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Angst in der 9a

Titel: Angst in der 9a
Autoren: Stefan Wolf
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meinte Klößchen nach einem Blick auf die Uhr. »Sollen wir noch warten, oder...«
    Sie wurden der Entscheidung enthoben, denn die Eingangstür öffnete sich.
    Freundlich lächelnd stand Frau Müller-Borrello auf der Schwelle. Aber sie hatte nur Klößchen erwartet.
    Als sie Tarzan sah und erkannte, schien für einen Moment Verlegenheit über ihr Gesicht zu huschen.
    Beide grüßten und Tarzan sagte: »Ich bin mitgekommen, Frau Müller-Borrello, weil wir – das sind außer Willi und mir noch zwei Klassenkameraden – ein Anliegen haben. Es ist etwas heikel. Aber wir haben Vertrauen zu Ihnen und hoffen, dass Sie uns helfen.«
    »Das hört sich ja schlimm an«, sagte sie. »Aber kommt erst mal rein.«
    In der Diele war es angenehm kühl. Die Tür zur Küche stand offen. Eine etwa 60-jährige Dame klapperte mit Geschirr.
    Freundlich erwiderte sie den Gruß der beiden. Dass die Mübo ihre Tochter war, sah man sofort. Die Ähnlichkeit verblüffte, obwohl zwischen beiden etwa 30 Jahre lagen.
    Trotz der Freundlichkeit fiel Tarzan auf, dass die Augen der alten Dame vom Weinen gerötet waren.
     
    Sie teilt den Kummer ihrer Tochter, dachte er. Himmel, die 9a ist wirklich ein Sauhaufen. Wenn die wüssten, was sie mit ihrem Terror anrichten, welche Angst sie verbreiten! Aber wenn die beiden solchen Kummer haben – können wir da die Mübo überhaupt mit unserer Sache behelligen? Doch!, entschied er. Ist eigentlich nicht zu viel verlangt. EineUngerechtigkeit aus der Welt zu schaffen, dafür sollte sich jeder die Zeit nehmen. Und wir tun’s ja für Gaby.
    Die Mübo ging voran und führte die beiden nicht in ihr Arbeitszimmer, sondern in den Wohnraum.
    Er war geschmackvoll eingerichtet. Aber das bemerkte Tarzan nur nebenbei. Verblüfft betrachtete er das große Blumenfenster.
    Es lag rückseitig, zum Garten hin – und war völlig zerbrochen. Reste der Scheibe steckten noch im Rahmen. Splitter bedeckten die zahlreichen Topfpflanzen, die auf dem breiten Fensterbord standen.
    Die Holzjalousie war heruntergelassen, so dass dieserTeil des Zimmers im Schatten lag. Aber er erhielt genug Licht durch zwei andere Fenster.
    »In meinem Arbeitszimmer«, sagte die Mübo, »sieht es noch schlimmer aus. Da sind einige Steine mehr durchs Fenster geflogen und haben vieles zertrümmert.«
    Klößchen sperrte Mund und Nase auf.
    Auch Tarzan sah die Lehrerin fassungslos an.
    »Setzt euch!«, sagte sie und bemühte sich, das Schluchzen in ihrer Kehle nicht hochkommen zu lassen.
    »Aber wer... wer tut denn so was?« Tarzan schüttelte den Kopf. »Und weshalb?«
    Die Jungen hatten auf der Couch Platz genommen. Die Mübo setzte sich in einen Sessel und schlug die Beine übereinander.
    »Eine Antwort, Tarzan, weiß ich weder auf das eine noch auf das andere. Es ist heute Vormittag passiert, als meine Mutter mit Marco zum Einkaufen in der Stadt war. Erklären kann ich’s mir nicht. Jedenfalls scheint es Leute zu geben, die was gegen mich haben. Nur weiß ich beim besten Willen nicht, warum. Ich habe niemandem was getan. Aber ich bin einem Terror ausgesetzt, den ich nicht mehr lange ertrage.«
    »Terror?«, fragte Tarzan. »Wie meinen Sie das?« »Es ist nicht der erste Vorfall dieser Art.«
    »Nein?«
    »Am Sonntag wurde das Küchenfenster eingeworfen, als wir nicht da waren. Am Montag hat jemand von meinem Auto die Antenne abgebrochen. Ich muss es leider vor dem Haus parken, weil ich keine Garage habe. Und zweimal schon wurde ich abends anonym angerufen und auf unflätige Weise beschimpft. Es war jedes Mal derselbe Mann. Aber ich erkenne seine Stimme nicht.«
    »Das ist allerdings Terror schlimmster Art. Haben Sie’s der Polizei gemeldet?«
    Jetzt verstand er, warum sie heute Morgen im »Pauker-Grün« so verzweifelt gewesen war. Sicherlich hatte sie gerade von ihrer Mutter die telefonische Nachricht vom neuesten Vorfall erhalten.
    »Natürlich«, sagte sie mit milder Stimme. »Aber die Polizei kann nicht viel ausrichten. Ich befürchte fast, so was wird als Bagatellfall behandelt, als Kleinigkeit. Jedenfalls stellt man mir deshalb keinen Streifenwagen vors Haus.«
    »Und wenn sich Ihr Mann auf die Lauer legt?«
    »Mein Mann wohnt nicht mehr hier«, erwiderte sie rasch. »Ich lebe in Scheidung.«
    Auch das noch!, dachte Tarzan. Arme Frau! Sicherlich trifft sie keine Schuld daran, dass die Ehe scheitert. Dass sie ein Biest ist – nein, das kann ich mir einfach nicht vorstellen. Aber sie hat Pech. Um sie herum scheinen ja nur noch Scherben zu
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