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Angst in deinen Augen

Angst in deinen Augen

Titel: Angst in deinen Augen
Autoren: Tess Gerritsen
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Bombentruck zu benachrichtigen.“
    Plötzlich heulten Sirenen durch die Nacht. Vor der Hintertür fuhren zwei Streifenwagen vor.
    „Die Verstärkung ist da“, sagte Gillis. Er rannte zu den Türen hinüber und schwenkte die Arme durch die Luft. „Bleibt draußen!“ schrie er. „Wir haben hier eine Bombe! Räumt das Gelände! Sofort! Und benachrichtigt für alle Fälle einen Rettungswagen.“
    Ich werde keinen Rettungswagen mehr brauchen, dachte Nina verzweifelt.
    Sie versuchte ihr rasendes Herz zu beruhigen, versuchte zu verhindern, dass sie in die Hysterie hineinglitt, aber ihre nackte Angst machte ihr das Atmen schwer. Sie konnte nichts tun, um sich zu retten. Sie war an den Stuhl gefesselt, und wenn sie sich zu sehr bewegte, bestand die Gefahr, dass die Bombe hochging.
    Jetzt hing alles von Sam ab.

14. KAPITEL
    S am starrte mit zusammengepressten Kiefern auf das Kabelgewirr. Er würde eine Stunde brauchen, um jedes einzelne Kabel zu identifizieren. Aber sie hatten nur noch Minuten. Nina sah, dass sich auf seiner Stirn die ersten Schweißtropfen bildeten.
    Gillis kehrte zurück. „Spectre hat in der Halle mindestens fünfzehn Sprengladungen verteilt. Das Gehirn dazu hältst du in der Hand.“
    „Es ist zu einfach“, brummte Sam und schaute auf das Schaltsystem. „Er will, dass ich diesen Draht durchschneide.“
    „Könnte es nicht eine doppelte Finte sein? Er wusste, dass wir misstrauisch sein würden. Deshalb hat er es einfach gemacht … nur um uns eins auszuwischen.“
    Sam schluckte. „Das hier sieht aus wie der Schalter, mit dem man die Bombe scharf macht. Aber hier ist eine Lötstelle. Er könnte drin noch einen Schalter eingebaut haben. Wenn ich diese Kappe hier abziehe, könnte das Ding hochgehen.“
    Gillis schaute auf den Timer. „Noch fünf Minuten.“
    „Ich weiß, ich weiß.“ Sams Stimme war heiser vor Anspannung, aber seine Hände waren absolut ruhig, als er an dem Schaltsystem entlangfuhr. Ein falscher Griff, und sie würden alle drei in die Luft fliegen.
    Draußen hielten noch mehr Streifenwagen mit kreischenden Sirenen. Nina hörte Stimmengewirr.
    Aber hier drin war alles still.
    Sam atmete tief durch und schaute sie an. „Bist du okay?“
    Sie nickte steif. Und dann sah sie in seinem Gesicht das erste Anzeichen von Panik. Diesmal schafft er es nicht, und er weiß es.
    Das war genau das, was Spectre geplant hatte. Das hoffnungslose Dilemma. Die tödliche Alternative. Welche Kabel sollte er durchschneiden? Eins? Keins? Setzte er sein Leben aufs Spiel? Oder traf er die rationale Entscheidung, das Gebäude zu verlassen … und sie?
    Sie wusste, welche Entscheidung er treffen würde. Sie sah es in seinen Augen.
    Sie würden beide sterben.
    „Zweieinhalb Minuten“, sagte Gillis.
    „Los, zieh Leine“, befahl Sam.
    „Du brauchst noch zwei Hände.“
    „Und deine Kinder brauchen einen Vater. Hau endlich ab. Verschwinde.“
    Gillis rührte sich nicht.
    Sam griff wieder nach der Kneifzange und zog ein weißes Kabel heraus.
    „Du rätst nur, Sam. Du weißt es nicht.“
    „Instinkt, Kumpel. Ich hatte schon immer einen guten Instinkt. Trotzdem besser, du gehst. Wir haben noch zwei Minuten. Und du kannst mir nicht helfen.“
    Gillis, der am Boden gehockt hatte, erhob sich, aber er zögerte noch immer. „Sam …“
    „Beweg dich.“
    Gillis sagte leise: „Ich warte draußen mit einer Flasche Scotch auf dich, Kumpel.“
    „Tu das. Aber verschwinde jetzt endlich.“
    Ohne ein weiteres Wort verließ Gillis die Lagerhalle.
    Sam und Nina blieben allein zurück. Er muss nicht bleiben. Er muss nicht sterben.
    „Sam“, flüsterte sie.
    Er schien sie nicht zu hören, so sehr war er auf die Schalttafel konzentriert. Die Kneifzange verharrte zwischen der Wahl von Leben und Tod.
    „Geh, Sam“, flehte sie.
    „Es ist mein Job, Nina.“
    „Es ist nicht dein Job zu sterben!“
    „Wir werden nicht sterben.“
    „Du hast recht. Wir werden nicht sterben. Du wirst nicht sterben. Wenn du jetzt gehst …“
    „Ich gehe nicht. Hast du verstanden? Ich gehe nicht. “ Er hob den Blick und schaute sie an. Und sie sah in diesen ruhigen Augen, dass er seine endgültige Wahl getroffen hatte. Er hatte beschlossen, mit ihr zu leben – oder zu sterben. Das war nicht der Polizist, der sie da anschaute, das war der Mann, der sie liebte. Der Mann, den sie liebte.
    Sie spürte Tränen über ihr Gesicht rinnen. Da erst merkte sie, dass sie weinte.
    „Wir haben noch eine Minute“, sagte er. „Ich kann nur
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