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Animal Tropical

Animal Tropical

Titel: Animal Tropical
Autoren: Pedro Juan Gutiérrez
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an den Schläfen. Aber einen Schmerz, der den ganzen Tag nicht weggeht. Wenn er in den Kopf eindringt, bleibt er sogar noch viel länger. Manchmal spreche ich eine halbe Stunde lang.«
    »Sie ist stark, die Zigeunerin.«
    »Sie ist stark, aber ich kümmere mich nicht so um sie, wie ich sollte. Ich vergesse sie.«
    Ich zündete eine Zigarre an, schenkte Rum nach, legte eine ganz alte Platte von Nico Membiela auf, und wir lagen ruhig auf dem Bett. Ich rieche ihre Achseln. Dieser Geruch nach wildem afrikanischem Weib, das im Urwald schwitzt, ist eine Droge, die mich vibrieren lässt vor Emotion. Wenn es Afrika nicht gäbe und keine Negerinnen und Mulattinnen, was würde dann aus der Menschheit? Wir würden bestimmt aussterben, uns auflösen wie eine Fata Morgana in der Wüste.
    Ich atme tief ein, fülle mir die Lungen mit ihrem Schweißgeruch.
    »Ah, Gloria, wenn du weiß und blond wärst, würde ich dich keines Blickes würdigen.«
    »Weil du schwarze Frauen magst, du geiler Hund, aber ich bin eine süße Mulattin mit zimtfarbener Haut! Bring mir das nicht durcheinander!«
    »Du bist rassistischer als die Nazis.«
    »Ja, ich bin rassistisch, na und? Ich mag keine Neger. In meinem ganzen Leben hatte ich einen einzigen, und das dauerte vier Tage. Und auch nur wegen des Karnevals in Santiago und weil ich die ganze Zeit über betrunken war. Eine Woche lang Suff und Karneval und Vögelei.«
    »Und du bist Mulattin, wärest du Negerin …«
    »Wäre ich Negerin, hätte ich keinen einzigen gehabt.«
    »Warum?«
    »Weil sie Lügner sind, Faulpelze, Nichtsnutze, Schweine. Sie haben große Schwänze, die einem Scheidenentzündung machen. Und außerdem handeln sie immer den Preis runter und wollen nicht zahlen. Nein, nein, viel Schwanz, wenig Erlös. Sollen sie sich doch eine Negerin suchen, mir stehen sie bis hier!«
    »Gloria, das ist übelster Rassismus.«
    »Aber es ist die Wahrheit.«
    »Nein, es ist nicht die Wahrheit. Es gibt Weiße …«
    »Ach, lass die Theorie aus deinen blöden Büchern. Was weiß ich, vielleicht ein Neger mit Geld und von der Universität und trallali und trallala, aber die Neger hier aus dem Viertel guckt man besser gar nicht erst an. Sie sind unverschämt, geil und Wichser.«
    »Verdammt, du bist ein echter Nazi!«
    »Und das fällt dir erst jetzt auf? Hahaha. Weißt du, was ich mit dem Neger in Santiago gemacht habe?«
    »Nein.«
    »Ich habe ihm ein paar gescheuert und ihm gesagt: ›Zieh ihn raus, sofort, und runter von mir! Geh und wasch dir die Achseln, du stinkender Neger!‹ Und dann kam er wie ein Hündchen gelaufen. Sogar Deodorant hatte er sich aufgesprüht. Und ich von oben herab: ›Nichts da, keine Möse mehr für dich. Besorg dir erst mal Geld. Bring mir Geld und Rum und Gras. Bring mir von allem, oder ich zeig’s dir. Ich ziehe mich an, gehe, und du siehst mich im Leben nie wieder.‹ Hahaha. Tränen liefen ihm übers Gesicht. Das ist es, was ich mag: sie demütigen. Sie wie Sklaven behandeln.«
    »Warum bist du bloß so eine Hurentochter?«
    »Wir sind alle Hurensöhne und -töchter, und alle haben wir gerne jemanden unter uns, um ihn zu treten und platt zu machen. Und spiel du hier nicht das Unschuldslamm. Du bist noch schlimmer als ich. Falls du eines Tages Präsident des Landes werden solltest, wirst du alle Welt in Ketten legen und ihnen Maulkörbe umbinden, damit sie nicht protestieren.«
    »Du bist eine Faschistin, Gloria. Dein kleines Hirn ist anormal. Das kann ich in Mucho corazón nicht schreiben.«
    »Willst du denn in deinem Roman alles schreiben, was ich dir sage?«
    »Alles.«
    »Du wirst ihnen auf die Nerven gehen. Die Leute wollen die Wahrheit nicht erfahren.«
    »Ich weiß. Die Leute mögen lieber Baseball.«
    »Sei intelligent. Mach dich nicht unbeliebt, weil man dir sonst das Leben zur Hölle macht und du Kuba verlassen musst. Hahaha, und ausgerechnet du, wo du sowieso schon so viel Scheiße frisst.«
    »Scheiße fressen, ich?«
    »Ja, du. In zwanzig Ländern hättest du bleiben können und wie ein Mensch leben. Aber nein, stur und unvernünftig, wie du bist, kehrst du immer wieder in die Scheiße zurück.«
    »Ich will nicht woanders leben.«
    »Ach, wird unser Junge jetzt sentimental?«
    »Das ist keine Sentimentalität, sondern eine Entscheidung.«
    »Es ist eine Dummheit. Woanders kannst du besser leben als hier. Warum bist du nicht in Schweden geblieben?«
    »Ich lebe hier gut.«
    »Gut? Vom Verkauf eines Bildchens alle sechs Monate, während ich mit den
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