Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anita Blake 12 - Nacht der Schatten

Anita Blake 12 - Nacht der Schatten

Titel: Anita Blake 12 - Nacht der Schatten
Autoren: Laurell K. Hamilton
Vom Netzwerk:
Alles andere erörtern wir später.«
     
    »Ich sage, wir stellen es zur Abstimmung, ob das Rudel zur Diktatur zurückwill«, sagte Jacob.
     
    »Wenn du dir die Nase nicht bald richten lässt, wird sieschief zusammenwachsen«, gab ich zu bedenken. Er blickte mich wütend an. »Du hältst dich raus.« Richard rief einen Mann mit kurzen braunen Haaren und gepflegtem Schnurrbart heran. Der setzte seinen Rucksack ab und packte Verbandzeug aus. »Richte ihm die Nase«, sagte Richard und wandte sich dann Sylvie zu. »Sobald Jacob verbunden ist, nimm dir ein paar Leute und bring ihn zur Oubliette.«
     
    Im Rudel erhob sich Gemurmel. Eine klare Stimme, die ich noch nicht kannte, sagte: »Das kannst du nicht machen.« Richard blickte auf, um suchend über die Köpfe zu schauen, und alle wurden still. Seine Kräfte waberten aus ihm hervor wie unsichtbarer, heißer Nebel, wie etwas, das an der Haut klebt und das Atmen erschwert. Jeder mied seinen Blick, manche nahmen eine unterwürfige Haltung ein, drückten den Oberkörper an den Boden, verdrehten die Augen nach ihm und hielten Arme und Beine dicht am Körper, um klein und defensiv zu erscheinen, um stumm zu bitten, ihnen nichts zu tun.
     
    »Ich bin Ulfric. Wenn einer unter euch ist, der etwas dage- gen hat, steht es ihm frei, seinen Ranghöheren und wiederum den nächst Höheren herauszufordern, bis er Freki ist. Dann kann er sich zum Fenrir erklären und mich herausfordern. Wenn er mich tötet, darf er Ulfric sein und seine eigene Politik machen. Bis dahin hält er verdammt noch mal die Schnauze und gehorcht meinen Befehlen.«
     
    Ich glaube nicht, dass ich Richard vorher Jemals hatte fluchen hören. Die Stille war zum Schneiden. Es war Jacob, der sie zerschnitt. Wie ich gedacht hatte. Ungeduldig schob er den Arzt beiseite, der ihm gerade einen Mullverband anlegen wollte. »Anita kreuzt auf, und plötzlich zeigst du Rückgrat. Tötet und foltert sie auch für dich wie Raina für Marcus ?«
     
    Richards Faust kam so schnell, dass sie kaum zu sehen war. Ein beinahe magischer Moment. Eben stand Jacob noch, dann lag er mit verdrehten Augen reglos auf dem Rücken.
     
    Richard wandte sich dem Rudel zu, das angetrocknete Blut zierte seinen nackten Oberkörper, seine Haare verwandelten sich im Fackelschein in gesponnene Bronze. Seine Augen waren wolfsgelb geworden.
     
    »Ich dachte, wir seien Menschen, keine Tiere. Ich dachte, wir könnten die alte Lebensweise ändern und etwas Besseres schaffen. Dieses Bessere haben wir alle heute Nacht gespürt, als Anita mit ihren Leoparden verschmolzen ist: Sicherheit und Güte. Ich habe versucht, maßvoll und freundlich zu sein, und seht, wohin uns das gebracht hat. Jacob sagt, Anita sei mein Rückgrat. Das ist sie nicht, aber sie tut etwas Richtiges, das ich habe vermissen lassen. Wenn ihr Freundlichkeit nicht annehmen wollt, müssen wir es anders machen.« Er sah mich mit diesen fremdartigen Augen an und sagte: »Gehen wir deinen Leoparden befreien. Wir müssen ihn aus der Oubliette holen, bevor Jacob zu sich kommt.«
     
    Damit schritt er durch die Bäume davon und überließ es uns, hinter ihm herzulaufen. Es stand außer Frage, wie es nun weiterging.
     
    Wir folgten ihm in den Wald. Wir folgten dem Ulfric, weil man seinem König folgt, wenn er den Namen zu Recht trägt. Zum allerersten Mal dachte ich, dass Richard vielleicht, nur vielleicht, doch noch ein wahrer Ulfric werden könnte.
     

26
     
    Über der Oubliette, auf einer kleinen Lichtung zwischen hohen, dünnen Baumstämmen, war ein runder Metalldeckel in den Boden eingelassen. Ringsherum wuchs Geißblatt, und die Blätter bildeten eine so dicke Schicht am Boden dass man meinte, hier käme nie jemand her. Ich hätte die Stelle nie gefunden, wenn ich nicht davon gewusst hätte.
     
    Oubliette ist Französisch und heißt so viel wie »kleiner Platz zum Vergessen«, wörtlich übersetzt »kleines Vergessen«. In eine Oubliette steckt man Leute, wenn man vorhat, sie nicht wieder raus zulassen; man gibt ihnen nichts zu essen nichts zu trinken, redet nicht mit ihnen, gar nichts, man sperrt sie ein und geht einfach weg. Früher war es ein Kerkerloch für die Lebenslänglichen. Es gibt eine Burg in Schottland wo man eine Oubliette gefunden hat. Die war buchstäblich zugemauert und vergessen worden. Entdeckt wurde sie bei Modernisierungsarbeiten. Am Boden lagen lauter Knochen und dazwischen eine Taschenuhr aus dem achtzehnten Jahrhundert. Sie hatte eine Öffnung, durch die der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher