Ein Wachtraum
    Vater, o Vater, was tun wir hier
    In diesem Land der Angst und Gier?
    Im Traumland wär ich allzu gern
    Über dem Licht vom Morgenstern.
    William Blake , »The Land of Dreams« (1801)
    Ganztagsträumer!
    David St Hubbins in This Is Spinal Tap, als er
gefragt wurde, was er wäre, wenn er kein Popstar wäre
    Wie leiden die im Grunde ihres Herzens Müßigen für ihre Träume! Wie grausam sind die Bürokraten, Lehrer und Wucherer, die uns sagen, unsere Visionen und Fantasien seien reine Zeitverschwendung. Sie sagen uns, wir hätten unsere Köpfe in den Wolken, sie sagen uns, wir sollten aufhören mit unseren Tagträumen, aufhören, aus dem Fenster zu starren. Wenn wir unseren Freunden unsere extravaganten Pläne verkünden, erteilen sie uns eine Abfuhr mit »Träume weiter« oder »Hast du wohl geträumt«. Träume und Müßiggang gehören zusammen und werden abgetan als die »Kinder eines müß’gen Hirns«, wie der vernünftige und nüchterne Mercutio zu dem schwärmerischen Romeo in Romeo and Juliet sagt, als bedeutungslos, belanglos, töricht und keiner weiteren Beachtung wert. Träumer sind »weggetreten«. Ihnen wird gesagt, sie sollten mal anfangen, in der »wirklichen Welt« zu leben.
    Wir könnten jedoch fragen: Was genau ist diese »wirkliche Welt«? Bedeutet »wirkliche Welt« den ganzen Tag zu schuften, um nutzlose Sachen zu produzieren, die andere Leute ärmer und weniger glücklich machen? Bedeutet »wirkliche Welt« Machenschaften im Büro, Versicherungspolicen, Pensionspläne, Leistungsziele, Powerpoint-Präsentationen, Schuldeneintreibung, Lastschriftverfahren und kollektives Arschlecken? Ist die »wirkliche Welt« freudlos, vernünftig, pünktlich? Wer sagt denn, dass all dies nicht in Wirklichkeit die falsche Welt ist, die Welt, die wir erschaffen, um uns von der wirklichen Welt abzulenken, die wir in unseren Köpfen bewohnen? Beide Welten sind letztlich die Produkte von Fantasie und Sprache. Ich sehe nicht ein, warum die eine besser als die andere sein sollte.
    Der wahre Trick, ja die Pflicht jedes ernsthaften Müßiggängers ist, diese beiden Welten zusammenzufügen, Traumwelt und Tagwelt miteinander in Einklang zu bringen. Es wäre Schwachsinn, so zu tun, als gäbe es auf dieser Welt nicht das Finanzamt, Stromrechnungen, Tankstellen, Hypotheken und Windeln. Sie gibt es. Ich versuche oft, ihnen aus dem Weg zu gehen, aber sie kriegen dich am Ende doch. Dieser Stapel Rechnungen und Pflichten und die Gerüche in der Wohnung erledigen sich offenbar nicht von selbst.
    Wir werden an die bekannte, von Boswell berichtete Geschichte erinnert, in der Dr. Johnson die raue Wirklichkeit der Materie beweist:
    Wir standen eine Weile beieinander und sprachen von Bischof Berkeleys geistreichem, allzu geistreichem Versuch, die Dingwelt als nicht-wirklich zu erweisen, als nur in unserer Vorstellung vorhanden. Ich bemerkte, man sei zwar überzeugt, etwas an seiner Lehre stimme nicht,
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