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Angst in deinen Augen

Angst in deinen Augen

Titel: Angst in deinen Augen
Autoren: Tess Gerritsen
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nickte ernst. „Immer.“
    Sie schaute auf ihre Hände, die gefaltet in ihrem Schoß lagen. „Aber ganz bestimmt“, murmelte sie. „Männer und ihre Versprechungen.“
    „Wie bitte?“
    „Oh, nichts.“
    Er ging um das Auto herum, öffnete die Tür und rutschte hinters Steuer. Die Frau neben ihm sagte nichts; sie saß einfach nur in sich zusammengesunken da. Sie schien fast in diesem wogenden Meer aus weißem Satin zu ertrinken. Nicht nur die Wimperntusche, sondern auch ihr Lippenstift war verschmiert, und das lange schwarze Haar fiel ihr zerzaust über die Schultern. Nicht gerade eine glückstrahlende Braut, dachte er. Sie wirkte wie betäubt und sehr einsam.
    Wo, zum Teufel, war der Bräutigam?
    Er unterdrückte sein Mitgefühl, griff nach seinem Notizbuch und schlug eine leere Seite auf. „Können Sie mir bitte Ihren vollen Namen und Ihre Adresse nennen?“
    Die Antwort war nicht mehr als ein Flüstern. „Nina Margaret Cormier, 318 Ocean View Drive.“
    Er schrieb es auf. Dann schaute er sie an. Sie hielt den Blick immer noch gesenkt. „Schön, Miss Cormier“, sagte er. „Warum erzählen Sie mir nicht einfach, was passiert ist?“
    Sie wollte nach Hause. Sie saß nun schon seit anderthalb Stunden in diesem Streifenwagen und hatte mit drei verschiedenen Polizisten gesprochen, hatte alle ihre Fragen beantwortet. Ihre Hochzeit war ein Scherbenhaufen, sie war nur knapp mit dem Leben davongekommen, und diese Leute auf der Straße gafften sie an, als ob sie einem Monstrositätenkabinett entsprungen wäre.
    Und dieser Mann, dieser Polizist mit der Wärme eines Stockfischs, erwartete von ihr, das alles noch einmal durchzumachen?
    „Miss Cormier“, seufzte er. „Je schneller wir es hinter uns bringen, desto schneller können Sie nach Hause. Was genau ist also passiert?“
    „Sie ist hochgegangen“, sagte sie. „Kann ich jetzt gehen?“
    „Was meinen Sie mit hochgegangen?“
    „Da war ein lauter Knall. Riesige Rauchschwaden und zerborstene Fensterscheiben. Ich würde sagen, es war eine typische Gebäudeexplosion.“
    „Sie haben Rauch erwähnt. Welche Farbe hatte der Rauch?“
    „Was?“
    „War er schwarz? Weiß?“
    „Spielt das eine Rolle?“
    „Beantworten Sie bitte einfach nur die Frage.“
    Sie stieß einen verzweifelten Seufzer aus. „Er war weiß, glaube ich wenigstens.“
    „Glauben Sie?“
    „Also gut, ich bin sicher.“ Sie drehte sich zu ihm um. Zum ersten Mal schaute sie ihn richtig an. Wenn er gelächelt hätte, wenn da auch nur eine Spur von Wärme gewesen wäre, hätte es ein Vergnügen bedeutet, in dieses Gesicht zu schauen. Sie schätzte ihn auf Ende dreißig. Sein Haar, das wieder einmal einen Friseur brauchen konnte, war dunkelbraun, sein Gesicht schmal, die Zähne waren perfekt, und seine tief liegenden grünen Augen hatten den eindringlichen Blick eines Polizisten aus einem Romantikthriller. Nur dass dieser hier kein Polizist aus dem Kino war. Er war ein Polizist aus dem wahren Leben und kein bisschen charmant. Er musterte sie mit unbewegtem Gesichtsausdruck, als ob er versuche, ihre Glaubwürdigkeit als Zeugin einzuschätzen.
    Sie erwiderte seinen Blick und dachte: Hier bin ich, die verschmähte Braut. Er fragt sich wahrscheinlich, was mit mir nicht stimmt. Was für schreckliche Mängel ich habe, dass man mich einfach vor dem Traualtar stehen lässt.
    Sie vergrub ihre Fäuste in dem Berg aus weißem Satin, der sich auf ihrem Schoß türmte. „Ich bin mir sicher, dass der Rauch weiß war“, sagte sie fest. „Worin auch immer der Unterschied bestehen mag.“
    „Es gibt einen Unterschied. Weißer Rauch bedeutet eine relative Abwesenheit von Karbon.“
    „Aha. Ich verstehe.“ Was immer das ihm auch sagen mochte.
    „Haben Sie Flammen gesehen?“
    „Nein. Keine Flammen.“
    „Haben Sie etwas gerochen?“
    „Sie meinen Gas?“
    „Irgendetwas?“
    Sie überlegte. „Nicht, dass ich wüsste. Aber ich war ja auch außerhalb des Gebäudes.“
    „Wo genau?“
    „Reverend Sullivan und ich saßen im Auto. Auf dem Parkplatz hinter der Kirche. Deshalb hätte ich das Gas wahrscheinlich ohnehin nicht gerochen. Aber davon abgesehen ist Erdgas doch sowieso geruchlos, oder?“
    „Es kann schwierig sein, es zu identifizieren.“
    „Dann heißt es nichts. Dass ich es nicht gerochen habe.“
    „Haben Sie vor der Explosion irgendjemand in der Nähe der Kirche gesehen?“
    „Nein, nur Reverend Sullivan.“
    „Was ist mit Fremden? Irgendjemand, den Sie nicht kannten?“
    „Als es
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